Zum Start: Wann empfehlen Sie Motorstarter, wann besser gleich einen Frequenzumrichter?
Beim Frequenzumrichter wird eine Drehzahl mit definierbaren Vorgaben geregelt. Hier lassen sich Lastkennlinien und Drehmomentkurven vorgeben. Frequenzumrichter bieten sehr viele Freiheiten bei der Konfiguration – was aber auch die Komplexität steigert. Beim Motorstarter geht es darum, den Anlauf sicherzustellen, ein sicheres Abschalten herzustellen, den Schutz des Motors zu gewährleisten. Motorstarter achten darauf, dass keine thermische und mechanische Überlastung stattfindet und verfügen über weniger Funktionalität. Findet aber ein Trend bei Motorstartern in Richtung Frequenzumrichter statt? Ja! Beispielsweise unser neuer Motus C14 geht in diese Richtung, unter anderem mit einem Sanftanlauf und einer Phasenanstiegssteuerung. Die Trennschärfe zwischen Frequenzumrichter und Motorstarter wird in Zukunft zunehmend verwischen. Frequenzumrichter benötigen umfangreiche Entstörungsmöglichkeiten und sind kostenintensiver – alleine schon durch den höheren Energieverbrauch. Dennoch werden beide Varianten auch in Zukunft in den vielfältigen Einsatzszenarien jeweils eigene Vorteile ausspielen.
Sie erwähnten bereits den neuen Motus C14. Was war der Antrieb für die umfangreiche Neuentwicklung?
Bei modernen Motorstartern wird bisher die Hybridtechnologie genutzt. Hier arbeitet ein Relais parallel mit einem Halbleiter zusammen. Der Halbleiter eliminiert den Lichtbogen und übergibt dann den Strom an das Relais. Das Prinzip ist einfach, robust und energieeffizient – wir nutzen die Technologie ja seit längerem in den Motorstartern Motus und Omus. Das Verfahren ist robust und energieeffizient, weist aber eine limitierte Schalthäufigkeit und eine geringe Schaltfrequenz auf. Insbesondere die Schaltfrequenz liegt nur im Bereich von 1-2 Hz. Hinzu kommt der Schutz durch eine Schmelzsicherung, für den Fall, wenn es zu einem Kurzschluss in der Anlage oder der Motorzuleitung kommt. Viele Märkte wollen aber zunehmend keine Sicherungen mehr haben. All diese Nachteile haben wir beim neuen Motus C14 eleminiert durch eine umfangreiche Neuentwicklung. Beispielsweise lässt sich der Motorstarter nach einem Kurzschluss, den das Gerät flinker als je zuvor abschaltet, einfach weiterverwenden. Und um eine Zahl zu nennen: Der Motus C14 hat eine Kurzschlussfestigkeit von 100 kA und er schaltet den Motor in unter 10 µs ab. Die Reaktionszeit einer herkömmlichen Schmelzsicherung liegt dagegen bei etwa 2 ms. Bei einem Leistungsschalter beträgt die Abschaltzeit im Störungsfall sogar 5 ms.
Wie haben Sie all die Nachteile bisheriger Hybrid-Motorstarter technisch eliminiert?
Mit der Relaistechnik konnten wir keine Quantensprünge mehr erreichen, darum sind wir komplett auf Halbleiter mit MOSFETs umgestiegen. Vor fünf Jahren wäre ein Produkt wie der Motus C14 aber noch nicht möglich gewesen, weil es Halbleiter für unsere Anforderungen – und auch noch zu einem attraktiven Preis – schlicht noch nicht gab. Wir haben sehr viel Entwicklungsenergie in die neue Technologie gesteckt und haben jetzt eine MOSFET-Schalttechnik, die in Bezug auf Robustheit und geringen Innenwiderstand der Hybridtechnologie weit überlegen ist.
Wo haben Motorstarter mit Relais-Technik dennoch weiterhin Vorteile gegenüber der MOSFET-Technik? Preis?
Herkömmliche Motorstarter sind inzwischen Lowcost-Produkte, die in hohen Stückzahlen vollautomatisch produziert werden. Wenn also nur die einfachste Funktion eines Motostarters notwendig ist, dann sind herkömmliche Motorstarter preislich natürlich in einer eigenen Liga. Doch wie schon erwähnt, moderne Motorstarter wie der Motus C14 tendieren in Ihrer Funktionalität schon in Richtung Frequenzumrichter. Hier erwähne ich nur Wendefunktion, Data-Logging, Diagnose oder Kommunikationsfähigkeit. Oder wenn viele Motorstarter mit Wendefunktion benötigt werden. Wir haben einen Kunden, der hat 128 Motorstarter in einer Anwendung verbaut. Mit herkömmlichen Motorstartern hätte er alleine zwei Schaltschränke mehr gebraucht als mit unserer Lösung – schon durch 75 Prozent weniger Platzbedarf des Motus C14 im Vergleich zu herkömmlichen Motorstartern. Dennoch werden herkömmliche Varianten weiterhin je nach Anwendung ihre Daseinsberechtigung haben.
Und in welchen Anwendungen wird hohe Schaltfrequenz von 25 Hz des Motus C14 benötigt?
Sobald keine induktive Last wie ein Motor, sondern ohmsche Lasten wie Heizbänder, Heizspiralen oder beispielsweise Heizköpfe von Kunststoff produzierenden Maschinen geschalten werden.
Eignet sich der Motorstarter durch das Logging von Strom, Spannung und Leistung auch sehr gut für Condition Monitoring und Predictive Maintenance?
Definitiv! Sie können sehr hochauflösend Strom, Spannung und Leistung messen. Die Daten lassen sich über eine USB- oder IO-Link-Schnittstelle auslesen. Diese Service-, Messtechnik- und Wartungsdaten dienen als Grundlage für die frühzeitige Fehlererkennung bei Motoren und bei einem Fehlerfall schreibt der Motus C14 auch die letzten Parameter mit. Wir werden gerade im Bereich Konnektivität und Datenanalyse definitiv noch weitere Entwicklungen sehen.
Der Motus C14 hat ein interaktives Bedienkonzept. Ist das ein weiterer USP Ihrer Lösung?
Wir haben das Bedienerkonzept komplett überarbeitet, weil Wöhner denkt Dinge immer anders! Besonders komfortabel ist die Eingabe mithilfe von Pfeiltasten über das OLED-Display. Ein interaktiver Inbetriebnahme-Assistent erleichtert dem Anwender die entsprechenden Parameter einzugeben und gleichzeitig werden Fehlbedienungen verhindert. Alternativ lassen sich die Parameter auch über die Benutzeroberfläche des ServiceTool oder die Kommunikationsschnittstelle eingeben. Tritt während des Betriebs beispielsweise ein Motorfehler auf, so zeigt ein Lösungsassistent auf dem Display mögliche Ursachen auf und verkürzt dadurch die Stillstandzeiten. Den Motus C14 statten wir zudem erstmals mit einem leuchtenden Gehäuse aus. Tritt ein Fehler auf der Lastseite auf, so leuchtet das Gehäuse an der Lastseite und der Instandhalter sieht schon von weitem, hier gibt es ein Problem. Hakt die Kommunikationsseite, leuchtet es oben. Sollte im seltenen Fall der Motorstarter selbst ein Problem haben, weil beispielsweise eine zu hohe Umgebungstemperatur herrscht, leuchtet das ganze Gehäuse. Alleine diese Features sind einmalig und erleichtern die Fehlersuche enorm.
Kurz zusammenfassend: Warum sollen Kunden Wöhner bei Motorstartern verwenden?
Weil bei uns nicht nur der Motorstarter im Vordergrund steht, sondern das komplette System. Wir bieten aber nicht nur einen sicherungslosen Motorschutz in Verbindung mit unserer Benutzerfreundlichkeit auf minimalem Bauraum an, sondern generieren für unsere Kunden Mehrwerte, die wiederum deren Wertschöpfungskette verlängert.