Bei besonders performanten PC-Systemen ist die ausreichende Kühlung der leistungsintensiven Komponenten meist eine der entscheidenden Herausforderungen. Während klassische Server in klimatisierten und sauberen Räumen betrieben werden, müssen PCs im industriellen Umfeld oft mit hohen Temperaturen und verstärkter Belastung durch Staub zurechtkommen. Um in beiden Fällen die nötige Kühlleistung erbringen zu können, sind leistungsstarke Lüfter erforderlich, die bei entsprechender Beanspruchung unter hoher Last arbeiten. Dadurch ergeben sich zwei grundsätzliche Probleme: je schneller sich ein Lüfter dreht, desto höher ist die Geräuschkulisse im Inneren des Rechners – die Drehung des Lüfters erzeugt einen Teil des Lärms und die Bewegung der Luftströme, sobald diese nicht ungehindert laufen können verursachen Zischen und Pfeifen. Zudem befördert ein unter hoher Last arbeitender Lüfter proportional mehr Staub in das Gehäuse, was auf lange Sicht zu einem gesteigerten Wartungsaufwand oder einem Kühlverfall des Systems führt.
Auf herkömmlichem Weg war die oben genannte Kundenanforderung für Inonet nicht umsetzbar: Um das System bei der spezifizierten Leistung zu kühlen, wäre eine aktive Belüftung nötig, die einerseits zu viel Lärm erzeugt, anderseits EMV-technisch nicht mehr zu bewältigen ist. Also begaben sich die Ingenieure ans Reißbrett und beschäftigten sich mit alternativen Ansätzen. Pate für den Thermal Tunnel waren dabei passiv gekühlte Embedded Systeme, deren leistungsintensive Komponenten mit Heatpipes zum Wärmeabtransport, an einen Kühlkörper angeschlossen werden. Sind in solchen Systemen zusätzlich SSDs verbaut, arbeiten die Rechner völlig geräuschlos.
Raus mit der Hitze
Um diesen Effekt auch in einem leistungsstarken Rackmount-PC zu nutzen, designten die Ingenieure den Thermal Tunnel – ein neuartiges Kühlkonzept, bei dem leistungsintensive Komponenten wie CPU und Grafikkarte mit Heatpipes einen durch das Gehäuse führenden Tunnel angeschlossen werden, um die dort entstehende Hitze direkt aus dem Chassis zu leiten. „Im Kern ging es uns darum, eine Isolation der Komponenten zu erreichen, die besonders viel Hitze erzeugen, um eine übermäßige Wärmeentwicklung im Gehäuse zu verhindern. Dazu haben wir unterschiedlichste Ansätze getestet und bestätigt, dass aus allen Lösungsansätzen, die gesonderte Ableitung von Hitze mit Heatpipes den gewünschten Effekt mit Abstand am besten liefert.“, sagt Zied Saadi, Systems Engineer bei Inonet.
Der Thermal Tunnel ist ein offener Durchgang durch den PC, in dessen Mitte sich ein gekapselter Lüfter befindet. Die durchströmende Luft kann ungehindert und ungefiltert durch den Klimatunnel befördert werden kann, wodurch ein hoher Luftdurchsatz bei minimaler Geräuschentwicklung möglich ist. Alle leistungsintensiven Komponenten werden über Heatpipes an den Tunnel angedockt. Über aufrüstbare Kühlrippen im Tunnel kann die Kühlleistung des Tunnels an die Verlustleistung der Komponenten angepasst werden. Da der Thermal Tunnel gegenüber dem Chassis undurchlässig ist, kann keinerlei Staub durch den Tunnel in das Gehäuseinnere gelangen, was den Wartungsaufwand des gesamten Systems erheblich reduziert.
Frische Luft für die Platte
Systeme mit Thermal Tunnel verfügen im Chassis über einen zusätzlichen konventionellen Lüfter, der kühle Luft von außen in das Gehäuse befördert. Da die „Hot-Spots“ CPU und GPU bereits durch den Klimatunnel gekühlt werden, kann der konventionelle Lüfter auf geringer Leistung laufen und so die übrigen, weniger leistungsintensiven Komponenten wie Festplatten belüften. Zwischen den Hot-Spots im Chassis und den übrigen Komponenten findet kein Hitzeaustausch mehr statt, da von dort die Temperatur bereits direkt über die Heatpipes abgeführt wird.
Bereits beim ersten Prototyp, den Inonet auf der SPS 2015 vorstellte, ließen sich beachtliche Messwerte verzeichnen. Das System, das mit einer leistungsstarken Intel Core i7 CPU der aktuellen 6. Generation und einer High-End Multiport Grafikkarte ausgestattet ist, lief um 10db leiser als ein gleichwertiger Rechner mit konventioneller Kühlung – das entspricht einem mehr als halbierten Schalldruck. Auch die Kühlleistung des Thermal Tunnels an CPU und GPU kann sich sehen lassen: bei Volllast lag die Wärmeentwicklung dort bei halbem Schalldruck um 15 °C niedriger als bei einem herkömmlich gekühlten System mit gleicher Leistung. Die kombinierte Kühlleistung von rund 600 W (500 W durch den Klimatunnel, 100 W durch den konventionellen Lüfter) reicht dabei noch aus, um bei gleichen Ergebnissen, zusätzlich eine weitere High-End Grafikkarte zu kühlen. In rechenintensiven Anwendungen wie der industriellen Bildverarbeitung findet ein solches System ideale Anwendung.
Auch für Automobilbranche
Für die Serienreife des Thermal Tunnels Anfang 2017 arbeiten die Ingenieure von Inonet daran, den Tunnel zu verkürzen. Dadurch wird die Kühllösung auch für kompaktere Systeme konfigurierbar. Für die Automobilbranche entwickelt Inonet aktuell einen Embedded-Rechner mit Serverleistung, der zur Datenerfassung und -auswertung in Testfahrzeugen eingesetzt wird. Durch Einsatz eines Thermal Tunnels in dem System kann der kompakte Rechner auch bei hohen Temperaturen im Fahrzeug ausreichend gekühlt werden.
Darüber hinaus hat die serienreife Generation des Klimatunnels zusätzliche Lamellen erhalten, wodurch weitere Heatpipes angeschlossen werden können. So kann eine größere Hitzelast an den Komponenten abgeführt, oder zusätzliche Komponenten mit Heatpipes an den Tunnel angeschlossen werden.