Kleiner, schneller, leistungsfähiger: Die Ansprüche an mikroelektronische Geräte sind hoch und steigen immer weiter. Basieren Chips, Prozessoren und Co. jedoch auf elektrischem Strom, sind der Miniaturisierung Grenzen gesetzt. Physikerinnen und Physiker arbeiten daher an alternativen Möglichkeiten, Informationen zu transportieren. Etwa über Spinwellen, auch Magnonen genannt.
Ihr Vorteil: Sie haben nur sehr geringe Energieverluste und breiten sich daher über weite Strecken aus. Nun bilden sich die Spinwellen nicht in jedem beliebigen Material aus, sondern brauchen dafür bestimmte Eigenschaften. Diese bietet beispielsweise Hämatit, der Hauptbestandteil von Rost.
Neue Materialklasse für den Spinwellen-Transport
Eine gänzlich neue Materialklasse für den Transport der Spinwellen konnten Physikerinnen und Physiker der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) nun in einem EU-Projekt gemeinsam mit der Université Paris-Saclay, der Shanghai University und der Universität Grenoble Alpes erschließen: Antiferromagnete mit verkippten magnetischen Momenten.
„Diese Materialien haben das Potenzial, die Rechengeschwindigkeit im Vergleich zu bestehenden Geräten deutlich zu erhöhen und gleichzeitig die Abwärme stark zu reduzieren“, sagt Felix Fuhrmann, Wissenschaftler an der JGU. Denn: In den Antiferromagneten lassen sich die Spinwellen und damit die Informationen, die in ihnen gespeichert sind, über weite Strecken transportieren rund 500 Nanometer Strecke sind möglich. Zwar mag das wenig klingen, doch sind beispielsweise Transistoren heutzutage in den Chips meist nur etwa sieben Nanometer groß, die Reichweite der Spinwellen ist also deutlich größer als die benötigte Strecke.
„Der Informationstransport über große Entfernungen ist entscheidend für eine Anwendung in mikroelektronischen Geräten. Mit den Antiferromagneten haben wir eine Materialklasse gefunden, die diese wichtige Eigenschaft bietet – und damit einen großen Pool an Materialien eröffnet, die für Geräte nutzbar gemacht werden können“, bestätigt Fuhrmann.
Möglich macht es ein äußeres Magnetfeld
Untersucht haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Antiferromagneten Yttrium-Eisen-Oxid, YFeO3. Da dessen Kristallstruktur sich grundlegend von der des etablierten Hämatits unterscheidet, stellte sich den Forschenden zunächst die Frage: Können sich dennoch Spinwellen bilden und ausbreiten? Definitiv, wie das Forscherteam herausfand. Möglich macht es ein kleiner Trick: Die Physikerinnen und Physiker legen ein äußeres Magnetfeld an das Material an.
„Magnonen sind eine kollektive Anregung der magnetischen Momente in einem magnetisch geordneten Kristall – sie lassen sich daher durch Magnetfelder manipulieren, wie wir erfolgreich nachweisen konnten“, sagt Fuhrmann.