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VDE warnt vor Asien-Abhängigkeit bei Schlüsseltechnologien Europa fällt unter 10-Prozent-Marke bei Mikroelektronik

Dr. Gunther Kegel, Präsident des VDE

Bild: VDE
23.10.2017

Bereits mehr als zwei Drittel des Welthalbleitermarkts konzentrieren sich, laut Dr. Gunther Kegel, Präsident des Technologieverbandes VDE bereits jetzt in Asien. Und der Trend arbeitet weiter gegen den Standort Europa. In einem Appell an die Politik warnt der Verband eindringlich Deutschlands Position im internationalen Wettbewerb nicht aufs Spiel zu setzen.

Deutschland ist seit Jahren Weltmarktführer in der Mikrosystemtechnik (MST), einer Technologie für unzählige Investitions- und Konsumgüter, mit einem Umsatzvolumen im dreistelligen Milliardenbereich, jährlichen Wachstumsraten von bis zu zehn Prozent und knapp einer Million Arbeitsplätze bei über 15.000 MST-Unternehmen mit einem globalen Umsatzanteil von 21 Prozent. "Das ist weltmeisterlich", konstatierte Dr. Gunther Kegel, Präsident des Technologieverbandes VDE, heute in München.

Aber mit der Digitalisierung würden die Karten auf dem internationalen Parkett neu gemischt. "Ohne wettbewerbsfähige Mikroelektronik-Industrie werden wir abhängig und zum Importeur von Schlüsseltechnologien - fatal für eine Exportnation. Statt die Produktion aus der Hand in Richtung Asien zu geben, muss die gesamte Innovationskette vom Chip-Design bis zur Fertigung vor Ort sein, vor allem eigene Kryptochips, die Kriminellen den Zugang durch Backdoors von Beginn an verweigern", warnte Kegel. Deutschland verpasse sonst die Chance, Weltmarktführer in digitalen Technologien zu werden.

Ohne Mikroelektronik keine Digitalisierung

Chips sind das Nervensystem der Digitalisierung. Im Internet of Things (IoT) gehen Mikrosysteme online und ermöglichen neue Anwendungen in Bereichen wie Medizin, Lifestyle, Autonomes Fahren, Industrie 4.0 oder Smart Energy. MST-Sensoren zählen dabei zu den wichtigsten "Enablern" des IoT.

Prognosen sagen einen Anstieg der weltweiten Nachfrage von 1 Milliarde in 2007 und 10 Milliarden in 2014 auf 100 Billionen bis 2030 voraus. Ein enormes wirtschaftliches Potential für die Exportnation Deutschland. Dass die Bundesregierung bis 2020 eine Milliarde Euro bereitstellt, die zusätzliche Investitionen der Industrie von 2,3 Milliarden Euro stimulieren sollen, begrüßt der Technologieverband.

"Aber während wir diese Schritte gehen, springen manche Wettbewerber aus Asien staatlich gedopt bis zur Halskrause in Siebenmeilenstiefeln voran", führte Kegel auf. Wenn wir in Deutschland unser heutiges Handeln nicht konsequent auf die Zukunft ausrichteten, fokussiert, unternehmerisch und schnell, riskierten wir schneller als uns lieb sein wird unsere Position als Industriestandort im weltweiten Wettbewerb.

Regierung muss Tempo geben

Auf dem globalen Halbleitermarkt fällt Europa erstmals unter die 10 Prozent-Marke. Selbst in seinen Vorzeige-Domänen Automotive und Industrie ist die deutsche Wirtschaft unterdurchschnittlich gewachsen. "Bis 2021 werden Europa, aber auch Amerika, weiter Anteile an Asien verlieren, wo sich jetzt schon mehr als zwei Drittel des Welthalbleitermarkts konzentrieren", erklärte Kegel.

Der VDE appelliere daher an die neue Bundesregierung die Stellschrauben neu zu justieren, das Tempo zu erhöhen und den Mikroelektronik-Standort Deutschland zu stärken. "Wir brauchen schlichtweg eine umfassende Industrialisierungs- und Digitalisierungsstrategie mit der Mikroelektronik als Herzstück. High Tech und Innovationen müssen stärker gefördert, die IKT-Infrastruktur und 5G als Kommunikationsstandard ausgebaut werden. Und es muss dringend mehr Geld in die Ausbildung unserer Kinder gesteckt werden, von der Kita bis zum Studium", forderte Kegel.

Allein in den nächsten zehn Jahren fehlen nach VDE-Prognosen mehr als 100.000 neue IngenieurInnen. Und die fallen nicht vom Himmel.

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