Die EU-Kommission in Brüssel hat sich für ein europaweit einheitliches Ladesteckvorrichtungssystem für die Elektromobilität ausgesprochen: In dem am 24. Januar 2013 veröffentlichten Richtlinien-Vorschlag wurde der in Deutschland entwickelte Typ-2-Ladestecker für den Einsatz in ganz Europa empfohlen. Dieser Vorschlag ist nun Teil eines Gesetzentwurfs zu einer weitreichenden EU-Kraftstoffstrategie, welcher jetzt in den europäischen Gremien behandelt werden muss. Auf welcher technischen Grundlage die Entscheidung für den Typ 2 zustande kam, wird im Folgenden dargelegt.
Drei Systeme weltweit
Die Internationale Elektrotechnische Kommission (IEC) hat Ende 2011 den weltweiten Standard IEC 62196 für das Laden von Elektrofahrzeugen festgeschrieben. Teil 2 definiert insgesamt drei verschiedene Ladesteckvorrichtungstypen, die jedoch untereinander nicht kompatibel sind. Dies bedeutet, dass sich Länder respektive Regionen wie beispielsweise Europa auf möglichst eines dieser Ladesysteme verständigen sollten, um grenzenlose Elektromobilität zu ermöglichen:
Typ1: Hier handelt es sich um einen in Japan entwickelten Einphasen-Ladestecker ausschließlich für den fahrzeugseitigen Ladeanschluss. Die maximale Ladeleistung beträgt 7,4kW bei 230V AC. Typ1 bietet für die dreiphasigen europäischen Netze zu wenig Möglichkeiten.
Typ2: Der von Mennekes in Deutschland entwickelte Typ2 beherrscht alle relevanten Leistungsklassen weltweit: Von der einphasigen Wechselspannung im privaten Haushalt bis zum leistungsstarken dreiphasigen Anschluss mit 63A. Mit ihm können bei einer Anschlussspannung von 230V einphasig oder 400V dreiphasig Ladeleistungen von 3,7kW bis 43,5kW übertragen werden - bei identischer Steckergeometrie, die nicht größer ist als ein herkömmlicher 16-A-CEE-Stecker. Typ2 ist auch die Basis für die zurzeit im IEC-Normungsprozess befindliche Gleichstromladung im sogenannten „Combined Charging System“. Typ-2-Steckvorrichtungen können sowohl auf der Fahrzeug- als auch auf der Infrastrukturseite eingesetzt werden. Aufgrund der umfassenden elektronischen Sicherheitsarchitektur verzichtet Typ2 auf einen mechanischen Berührungsschutz in Ladestecker und -kupplung. Dadurch sind Ladesteckvorrichtungen vom Typ2 langlebig, robust und wartungsfrei.
Typ3: Diese Variante wurde in Italien entwickelt. Sie eignet sich bei einer Anschlussspannung von 230V einphasig oder 400V dreiphasig für Ladeleistungen von 3,7kW bis 43,5kW. Allerdings sind für die unterschiedlichen Leistungsstufen drei verschiedene Steckergeometrien erforderlich, die nicht miteinander kompatibel sind. Das System verfügt über einen filigranen mechanischen Berührungsschutz zu den Kontakten.
Die objektiv beste Lösung
Grundsätzlich erfüllen alle drei genormten Systeme die hohen Sicherheitsanforderungen für den Verbraucher. Die Spannung wird erst dann zugeschaltet, wenn das System erkannt hat, dass die Stecker fahrzeug- und infrastrukturseitig vollständig eingesteckt wurden, dass die Stecker mechanisch und elektronisch verriegelt sind und dass die Schutzleiterverbindung korrekt ist. Solange eine dieser Bedingungen nicht erfüllt ist, sind die Kontakte spannungsfrei. Dieses umfassende Sicherheitssystem macht zusätzliche mechanische Schutzeinrichtungen wie einen Berührungsschutz über die Fingersicherheit hinaus für die Kontakte überflüssig. Die Verbände BDEW, VDA, VDE und ZVEI haben Typ2 und Typ3 verglichen und sind auf ein eindeutiges Ergebnis gekommen: Typ2 ist die beste Lösung für Europa. Das System berücksichtigt ganzheitlich sowohl die Infrastruktur- als auch die Fahrzeugseite beim Ladeanschluss. Typ-2-Steckvorrichtungen eignen sich für den Einsatz im eisigen Norden Europas genauso wie im heißen Süden. Die robusten Stecker und Kupplungen benötigen keine beweglichen Teile, die durch Eis oder Staub blockiert werden können. Das Beschädigungsrisiko wird minimiert, und selbst ein Überfahren des Steckers stellt kein Risiko dar, da diese äußerst robust sind.Aufgrund nationaler Installationsgewohnheiten forderten einige Länder jedoch einen zusätzlichen mechanischen Berührungsschutz („Shutter“) nach IPXXD für Ladestationen im privaten Bereich. So bevorzugte zum Beispiel Frankreich Typ3, da dieser über den in einigen Ländern bei Haushaltssteckdosen üblichen erweiterten Berührungsschutz verfügt, in allen anderen Kriterien jedoch dem Typ2 unterlegen ist. Deshalb erschien eine gemeinsame Lösung für Europa schwierig.
Ausweg aus dem Dilemma
Um den Gewohnheiten in den Ländern mit Forderung nach einem zusätzlichen mechanischen Berührungsschutz nachzukommen, entwickelte Mennekes ein Add On zum Typ2. Dadurch entstand ein flexibles System, welches die Anforderungen aller europäischen Länder erfüllt: Dort, wo ein erweiterter Berührungsschutz nach IPXXD gefordert wird, kommt die Typ-2-Steckdose mit Shutter zum Einsatz, in den anderen Ländern lässt man den Shutter einfach weg. Ladesteckdosen Typ2 mit und ohne Shutter sind uneingeschränkt kompatibel und können mit dem gleichen Ladestecker oder -kabel benutzt werden. Die Steckdose Typ2 ohne Shutter ist für die meisten europäischen Länder geeignet: Sie erfüllt die Anforderungen an den Berührungsschutz IPXXB und entspricht damit der IEC 62196-2. Sie kann individuell in Ladestationen eingebaut werden.Die Steckdose Typ2 mit Shutter berücksichtigt die Installationsgewohnheiten in Ländern mit Shutterpflicht für Haushaltssteckdosen. Der Shutter sorgt für Berührungsschutz gemäß IPXXD. Da für die Shutter-Steckdose Typ2 die gleiche Basis wie für die Standard-Ausführung verwendet wird, bietet diese alle Vorteile der Standard-Version.
Lösung für Europa
Mit einer einzigen Steckergeometrie, die nicht größer als ein 16-A-CEE-Stecker ist, sind alle AC-Ladearten und Ladeleistungen bis 63A dreiphasig abgedeckt. Die Ladesteckvorrichtungen Typ2 ermöglichen die Ladung sowohl zu Hause an der konventionellen Schutzkontakt-Steckdose mit einem Ladekabel Mode 1 oder Mode 2 bis hin zu beschleunigten Ladungen an AC-Ladestationen mit bis zu 43,5kW AC. Mit dem Combined-Charging-System sind sogar Ladungen bis zu 70kW DC möglich.
Sicherheitskonzept für Typ2
Damit das Laden von Elektrofahrzeugen sicher und bequem erfolgen kann, bieten die Ladesteckvorrichtungen Typ2 ein mehrstufiges, redundantes Sicherheitskonzept. Hierzu gehören:
Wegfahrschutz: Ein eigener Stromkreis prüft, ob der Ladestecker angesteckt ist. Ein versehentliches oder nicht-autorisiertes Ausreißen des gesteckten Ladekabels ist ausgeschlossen.
Mechanischer Schutz: Der Ladestecker ist so ausgelegt, dass selbst das Überfahren des Steckers kein Risiko darstellt. Während Spannung anliegt, werden Stecker und Kupplung in der Ladestation beziehungsweise im Fahrzeug verriegelt.
Elektrischer Schutz: Ein zum Wegfahrschutz redundanter, zweiter Stromkreis prüft, ob der Ladestecker vollständig eingesteckt ist. Nur dann wird eine Ladespannung angelegt.
Fehlerstromschutz: Der aus Hausinstallationen bekannte Fehlerstromschutz wird ebenfalls genutzt.
Überlastungsschutz: Elektrische Widerstände in den Ladesteckern kodieren den zulässigen Einsatzbereich der Stecker.
Komponentenschutz: Eine intelligente Laderegelung ermittelt permanent den Strom- und Spannungsbedarf des Fahrzeugs und den Zustand der elektrischen Komponenten
Mit dieser umfassenden elektronischen Sicherheitsarchitektur benötigt Typ2 unter sicherheitstechnischen Aspekten keine beweglichen Teile, die verschleißen können. Der Verzicht auf bewegliche Teile erhöht Kundennutzen, Dauerfestigkeit und Wartungsfreiheit des Ladesteckers. Allein wegen der Installationsgewohnheiten in einigen Ländern gibt es Typ 2 auch mit einem mechanischen Shutter.Aufgrund der technisch und ökonomisch überzeugenderen Lösung fiel die Empfehlung der EU-Kommission zu Gunsten der von Mennekes entwickelten Ladesteckvorrichtungen Typ2 aus.