Seit den Anfängen von Sollas in den Fünfzigerjahren hat sich viel getan. In den letzten siebzig Jahren entwickelte sich das niederländische Unternehmen vom allgemeinen Maschinenbauer zum Spezialisten für Zellophan-Umhüllungen. Sein Spezialgebiet sind Maschinen für die Kosmetikbranche, die hochwertige Verpackungsboxen mit PP- und PE-Folie ummanteln. Fast 70 Prozent der Produkte, die die bekannten Kosmetikmarken in Zellophan verpacken, werden auf Sollas-Maschinen versiegelt. Dabei muss eine gleichmäßige Dichtheit und Spannung der Folie gewährleistet sein. Insbesondere bei quadratischen Schachteln ist das eine große Herausforderung.
Schnelle Maschinenanpassung
Doch die Anforderungen steigen: „Zunehmende Produktdiversifizierungen und die On-Demand-Produktion führen bei unseren Kunden zu kleineren Losgrößen von wenigen tausend Stück“, berichtet Dirk Verbeek, Manager Electrical Engineering bei Sollas. „Somit erfolgen mehrmals täglich Formatänderungen. Dieser Trend erforderte ein neues Maschinenkonzept.“ Dank ihrer kompakten Bauweise benötigen die Verpackungsmaschinen von Sollas eine Aufstellfläche von nur knapp zwei Quadratmetern. Dieser klare Platzvorteil durfte bei der automatisierten Lösung natürlich nicht verloren gehen. Die resultierende Gesamtanforderung an das Automatisierungssystem lautete also: Nicht nur schnell, sondern auch klein. „Wir begannen 2009 mit der Entwicklung einer neuen Umwicklungsmaschine, die innerhalb von zehn Minuten auf ein anderes Format umstellbar sein sollte. Das PowerDrive-System mit seinen fertigen Softwareblöcken hatten wir dafür schon früh in Betracht gezogen“, so Verbeek. „Doch unser damaliger Auftraggeber gab verbindlich die Positioniereinheiten eines anderen Anbieters vor.“
PowerDrive kommt ins Spiel
Im Jahr 2016 entschied das Unternehmen, das PowerDrive-System in einer weiter optimierten Verpackungsmaschine einzusetzen. Im selben Zeitraum hatte Lenord+Bauer gerade den GEL 6109 vorgestellt. Dieser Stellantrieb ermöglicht es Sollas, bis zu elf verschiedene Achsen zu automatisieren. „Basierend auf unserer Anfrage nach einer kompakteren Positioniereinheit hatte Lenord+Bauer eine konkrete Lösung entwickelt“, berichtet Verbeek weiter.
Der PowerDrive ist eine mechatronische Einheit aus einem Brushless-DC-Motor, einem 32-Bit-Mikroprozessor, einer kompakten Endstufe und einem leistungsfähigen Getriebe. Außerdem ist ein magnetisch-absoluter Multiturngeber integriert. Er sorgt dafür, dass der Stellantrieb ohne Referenzfahrt sofort nach dem Einschalten einsatzbereit ist. Der PowerDrive lässt sich in beliebigen Einbaulagen montieren. Eine dezentrale Kommunikationseinheit, die PowerDrive-Box, regelt das Powermanagement der Stellantriebe und bildet die Basis für die Leistungsversorgung und Kommunikation zu den PowerDrives mit nur einem Kabel. Alle gängigen Feldbus-Schnittstellen sind verfügbar. Sie werden durch Funktionsbausteine unterstützt, was die Integration in die Maschine vereinfacht. Sollas nutzt den vollen Funktionsumfang der Softwareblöcke: „Wir haben eine eigene Schnittstellensoftware zur Berechnung von Längen und Positionen entwickelt. Abgesehen von wenigen Rückfragen an Lenord+Bauer war das System selbsterklärend.“
Signifikante Zeitersparnis
Die geringe Größe des Stellantriebs war jedoch nicht das einzige Entscheidungskriterium: „Die BLDC-Motoren des PowerDrives liefern ein konstantes Drehmoment, unabhängig von der Drehzahl des Motors. Das ist eine wesentliche Weiterentwicklung im Vergleich zu den Schrittmotoren, die wir in der Vergangenheit eingesetzt haben“, erzählt Verbeek. Dank dieser Neuerung konnte Sollas die Positionsregelung optimieren. Außerdem sind die neuen Antriebe schneller und leiser, was dem Bediener der Anlage zugutekommt.
Dank all dieser Neuerungen kann die mit dem PowerDrive-System ausgestattete FSX-Linie bis zu 120 Schachteln pro Minute versiegeln. Die Hochgeschwindigkeits-Verpackungsmaschine ummantelt Boxen aller Art und Größen. Dabei liegt die Umrüstzeit bei weniger als sieben Minuten. Das spart wertvolle Produktionszeit.
Zusätzlich lassen sich mit dem PowerDrive-System nun auch modulare Maschinenkonzepte einfacher realisieren. Dieser Punkt ist für Sollas besonders wichtig, da viele Maschinen nach individuellen Kundenwünschen entwickelt werden.
Branchenübergreifender Bedarf
Bei der Neuausrüstung seiner Maschinen arbeitete Sollas nicht nur mit dem Oberhausener Unternehmen Lenord+Bauer, sondern auch mit dessen niederländischem Vertriebspartner tsb-bescom zusammen. „Beide Firmen waren sehr gut darin, das Projekt aus einer Kundenperspektive zu sehen. Der Umstellungsprozess hat reibungslos funktioniert“, sagt Verbeek. Beim Verkaufsstart der neuen Maschinenlinie gab es indes eine handfeste Überraschung: Die schnellere Verpackungsmaschine ist offenbar nicht nur für die Kosmetikindustrie interessant! „Der erste Kunde war ein Tabakproduzent. Wir sehen branchenübergreifend einen wachsenden Bedarf an schnellen Maschinenumrüstungen“, zieht Verbeek sein Fazit.