Temperaturen bis 120 °C, Wasserdampf, Säuren und Schmutzablagerungen setzen den Transpondern und Schreibleseköpfen beim Einsatz in einem Stabwalzwerk heftig zu. Unter diesen Bedingungen bewähren sich dauerhaft nur Ganzmetallsysteme aus Edelstahl. Für eine solche Ganzmetalllösung entschied sich auch das Familienunternehmen Friedrich Kocks, das Walzblöcke entwickelt. In der jüngsten Generation seiner Stabwalzblöcke setzt Kocks zur Erkennung von Walzgerüsten Niederfrequenz-RFID-Systeme von Contrinex ein.
Stabstähle sind das Vorprodukt für Achsen und Wellen, rotationssymmetrische Werkzeuge oder Präzisionsdrehteile. Die Herstellung erfolgt durch mehrstufiges Reduzieren eines zuvor erhitzten und entzunderten Knüppels in einer Formstahlstraße, bestehend aus Vor- und Zwischenstraße sowie der Fertigstraße, in diesem Fall ein Reduzier- und Sizingblock (RSB). Ein RSB von Kocks besteht aus drei bis zwölf Gerüstplätzen mit jeweils einem Walzen-Gerüst. Drei Walzen mit einem durch die Einsatzposition des Gerüsts im Walzblock vorgegebenen Profil bilden den Walzensatz eines jeden Gerüsts. Je nach zu walzendem Abmessungsbereich werden die Gerüste mit einem anderen Walzensatz ausgestattet. Für einen reibungslosen Prozessablauf muss jedes Gerüst mit dem richtigen Satz Walzen an dem vorgesehenen Platz im Walzblock stehen. Ist das nicht der Fall, kommt es zu Fehlwalzungen, im schlimmsten Fall bleibt der Stab in der Anlage stecken.
Prozesssicherheit durch RFID
Früher überprüfte der Walzer die korrekte Bestückung des Blocks. Heute übernimmt ein RFID-System diese Aufgabe. Prozesssicherheit und Automatisierungsgrad des Stabwalzwerks steigen damit. Kocks stattet jedes Gerüst und die Führung, die den Stab von Gerüst zu Gerüst führt, um ein Drehen beim Walzen zu verhindern, mit einem RFID-Transponder aus. Jeder Gerüstplatz verfügt über entsprechende Schreibleseköpfe. „Wir entschieden uns nach eingehenden Versuchen für das Ganzmetall-125kHz-System von Contrinex, da es unter den harten Umgebungsbedingungen nicht nur zuverlässig arbeitete, sondern ihnen auch dauerhaft standhielt“, erklärt Dr. Gork Ullrich, Senior Engineer Technology bei Kocks und zuständig für die Entwicklung des Gerüsterkennungssystems. Kocks integriert die Ganzmetall-Transponder bündig in die Walzgerüste. Die Geräte enthalten jeweils eine eindeutige ID, die einem Gerüst zugeordnet ist. Der Schreiblesekopf liest diese ID aus, um sie in eine Datenbank zu schreiben, in der die aktuellen Gerüstdaten zu jeder ID hinterlegt sind.
Eigenentwickelte Software
Um bei der Umstellung auf einen anderen Abmessungsbereich möglichst wenig Zeit zu verlieren, werden die auszutauschenden Gerüste vorab auf die Aufgabe vorbereitet. Werden beim anschließenden Gerüstwechsel Fehlbestückungen erkannt, erhält der Walzer über die zugehörige Benutzeroberfläche eine entsprechende Meldung und kann notwendige Korrekturen vornehmen. Damit jedoch bereits bei der Gerüstvorbereitung alles zueinander passt und Fehler vor dem Einsetzen in den Walzblock ausgeschlossen werden können, entwickelte Kocks einen robusten Handscanner mit integriertem Schreiblesekopf für die Erkennung der Gerüste. Er erfasst die Daten des Gerüst-Transponders und leitet diese an einen PC weiter. Eine spezielle Bedienoberfläche zeigt, ob alles korrekt montiert und eingestellt wurde. Sämtliche Softwarekomponenten für Datenauswertung, Benutzerführung und Bedienoberflächen entwickelten die IT-Abteilung in Eigenregie. Die Schreibleseköpfe werden zyklisch abgefragt. Alle Veränderungen des Systems werden damit erfasst und in die Datenbank geschrieben. Genutzt wird ein TCP-IP-Server zur Übertragung der Signale über das Ethernet-Netzwerk.
Robustes System
Die Ganzmetall-RFID-Datenträger und -Schreibleseköpfe aus V4A-Edelstahl eignen sich für einen Temperaturbereich von –40 bis +125 °C. Kocks setzt Transponder vom Typ RTL 0262-001 mit einem Durchmesser von 26 mm und der Schutzart IP 69K ein. Diese sind bündig einbaubar und können durch das Metall hindurch beschrieben beziehungsweise gelesen werden. Die Speicherkapazität der Tags beträgt 120 Worte zu je 16 Bit. Diese oder gleich ganze Speicherbereiche kann der Anwender mittels Passwort lese- und/oder schreibschützen. Die Anzahl der Schreibzyklen beträgt bei diesem Datenträgertyp 100 000. Die Zahl der Lesezyklen ist unbegrenzt. Die RFID-Auswertgeräte stehen wahlweise mit Schnittstellen zu RS485, Profibus, Devicenet und Ethernet/IP zur Verfügung.
Die Ausrüstung der Stabwalzwerke mit RFID-Systemen hat neben der erhöhten Prozesssicherheit noch einen entscheidenden Vorteil: „Wir können mithilfe des Systems sämtliche Prozessdaten gerüstspezifisch erfassen und kennen nicht nur jederzeit den aktuellen Zustand der Gerüste, sondern auch, wann sie wo und in welchen Zustand eingesetzt wurden, welche Tonnagen sie in einem bestimmten Zeitraum gewalzt haben. Damit kann der Walzwerkbetreiber seine Ressourcen, beispielsweise Wartung und Instandhaltung der Gerüste oder die Beschaffung der Walzen, besser planen“, so Dr. Ullrich über seine eigenentwicklung.