Nach der Euphorie die Ernüchterung KI-Einführung richtig machen – mit hybriden Teams

Künstliche Intelligenz in die Praxis einzuführen, gelingt nur jemandem, der die betrieblichen Abläufe im Detail so gut kennt, dass er abschätzen kann, wo KI im Unternehmen tatsächlich nützlich sein kann.

Bild: iStock, carloscastilla
25.07.2024

Künstliche Intelligenz sinnvoll und effizient einzusetzen, gelingt nicht jedem Unternehmen – warum? KI wird nicht strategisch implementiert und die Lücke zwischen Unternehmensalltag und Integration ist zu groß für einen hilfreichen Einsatz. Doch Unternehmen können erfolgreich gegensteuern, so Karlheinz Zuerl, CEO der German Technology & Engineering Corporation (GTEC).

„Zwischen der KI-Euphorie im Topmanagement und der Akzeptanz im Betriebsalltag bei der KI-Einführung klafft in der Regel eine große Diskrepanz. Diese Lücke lässt sich am besten durch hybride Teams aus KI-Kompetenzzentrum und Fachabteilung schließen“, Karlheinz Zuerl, CEO von GTEC.

Als Unternehmen von KI profitieren

„Angesichts des Hypes um Künstliche Intelligenz ernennen viele Unternehmen einen KI-Verantwortlichen auf Topebene, um das vermeintlich wichtigste Thema unserer Zeit in den Betrieb zu bringen“, hat Zuerl festgestellt. Doch genau das hält er für einen Fehler, denn „Firmen können nur dann von KI profitieren, wenn diese über die Breite der Belegschaft hinweg im Betrieb eingeführt wird.“ Diese Erfahrung hat Karlheinz Zuerl, der als Interim Manager 2024 von der Steinbeis Augsburg Business School und der Interim Manager-Community United Interim nominiert wurde, bei seinen zahlreichen Einsätzen als Führungskraft auf Zeit gemacht.

Der CEO schildert die Betriebspraxis in vielen Unternehmen beim Thema KI anschaulich: „In der Regel beginnt der Prozess damit, dass die Chefetage von den neuesten technologischen Entwicklungen erfährt, gefolgt von Teams, die der Unternehmensleitung optimistische, aber widersprüchliche Anwendungsfälle präsentieren. Angetrieben von der Begeisterung, aber ohne klare Richtung, überträgt die Topebene die Verantwortung an eine Person, die oft überfordert und unzureichend vorbereitet ist.“

KI-Kompetenzzentrum statt KI-Papst

Dazu erklärt Karlheinz Zuerl: „Es genügt nicht, einen vermeintlichen KI-Papst an der Spitze zu haben, sondern man braucht jemanden, der die Betriebsabläufe im Detail so gut kennt, dass er praxisnah abschätzen kann, wo sich KI im Unternehmen tatsächlich nützlich machen kann.“ Nach Zuerls Erfahrungen bei KI-Projekten kreist genau darum das Problem: „Das KI-Management ist in der Regel viel zu weit vom Betriebsalltag entfernt.“ Er räumt ein: „Dies gilt nicht nur bei KI, sondern für viele Projekte, bei denen es um die Einführung einer neuen Technologie ins Unternehmen geht. Aber bei Künstlicher Intelligenz klafft die Lücke zwischen der durch den KI-Hype entstandenen Euphorie und den häufig ernüchternden oder gar ausbleibend.

Als Abhilfe empfiehlt Karlheinz Zuerl die Einrichtung eines KI-Kompetenzzentrums, in dem Management und operatives Fachwissen zusammenkommen. Er präzisiert die Aufgabenverteilung: „Die betriebliche KI-Zentrale stellt Plattformen, Daten und Governance, also Regeln für den Umgang mit KI, bereit. Die Umsetzung in den verschiedenen Abteilungen erfolgt durch Teams aus dem jeweiligen Fachbereich, bei denen auch die Verantwortung für diesen Prozess liegt.“

Großspurig aufgesetzt, kleinlaut beerdigt

Als entscheidenden Vorteil dieses hybriden Ansatzes nennt der CEO von GTEC, dass die Neuheiten dadurch auf breiter Front Einzug in die Organisation hielten und ein fester Bestandteil des Betriebsalltags würden. Beim üblichen, aber weniger erfolgversprechenden Top-down-Ansatz hingegen sei die Gefahr groß, dass „Projekte großspurig aufgesetzt und einige Monate oder Jahre später kleinlaut beerdigt werden, ohne dass eine nennenswerte Spur in der Organisation übrigbleibt.“ Häufig verlasse der vom mangelnden Projektfortschritt frustrierte „KI-Papst“ nach einiger Zeit das Unternehmen. Die Zurückgebliebenen litten nicht nur unter der dadurch verursachten Enttäuschung, sondern entwickelten darüber hinaus eine langanhaltende Skepsis gegenüber künftigen Neuheiten.

„Je häufiger Management und Belegschaft erleben müssen, wie Innovationsprojekte in den Sand gesetzt werden, desto größer wird das Misstrauen gegenüber allen Innovationen“, hat Karlheinz Zuerl im Laufe seiner jahrzehntelangen Beratungs- und Managementtätigkeit festgestellt. Die Folgen für die Firmenkultur seien in der Regel fatal: „Weite Teile der Beschäftigten lehnen jedwede Veränderung im Betrieb von vornherein ab, weil sie schon zu oft erlebt haben, wie sich der Papst von heute zur persona non grata von morgen gewandelt hat.“ Bei der KI-Einführung im Top-down-Modus sei die Gefahr einer Wiederholung dieses Szenarios „sehr groß“, urteilt Karlheinz Zuerl.

Bildergalerie

  • Karlheinz Zuerl, CEO der German Technology & Engineering Corporation (GTEC).

    Karlheinz Zuerl, CEO der German Technology & Engineering Corporation (GTEC).

    Bild: GTEC

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