Untersuchung von Mengenmessverfahren Ist aktuelle Durchflussmesstechnik für Wasserstoff geeignet?

Der weltweit leistungsstärkste Hochtemperaturelektrolyseur seiner Art wird in Salzgitter angeliefert. Hier arbeiten zwei Projektpartner zusammen, um eine präzise Mengenmesstechnik für den damit produzierten Wasserstoff zu entwickeln.

Bild: Salzgitter
17.11.2020

Wasserstoff gewinnt nicht nur als klimaneutraler Energieträger an Bedeutung, sondern auch als erneuerbares Prozessgas. Zwei Partner wollen nun in Praxistests herausfinden, ob sich aktuelle Messverfahren für das grüne Gas eignen oder ob Anpassungen notwendig sind.

Wasserstoff findet abseits der Energiebranche auch vermehrt in der Prozessindustrie Einsatz. Ein Beispiel dafür ist die Firma Salzgitter Flachstahl aus Niedersachsen. Wird der Wasserstoff hier mithilfe regenerativ erzeugten Stroms hergestellt, lassen sich bei der Produktion erhebliche Mengen CO2 einsparen.

Das Wissen um eine geeignete Wasserstoff-Mengenmesstechnik, mit der sich industrielle Produktionsprozesse überprüfen und steuern lassen, ist jedoch noch lückenhaft. Aus diesem Grund haben Salzgitter Flachstahl und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) einen Kooperationsvertrag geschlossen. Ihr Ziel: Bereits verfügbare Messtechnik auf ihre Eignung und Eigenschaften hin prüfen und weiterentwickeln.

Das Wissen soll dann über die Stahlproduktion hinaus in alle zukünftigen Einsatzgebiete von Wasserstoff fließen und dessen Klimaschutzpotenzial in großem Maßstab nutzbar machen.

Wasserstoff-Messungen unter Realbedingungen

Der Salzgitter-Konzern ist auf dem Weg hin zu einer CO2-armen Stahlproduktion. Im Rahmen des Projekts „Salcos – Salzgitter Low CO2 Steelmaking“ nimmt Salzgitter Flachstahl gerade einen Hochtemperatur-Elektrolyseur in Betrieb. Es ist die weltweit leistungsstärkste Anlage ihrer Art, die in großindustrielle Prozesse eingebunden ist.

In Kürze soll am selben Standort zudem eine 2,5-MW-PEM-Elektrolyse in Betrieb gehen. Die Elektrolyseure erzeugen mithilfe regenerativen Stroms CO2-neutralen Wasserstoff. Die Anlage erhält eine Messstrecke, die die PTB für Messungen unter Realbedingungen nutzen wird. Mit einem Durchfluss von rund 1.000 m3 gasförmigen Wasserstoffs pro Stunde im Normzustand bietet sie die Möglichkeit, Messgeräte praxisnah und im Dauerbetrieb zu testen.

Die Versuche unter realen Bedingungen ergänzen andere wasserstoffbezogene Forschungsprojekte, die die PTB mit weiteren Industriepartnern und europäischen Forschungsinstitutionen betreibt. Dazu gehören unter anderem der Aufbau eines Prüfstandes sowie die Weiterentwicklung von europaweiten Normen und Standards.

Ultraschall- und Coriolisgaszähler nicht ohne Weiteres anwendbar

Im Rahmen des Projekts will die PTB herkömmliche Gaszähler auf ihre Eignung zur Messung von reinem Wasserstoff testen und vergleichende Untersuchungen mit Erdgas und Luft durchführen. Für bestimmte Messgeräte wie Ultraschallgaszähler steht bereits fest, dass eine grundlegende Optimierung des Designs für Anwendungen mit reinem Wasserstoff unumgänglich ist.

Corioliszähler hingegen eignen sich grundsätzlich für die Messung von Gasmengen. Wegen der geringen Dichte von Wasserstoff wirken sich Einflussgrößen wie die Temperatur jedoch stärker auf das Messergebnis aus, als es bei anderen Prozessgasen wie Stickstoff der Fall ist. Ob Coriolisgaszähler ebenso wie andere etablierte Gasmesstechnik die nötige Genauigkeit und Verlässlichkeit liefern, muss sich daher erst herausstellen.

Wegen des zunehmenden Einsatzes von Wasserstoff können bereits kleine Messfehler große wirtschaftliche Nachteile verursachen. Dies betrifft sowohl die Messung von Prozessgasen als auch Messungen im Zusammenhang mit der Wasserstoffeinspeisung in das Erdgasnetz und der eichpflichtigen Abrechnung der Verbraucher.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel