Smart Traffic & Mobility Liefern statt holen

11.09.2013

Um den Verkehr in der Innenstadt zu vermeiden, setzt eine Stadt in Belgien auf einen Online-Marktplatz, an dem sich lokale Geschäfte beteiligen können. Ein Vorteil für Verbraucher, Verkäufer und die Stadt.

Der größte Marktplatz Belgiens mit 3,2 Hektar befindet sich in der beschaulichen belgischen Stadt Sint-Niklaas mit 75.000 Einwohnern. Rund um den Platz, in einem Gewirr von vielen kleinen Gassen gibt es viele kleine Läden: Pralinerien, Bäckereien, Metzgereien. Dort kaufen die Menschen ein. Mit dem Auto. Um nun den Verkehr in der Innenstadt zu reduzieren, die CO 2-Emmissionen zu verringern und dennoch Einzelhandel, Kleingewerbe und Handwerk um die Stadt lebendig zu erhalten, haben die Verantwortlichen von Sint-Niklaas Planungen für eine „Smart City“ in Angriff genommen. Dafür wurden unter anderem Gebäude nach energetischen Gesichtspunkten betrachtet, die Telekommunikations-Infrastruktur auf Breitbandübertragung aufgerüstet - und der Verkehr in der Innenstadt sollte weniger werden. Dafür wurden Ladestationen für E-Bikes aufgebaut, neue Busverbindungen bringen die Einwohner direkt in die City. Zusätzlich gibt es unterschiedliche Carsharing-Modelle.

Autos raus aus der Innenstadt

Mit dem Projekt „InCityS“ sollen Fahrten für den gelegentlichen „kleinen“ Einkauf in die Innenstadt reduziert werden. Das funktioniert mit der Internet-Plattform Nuvonet. Dort bieten Unternehmen von der Apotheke über Bäckerei und Pralinerie, vom Bauernhof bis zum Metzger ihre Waren und Dienstleistungen an. Per Computer, Smartphone oder iPad werden auf der Nuvonet-Internetseite die Bestellungen für die Waren aufgegeben. Wer bis 13 Uhr bestellt, bekommt seine Ware noch am selben Abend. Um das Projekt zu realisieren, schlossen sich mehrere Unternehmen zusammen: der Logistiker Bpost, der belgische Energieversorger Electrabel, der System- und Hardwarelieferant Fifthplay und der örtliche Einzelhandel. Und nicht zuletzt bedurfte es vor allem der Akzeptanz der Bewohner von Sint-Niklaas. Geliefert wird die Ware via Kurier durch Bpost, die die leeren Boxen auch wieder mitnimmt. Ein besonderes Extra: Die Kühlkette von sieben Grad wird von der Abholung bis zur Lieferung nicht unterbrochen. Für den Einzelhändler ist die Nutzung des Systems kostenlos, für den Kunden betragen die Kosten für eine Lieferung (egal wie viele Boxen) 9,95 Euro. Die Mietgebühr und die Nutzung der Internetplattform werden kostenfrei von Fifthplay zur Verfügung gestellt.

Plus für Käufer und Verkäufer

Zu Beginn testeten 50 Einzelhändler und 275 Haushalte das System und waren so zufrieden, dass aus dem Pilotprojekt eine feste Einrichtung wurde. Mittlerweile werden rund 3600 Besucher pro Monat auf den Seiten gezählt. Mit durchschnittlich 329 Aufträgen werden monatlich Umsätze bis zu 2000Euro pro Unternehmen erwirtschaftet und durchschnittlich schließen sich bis zu zehn neue Einzelhändler und Dienstleister im Monat dem Projekt an. Teil des Systems ist die Hard- und Softwarelösung von Fifthplay. Dazu gehört ein kleiner Drucker, der direkt an der Ladentheke positioniert ist. Hier kommen die Bestellungen der Kunden an. Dieser ist für die Ladenbesitzer wichtig, da sie während des Betriebes keine Zeit haben, online zu gehen. So haben sie einen Ausdruck in der Hand, können die Bestellung zwischendurch bearbeiten und der Betrieb wird dadurch nicht gestört. Auf rund 500 Euro mehr an Umsatz pro Monat verweisen die Einzelhändler. Einige Kunden kommen auch zuerst einmal in den Laden, probieren das eine oder andere und bestellen dann via Nuvonet. Mit dem gut ausgebauten Busliniennetz können die Kunden direkt an den „Point of Sales“ fahren. Hier können sie riechen, schmecken, sich beraten lassen - ganz nach Belieben und ohne danach schwer mit Einkaufstüten beladen nach Hause eilen zu müssen.

Intelligente Integration

Integriert ist auf der Nuvonet-Seite auch das Krankenhaus von Sint-Niklaas. Hier können Patienten mit Hilfe von Telemedizin überwacht werden. Diabetes, Bluthochdruck, Gewichtskontrolle beispielsweise werden online vom Patienten zum Arzt übermittelt und sorgen somit für eine Verbesserung der ärztlichen Versorgung. Somit reduzieren sich deutlich Fahrten der Patienten zum Krankenhaus. Sint-Niklaas hat also die ersten Schritte in die Zukunft bereits realisiert: Belebung der Innenstadt bei einer Reduzierung des emmissionslastigen Verkehrs, eine Steigerung des Einzelhandels, mehr Gemeinschaftssinn in der Bevölkerung durch die gläserne Stadtpolitik, eine bessere ärztliche Versorgung sowie eine Informationsplattform, die das Miteinander fördert und nebenbei weitere Geschäftsbetriebe von der Dienstleistung bis zum Produzenten generiert. Electrabel nutzt diesen Kanal außerdem für Smart-Home-Produkte um das Thema Energieoptimierung im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern.

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