Industrie 4.0, die vierte industrielle Revolution, verzahnt die Produktion mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik. Neue technische Standards verändern die Interaktion zwischen Menschen, Maschinen und intelligenten Systemen. Entsprechend gewinnt auch die Datenübertragung immer stärker an Bedeutung. Kabel, das bedeutet die Nervenbahnen der Industrie 4.0, dürfen dabei nicht zum Engpass werden. Die Kunden fordern immer höhere Übertragungsraten, und neue Netzwerkteilnehmer wie hochauflösende Kameras treiben die Datenraten in die
Höhe.
Als Reaktion auf diese neuen Herausforderungen werden bei Neuinstallationen großer Maschinenanlagen und auch in der Robotik vermehrt Netzwerke mit Gigabit-Performance eingerichtet. Denn: Eine zusätzlich installierte Reserve stellt für das Unternehmen sicher, dass sich die Produktionsanlage später erweitern lässt. Außerdem erhalten Unternehmen einen Puffer für den Fall, dass durch Verschleiß oder leichte Beschädigungen nicht mehr die volle Übertragungsleistung erreicht wird. Ältere Kommunikationssysteme mit einer Datenübertragungsrate von lediglich
100 Mbit/s reichen nicht mehr aus.
Mehr Speed für industrielles Ethernet
Dieser Anforderungen hat sich der Kabelhersteller Lapp angenommen und ein ganzes Portfolio von industriellen Ethernet-Cat-7-Leitungen für Gigabit-Anwendungen entwickelt. Die neuen Hochgeschwindigkeitsleitungen für industrielles Ethernet erreichen Datenraten nach Cat-7, also 10 Gbit/s im Frequenzband bis 600 MHz. Das Besondere daran: Zum neuen Lapp-Portfolio gehört auch die erste torsionsfähige und Profinet-konforme Cat-7-Leitung der Welt, die Etherline Torsion Cat.7.
Die Leitung lässt sich auf einer Länge von 1 m mindestens fünf Millionen Mal um 180 Grad in beide Richtungen tordieren, ohne Schaden zu nehmen. Diese Eigenschaft ist in allen Bereichen wichtig, bei denen Torsionskräfte auftreten können, etwa beim Übergang von der drehbaren Gondel zum statischen Turm einer Windkraftanlage oder wenn hochauflösende Kameras an Roboterarmen installiert werden sollen.
Trennkreuz aus Polyethylen
Das Etherline-Kabel kommt ohne Füllschnüre, das bedeutet ohne Blindadern, aus. Beim herkömmlichen Verseilen einer Leitung werden Füllschnüre verwendet, um damit die Adernpaare im Kabel zu fixieren und gleichzeitig zu gewährleisten, dass das Kabel seine gleichmäßige und runde Form beibehält. Bei der Konfektionierung der Leitung verursachen diese jedoch einen zusätzlichen Aufwand, da sie jeweils einzeln abgeschnitten werden müssen.
Im Inneren der neuen Etherline-Torsionsleitung hält nun lediglich ein weißes Trennkreuz aus Polyethylen die Adern an ihrem Platz. Um das Trennkreuz zu entfernen, genügt somit ein einziger Schnitt. Das erleichtert die Konfektion marktgängiger Steckverbinder wie M12 X-codiert oder RJ45 und spart Zeit. Besonders relevant ist das, wenn die Produktion beim Austausch eines Kabels nicht lange stillstehen soll. Ein weiterer wichtiger Vorteil der Etherline Torsion Cat.7 ist ihre geringe Toleranz von 100 ± 5 Ω beim Wellenwiderstand, was die Übertragungsleistung auch auf kurze Distanzen verbessert.
In Fabriken sind Leitungen oftmals besonderen Belastungen ausgesetzt. So ist in Schaltschränken häufig sehr wenig Platz für die vielen benötigten Leitungen, und im Maschinen- und Anlagenbau werden Kabel gelegentlich bewegt. Aus diesem Grund hat Lapp eine weitere Leitung für das Etherline-Portfolio entwickelt: die Etherline Cat.7 Flex. Wie der Name bereits andeutet, ist diese Leitung für die flexible Verlegung geeignet.
Ihre dünnen Aderquerschnitte ermöglichen einen Außendurchmesser von lediglich 6,4 mm und einen Biegeradius vom Vierfachen des Außendurchmessers, das bedeutet von weniger als 26 mm. Auf den Kupferleiter ist eine sogenannte Skin-Foam-Skin-Aderisolation aufgebracht, die mit Stickstoff aufgeschäumt wird.
Aufgrund der physikalischen Schäumung, bei der im Gegensatz zur chemischen Schäumung auf zusätzliche Additive verzichtet wird, sind beste Übertragungseigenschaften gewährleistet. Dadurch kann die Isolation insgesamt dünner ausfallen, was die Leitung kompakter macht. Das zahlt sich gerade in engen Schaltschränken aus, wo Datenleitungen oft durch zu enge Biegeradien Schaden erleiden und somit ihre maximale Datenübertragungsrate nicht erreichen können.
Der robuste, industrietaugliche Außenmantel der Etherline Cat.7 Flex lässt auch eine Verkabelung im Inneren einer Maschine zu. Dabei darf die Etherline-Leitung dank ihres 1.000-Volt-Ratings im nordamerikanischen Markt sogar ganz ohne mechanischen Schutz neben anderen Leitungen verlegt werden. Auch die Etherline Cat.7 Flex weist einen Wellenwiderstand von
100 ± 5 Ω auf. Damit ist sie für Kurzlängen geeignet und ermöglicht in Ethernet-Netzwerken dennoch eine Channellänge von
60 m. Die Leitung wird von der Lapp-Tochter Ceam Cavi Speciali in Monselice in Italien gefertigt. Dort treibt Lapp unter anderem die Entwicklung und Produktion von Industrie-4.0-Lösungen zur schnellen und flexiblen Datenübertragung voran.
Abriebfester Außenmantel
Sowohl die Etherline Cat.7 Flex als auch die Etherline Torsion Cat.7 besitzen einen halogenfreien Polyurethan-Außenmantel, der besonders abriebfest ist und dadurch eine lange Lebensdauer der Leitungen sicherstellt. Der Außenmantel schützt die Isolation und die Schirmung vor Schäden. Das vermindert die Gefahr von Übertragungsstörungen und damit auch eines Absinkens der Datenrate. Dank des robusten Außenmantels benötigen die Kabel keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen, wenn sie unter dem Boden geführt werden. Das macht ihre Verlegung besonders einfach.
Die Etherline-Leitungen sind gegen die bei Antriebssystemen hohe EMV-Belastung gerüstet. Auch in punkto Langlebigkeit überzeugen die Kabel. Nicht nur im Maschinenbau oder bei der Robotik, sondern auch bei der Bahntechnik und in der Lebensmittelindustrie muss ein Kabel auch nach zehn Jahren im Einsatz noch einwandfrei funktionieren – und selbst dann soll es die Cat-7-Spezifikation erfüllen.
Die gängigen Standards, die man etwa von Ethernet-Leitungen aus dem Büro kennt, reichen dafür nicht aus – schließlich kommen die Kabel in einer Fabrik oft mit Ölen und Reinigungsmitteln in Kontakt oder werden millionenfach hin und her bewegt. Neuentwicklungen wie die Etherline-Leitungen zeigen deutlich: Die endgültige Realisierung von Industrie 4.0 rückt näher.