„Die Hauptverantwortung trägt demnach eindeutig der Betreiber von Verdunstungskühlanlagen“, betont Gunnar Pretzsch, bei Veolia Water Technologies der zentrale Fachmann für Kühlturmhygiene. „Dies bedeutet, er muss sich die Kompetenz und die Mittel aneignen, um für den einwandfreien Betrieb zu sorgen.“ So müsse sichergestellt werden, dass von der Abluft mitgerissene Tröpfchen keine schädlichen Mikroorganismen wie etwa Legionellen, Bakterien, Algen, Protozoen oder Schimmelpilze enthalten.
Ohne geeignete Maßnahmen zur Kontrolle von mikrobiellem Wachstum im Kühlwasser steigt das Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung von Personal und dritten Personen im Umfeld der Kühlanlage. Der VDI verweist auf Hochrechnungen von 2011, denen zufolge in Deutschland jährlich 15.000 bis 30.000 Menschen eine Legionellenpneumonie entwickeln. Die Erkrankung wird aufgrund eines grippeähnlichen Verlaufs oft nicht als solche erkannt. Allerdings kann eine Infektion im Extremfall auch tödlich ausgehen, wie zuletzt die Ausbrüche 2010 in Ulm und 2013 in Warstein verdeutlicht haben. In beiden Fällen wurden Kühlsysteme als eine Infektionsquelle ausgemacht. Auch aus diesem Anlass spezifiziert die im Januar 2015 veröffentlichte VDI-Richtlinie 2047 Blatt 2 die Anforderungen an einen hygienegerechten Betrieb von Kühltürmen.
Gefährdungs- und Risikobeurteilung
Gunnar Pretzsch: „Eine Präzisierung der Anforderungen an einen verantwortungsvollen Betrieb von Kühltürmen verbunden mit praktikabel umsetz- und kontrollierbaren Auflagen war überfällig.“ So ist nach VDI 2047-2 eine Gefährdungs- und Risikobeurteilung vorzunehmen. Dazu gehört eine vollständige Dokumentation des Systems, seines Betriebs einschließlich der eingesetzten Wirkstoffe und aller eventuellen Änderungen. Geregelt sind in der Norm die relevanten Grenzwerte hinsichtlich der Koloniezahlen von Pseudomonas aeruginosa und Legionella spp. Breiten Raum nehmen außerdem die Hygieneanforderungen an die Konstruktion und die verwendeten Materialien sowie implementierte Kontrollroutinen ein.
Mängel, die festgestellt werden, müssen dokumentiert und entsprechende Maßnahmen definiert werden. Mängel, die häufig festgestellt werden, sind unter anderem eine mangelhafte Absalzung bzw. Leitfähigkeitsüberwachung, Probleme bei der Zusatzwasseraufbereitung, der Konditionierung oder infolge von Produktionsumstellungen und Leckagen an Wärmeüberträgern.
Empfohlene Lösungen: Kühlturmaudit, Technik, Schulungen
Ein umfassendes Bild vom Zustand des Kühlturms liefert ein Kühlturmaudit. Veolia empfiehlt dazu eine gründliche wirtschaftliche, technische und rechtliche Bestandsaufnahme des Gesamtsystems. Damit erhält der Bertreiber qualifizierte Antworten auf Fragen nach der optimalen Qualität des Kühlturmzusatzwassers, der Wirkung der eingesetzten Dosierchemikalien, der Wirtschaftlichkeit des Systems und der Konformität mit der VDI 2047-2 und anderen relevanten Richtlinien. Zur Aus- und Weiterbildung des Betreiberpersonals eignen sich VDI-zertifizierte Schulungen, die Anbieter wie Veolia als Tagesseminar durchführen.
Sicher steuern, Biozide vermeiden
Letztlich stehen auch die Technik des Kühlturms und vor allem dessen Überwachung im Fokus. Eine verlässliche Steuerung und Überwachung bieten für diese Anwendung speziell konzipierte Systeme wie AquaVista BW. Die Anlage sorgt für die kontinuierliche und zuverlässige Messung und Dokumentation von Schlüsselparametern wie pH-Wert, Leitfähigkeit, Redox, Produktgehalt und Korrosionsrate. AquaVista verfügt auch über eine Datenvisualisierung zur Trendanalyse. Das System ermöglicht eine Steuerung vor Ort oder aus der Ferne über alle gängigen Endgeräte wie Tablets oder Smartphones.
Die VDI 2047-2 schreibt vor, dass auf die „Verwendung von Bioziden, wann immer möglich, zu verzichten ist“. Um diese Herausforderung zu meistern und gleichzeitig eine einwandfreie Hygiene zu gewährleisten, bietet sich die BerkeMOL LIK-Technik an. Dieser Hochleistungs-Vollmetallkatalysator nutzt Keimfragmente im Kühl-wasser zur Produktion von Biotensiden, die Biofilme nachhaltig abbauen und deren Ansiedlung verhindern. Dieses Verfahren kommt ohne den Einsatz von Bioziden aus und hat sich in zahlreichen Anwendungen erfolgreich bewährt.
„Insgesamt stellt uns die VDI 2047-2 vor anspruchsvolle Aufgaben“, fasst Gunnar Pretzsch zusammen, „aber die Erfüllung ist sinnvoll und realisierbar. Die Anforderungen sollten ernst genommen werden.“ Dies gelte insbesondere, weil der Gesetzgeber plane, die wesentlichen Inhalte dieser VDI-Norm im Rahmen einer Verordnung nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) zu regeln.