Magnetische Materialien Höhere Arbeitsfrequenzen zur Informationsverarbeitung

Für Mobilanwendungen neuerer Art wird man höhere Frequenzen brauchen – und diese lassen sich durch die neue Kopplung von Ferromagneten und Antiferromagneten erreichen.

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29.08.2023

Neuartige magnetische Datenspeicher sind energieeffizient und robust. Verwendung finden hier Ferromagnete mit Arbeitsfrequenzen im Gigahertz-Bereich. Weiter steigern ließe sich diese mit Antiferromagneten, die sich aber nicht effizient anregen lassen. Forscher aus Kaiserslautern und Mainz haben gezeigt, dass magnetische Heterostrukturen – bestehend aus je einer dünnen Schicht Antiferromagnet und Ferromagnet – die Vorteile beider Materialklassen vereinen können: Sie haben eine hohe Arbeitsfrequenz mit effizienter Anregung gefunden.

Magnetische Materialien spielen für die Informationsverarbeitung und -übertragung in elektronischen Geräten eine zentrale Rolle. „Wir unterscheiden verschiedene Klassen von Magneten“, sagt Professor Dr. Mathias Weiler, der an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität (RPTU) in Kaiserslautern die Arbeitsgruppe Angewandte Spinphänomene des Fachbereichs Physik leitet. „Die Ferromagnete besitzen eine Netto-Magnetisierung und sind auch als Permanentmagnete bekannt, denen man von außen eine Magnetisierung ansieht. Sie sind gut anzuregen. Ihre Dynamik liegt im Gigahertz-Bereich.“

Antiferromagnete mit schnellerer Dynamik

Ganz anders verhält sich eine zweite Klasse von magnetischen Materialien: Die Antiferromagnete. „Von außen sieht man ihnen nicht an, dass sie eine Magnetisierung besitzen. Sie zeigen kein magnetisches Moment, mit dem man interagieren kann. Sie können damit nur schwer angeregt werden“, erläutert Doktorand Hassan Al-Hamdo, Erstautor der aktuellen Studie.

Sind sie einmal angeregt, weisen sie allerdings eine sehr viel schnellere Dynamik im Terahertz-Bereich auf. Diese Tatsache macht sie für verschiedene Anwendungsfelder interessant, etwa für Kommunikationstechniken und magnetische Speicher, da sich die Verarbeitungsgeschwindigkeit deutlich beschleunigen ließe. „Da sich Antiferromagnete aber nicht effizient anregen lassen, sind ihre Einsatzmöglichkeiten beschränkt“, fährt Weiler fort.

Das Team um die beiden Kaiserslauterer Physiker hat gemeinsam mit Forscherkollegen aus Mainz nun gezeigt, wie sich die schnellere Dynamik der Antiferromagnete trotzdem nutzen lässt. Für ihre Versuche haben sie in die Trickkiste gegriffen und auf ein hybrides Material gesetzt. „Es besteht aus zwei dünnen Schichten, einer ferromagnetischen und einer antiferromagnetischen“, erläutert Weiler. Die ferromagnetische Schicht besteht aus einer gängigen Nickel-Eisen-Verbindung, die etwa auch in Transformatoren vorkommt. Die antiferromagnetische Schicht besteht aus einer Mangan-Gold-Verbindung.

Magnetische Anregung von Ferromagneten auf Antiferromagneten übertragen

Die Besonderheit der Heterostruktur findet sich in der Anordnung der Spins direkt an der antiferromagnetisch-ferromagnetischen Grenzfläche. Al-Hamdo: „Der Spin beschreibt den Eigendrehimpuls eines Quantenteilchens und ist Grundlage aller magnetischen Phänomene. An der Grenzfläche finden wir eine wohldefinierte Ordnung der Spins. Dies führt zu einer ungewöhnlich starken Kopplung der antiferromagnetischen und ferromagnetischen Spins. Die Kopplung ist so hoch, dass sich die Spins des Antiferromagneten anhand der Magnetisierung im Ferromagneten ausrichten. Diese Eigenschaft ist einzigartig.“

Die Heterostruktur entwickelt haben die Kollegen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Mainzer Kollegen haben auch das theoretische Modell zur Erklärung der Versuchsergebnisse aus Kaiserslautern erarbeitet.

„Durch Nutzung der einzigartigen Eigenschaften unserer Heterostruktur ist es uns gelungen, eine magnetische Anregung vom Ferromagneten auf den Antiferromagneten zu übertragen. Dabei haben wir eine höhere Frequenz erhalten, als dies beim reinen Ferromagneten der Fall ist. Die Frequenz liegt zwischen der des Antiferro- und des Ferromagneten“, fasst Weiler zusammen.
Interessant sind diese Ergebnisse für künftige Anwendungen. „Für Mobilanwendungen neuerer Art wird man höhere Frequenzen brauchen“, nennt Weiler als Beispiel. „Mit dieser Kopplung kommen wir in diese Bereiche.“ Einsatzfelder sein könnten auch Speichertechniken wie Magnetic Random-Access Memory oder Mikrowellengeneration durch Spin-Torque-Oszillatoren, bei denen höhere Frequenzen die Leistung erhöhen würden.

Förderung

Ermöglicht wurden die Arbeiten durch den transregionalen Sonderforschungsbereich „SFB/TRR 173 Spin + X – Spin in its collective environment”, der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft seit 2016 gefördert wird und bei dem die Kaiserslauterer Forscherteams eng mit Physikerinnen und Physikern aus Mainz zusammenarbeiten. In Kaiserslautern wird diese Forschung zudem durch das vom Land geförderte Zentrum für Optik und Materialwissenschaften (OPTIMAS) unterstützt.

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