Mit integriertem ERP das Energiemanagement zur automobilen Chefsache machen K.O-Kriterium CO2-Bilanz

Auch in der Automobilindustrie strebt man eine vollständige Klimaneutralität an. Dieses Ziel kann aber nur erreicht werden, wenn auch alle Partner mitziehen.

Bild: iStock, Khanchit Khirisutchalual
12.10.2022

Um gesetzliche Anforderungen umzusetzen und sich als nachhaltiges Unternehmen zu positionieren, setzen Automobilhersteller und große Zulieferer ihre kleinen und mittelständischen Partner zunehmend unter Druck: Sie sollen nicht nur ihre CO2-Bilanz offenlegen, sondern darüber hinaus aufzeigen, wie sie ihren Schadstoffausstoß sukzessive reduzieren. Ein in das ERP-System voll integriertes Energiemanagement sichert die Position in der Lieferkette.

Die sich vervielfachenden Energiekosten als Folge des Ukraine-Krieges verdeutlichen die Notwendigkeit eines durchgängigen Energiemanagements.

Automobilzulieferer sind nicht nur aus Kostengründen gefordert, ihren Energieverbrauch zu messen und zu reduzieren, sondern auch wegen ihrer Marktposition: So weist der aktuelle Global Risk Report des World Economic Forum mangelhafte Maßnahmen zum Klimaschutz als größtes globales Risiko für die nächsten zehn Jahre aus. Darauf reagierte die Europäische Union mit einem verbindlichen Emissionsreduktionsziel für 2030, dem sogenannten „Green Deal“.

Daraus ergeben sich auch Verpflichtungen für die Automobilindustrie. Hersteller wie BMW und Volkswagen haben sich bereits eigene Klimaziele gesetzt – bis hin zur vollständigen Klimaneutralität. Damit stärken sie ihr Image und positionieren sich als Unternehmen, die ihre ökologische Verantwortung wahrnehmen. Gehen Zulieferer diesen Weg proaktiv mit, heben sie sich vom Wettbewerb ab. Da die Wertschöpfung der OEMs bei gerade einmal 30 Prozent liegt, sind sie darauf angewiesen, dass auch ihre Partner anstreben, klimaneutral zu produzieren.

Carbon Footprint: Unternehmens- und Produktbilanzierung

Um beauftragt zu werden, müssen Zulieferer umfangreiche Fragebögen zum Energiemanagement ausfüllen. Wer eine CO2-Bilanz vorweisen kann, ist klar im Vorteil. Mitunter werden Unternehmen, die noch kein CO2-Tracking betreiben, sogar von vornherein ausgeschlossen. Dabei unterscheidet man bei der systematischen Bilanzierung von Treibhausgasemissionen, dem sogenannten „Carbon Footrint“, zwischen der Unternehmens- und der Produktbilanzierung.

Der Corporate Carbon Footprint (CCF) gibt alle Emissionen an, die in der gesamten Wertschöpfungskette des Zulieferers ausgestoßen werden. In den CCF fließen neben Kohlenstoffdioxid auch andere klimaschädliche Gase ein. Als Bewertungsmaßstab gilt in Deutschland die ISO-Norm 14064-1. Die Emissionen sind in verschiedene Kategorien eingeteilt.

In jedem Fall müssen Unternehmen in der CO2-Bilanz angeben, welche Schadstoffe im Geltungsbereich des eigenen Unternehmens anfallen, sowie indirekte energiebezogene Emissionen. Häufig fragen Hersteller auch nach vor- und nachgelagerten Emissionen, da eine hohe Anzahl von Schadstoffen auch außerhalb der direkten Produktion entsteht.

Der Product Carbon Footprint (PCF) bezieht sich auf den Lebenszyklus eines Produktes und dessen gesamte Wertschöpfungskette. Diese Emissionen vollständig zu erfassen, stellt die Zulieferindustrie vor enorme Herausforderungen, denn sie umfassen:

  • Herstellung, Gewinnung und Transport von Rohstoffen und Vorprodukten

  • die gesamte Produktion

  • Distribution, Nutzung und Entsorgung des Produkts

Als Maßstab für den PCF dient die sogenannte funktionelle Einheit. Sie bezieht sich auf den Produktnutzen und soll sicherstellen, dass nur Produktionssysteme mit einem identischen Nutzen miteinander verglichen werden. Darüber hinaus spielt die Definition der Produktlebensphase sowie der Systemgrenzen eine Rolle.

Bilanzierungsdaten aus dem ERP-System

Sowohl die Unternehmens- als auch die Produktbilanzierung ist mit einem erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden. So hat beispielsweise ProAlpha als Partner der mittelständischen Fertigungsindustrie sein ERP+ Portfolio so ausgelegt, dass Unternehmen den Anforderungen der Nachhaltigkeitsregulierung sowie des Marktes damit entsprechen können.

Ob Finanzen, Vertrieb, Einkauf, Produktion oder Services – ein professionelles Nachhaltigkeitsmanagement hilft dabei, den unternehmensweiten Energiebedarf und CO2-Fußabdruck zu erfassen, zu steuern und zu dokumentieren.

Durch die Integration von Energiemanagementlösungen – im Fall von ProAlpha durch das Gruppenunternehmen und Energiemanagement-Experten Enit – dient das ERP-System als Data Hub für das Monitoring und die Steuerung sämtlicher Energieflüsse und stellt Verbräuche sowie Emissionen transparent dar.

Als Single Source of Truth schafft ein ERP-System, das um Energiemanagement- und CO2-Tracking-Komponenten erweitert ist, die Voraussetzungen für Zulieferer, sich auf den Weg zur Klimaneutralität zu machen. Es enthält, sofern diese erfasst wurden, alle Daten für den CCF und PCF und ermöglicht darüber hinaus, Reduktionsstrategien zu erarbeiten, entsprechende Maßnahmen umzusetzen und die Emissionsentwicklung zu überwachen.

Nachholbedarf bei Reduktionszielen

Eine repräsentative Enit-Umfrage aus dem Jahr 2021 ergab bereits, dass mehr als 70 Prozent von 110 Zulieferern sich für die nächsten fünf bis zehn Jahre kein Ziel zur Reduktion des CO2-Abdrucks gesetzt haben. Im Sinne der eigenen Zukunftsfähigkeit ist die Branche dringend gefordert, ihre Ambitionen höher zu stecken.

In absehbarer Zeit werden sich die CO2-Bilanz und die daraus abgeleiteten Maßnahmen vom Wettbewerbs- zum Hygienefaktor entwickeln. Auf lange Sicht markieren kurzfristige Einsparziele lediglich Etappen auf dem Weg zum Net Zero Point, an dem ein Unternehmen nachweisen kann, dass es keine Schadstoffe mehr emittiert. Der Klimaschutzplan der Bundesregierung strebt Treibhausgasneutralität für 2050 an. Es ist damit zu rechnen, dass über gesetzliche Vorgaben zum Net Zero Point in den kommenden Jahren der Druckpunkt steigt.

Energie und Emissionen müssen zu einer betriebswirtschaftlichen Größe in den Geschäftsprozessen werden. Die Relevanz wird mittelfristig noch weiter steigen, denn um eine lebenswerte Umgebung für nachfolgende Generationen zu sichern, muss die Dekarbonisierung der Industrie beschleunigt werden.

Die Science Based Targets Initiative (SBTi) erforscht, welche Einsparungen im jeweiligen Industriesektor notwendig sind, um die Erderwärmung bei maximal zwei Grad Celsius zu halten. Automobilzulieferer sollten rechtzeitig damit beginnen, Erfahrungen mit einer ERP-gekoppelten Energiemanagementlösung zu sammeln, damit sie bei der nächsten Ausschreibung ein Häkchen an den entsprechenden Stellen im Fragebogen setzen können.

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