Am 1. Januar 2023 tritt in Deutschland das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ – kurz Lieferkettengesetz – in Kraft. Es verpflichtet Unternehmen mit Sitz in Deutschland mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden dazu, ihre Sorgfaltspflicht zum Schutz der Menschenrechte sowie von Umweltstandards einzuhalten.
Ausländische Unternehmen mit ihrem Hauptsitz in Deutschland fallen ebenfalls unter das Gesetz. Bei Verstößen gegen das Lieferkettengesetz drohen Unternehmen drastische Bußgelder in Höhe von bis zu acht Millionen Euro oder bis zu 2 Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes.
Junge Menschen wissen Bescheid
Die Annahme, dass sich junge Menschen nicht für Politik interessieren, scheint von gestern. Immerhin geben 32 Prozent der 18- bis 34-Jährigen an, schon davon gehört zu haben, dass ab 2023 Unternehmen dazu verpflichtet werden, Menschenrechte und Umweltstandards einzuhalten. Der Durchschnitt bei allen Befragten lag bei nur 27 Prozent. Doch wer glaubt, dass junge Erwachsene durch die Bank hinter dem Gesetz stehen, täuscht sich: jeder Dritte von ihnen kann der Idee hinter dem Gesetz wenig abgewinnen, das ist unter allen Befragten die größte Gruppe.
Verhaltene Zustimmung
Die meisten Menschen befürworten das Gesetz. Mehr als die Hälfte der Befragten findet es richtig, dass Unternehmen gesetzlich zu Umwelt- und Sozialstandards entlang ihrer Lieferketten verpflichtet werden, bezweifelt aber, dass diese Vorgaben auch wirklich so umgesetzt werden. Für ihre Zustimmung wird es also auf die konkrete Verwirklichung des Gesetzes ankommen.
17 Prozent der Menschen wiederum befürworten das Gesetz und sind sich gleichzeitig sicher, dass damit auch Produkte nachhaltiger produziert werden. 13 Prozent hingegen gehen eher davon aus, dass das Gesetz allein zu höheren Preisen führen wird, ohne die Bedingungen für das Klima und die Menschen am Ende der Herstellungskette zu verbessern.
Wunsch nach nachhaltigeren Produkten ist da
Mehr als 60 Prozent würden ein nachhaltigeres Produkt – im Vergleich zu einem gleichwertigen Produkt, welches ohne diese Standards produziert wurde – bevorzugen. Und die Mehrheit ist zudem dazu bereit, auch mehr dafür zu zahlen: fast 60 Prozent von ihnen würden die Produkte auch dann bevorzugen, wenn sie teurer wären. Nur 26 Prozent wollen zwar nachhaltiger einkaufen, sehen aber nicht ein, dafür tiefer in die Tasche zu greifen.
Transparenz durch Handy-App?
In der Industrie lässt sich die ökologische und soziale Nachhaltigkeit in der Lieferkette mit Apps nachverfolgen. Auch in der Breite könnten solche Tracking-Anwendungen möglich sein. In der Bevölkerung überzeugt die Idee nur teilweise.
Ob eine App, welche die geprüfte und erzielte Transparenz einer nachhaltigen Lieferkette bei einem Produkt anzeigt, das Vertrauen bezüglich eines Unternehmens ändern würde: dieser Idee stimmen nur 37 Prozent zu, während 41 Prozent skeptisch bleiben. Höchste Zustimmung liegt hier wieder bei den jungen Menschen: unter den 25- bis 34-Jährigen liegt sie bei 49 Prozent.
Ralf Dillmann, Partner bei BearingPoint und Experte für das Thema Lieferketten, erklärt: „Das Lieferkettengesetz kann für eine weitere Digitalisierung der Supply Chain und somit für mehr Transparenz in der gesamten Wertschöpfungskette von Produkten sorgen. Transparenz wiederum ist die Grundvoraussetzung, um die Lieferkette ökologischer, nachhaltiger, menschlicher und noch dazu effizienter zu machen. Aus der Datenbereitstellung der Lieferanten kann zudem auch ein gemeinsames digitales Ökosystem erwachsen, von dem alle Teilnehmer profitieren können. Somit liegt in dem neuen Gesetz ein großes Potenzial.“
„Allerdings legen unsere Umfrageergebnisse auch nahe, dass noch ein weit verbreitetes Misstrauen hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung und Einhaltung des Gesetzes besteht. Hier wird es nun darum gehen, das Gesetz fair, transparent, glaubwürdig, aber letztlich auch schlagkräftig umzusetzen“, resümiert Dillmann.