Muting-Prozesse Sicher dank Lichtvorhang

Bislang waren für die temporäre Überbrückung von Schutzfeldern Muting-Sensoren erforderlich.

Bild: iStock, gmutlu
11.12.2016

Den sicheren Transport von Fördergütern durch sensible Zonen ermöglichen Muting-Prozesse. Mit einem neu entwickelten Verfahren benötigen sie nur noch wenig Platz: Ein Schutzfeld kann überquert werden, ohne dass Muting-Sensoren eingesetzt werden müssen.

Bislang waren für die temporäre Überbrückung von Schutzfeldern Muting-Sensoren erforderlich. Diese erkennen die Annäherung von Fördergut an ein Schutzfeld, sodass dieses zur Durchfahrt überbrückt werden kann. Zugleich verhindert eine entsprechende Sensoren-Anordnung den Zugang für Personen. Vor allem in der Intralogistik sowie der Automobil- und Verpackungsindustrie sind Muting-Lösungen im Einsatz. Auf Basis der Type 4-Sicherheitslichtvorhänge der Baureihe MLC 500 hat Optoelektronikanbieter Leuze Electronic nun das Smart Process Gating-Verfahren (SPG) entwickelt. Es verzichtet komplett auf Muting-Sensoren. Beim SPG kommt das erste Gating-Signal von der Anlagensteuerung (SPS), während das zweite bei der Unterbrechung des Schutzfeldes vom Sicherheitslichtvorhang selbst erzeugt wird. SPG setzt Kenntnis über die Position des Förderguts voraus, damit die nötigen SPS-Steuersignale im richtigen Zeitfenster am Sicherheitslichtvorhang vorliegen.

Das ist gefordert

Die Integration einer SPG-Anwendung in eine Anlage ist sicherheitstechnisch als Systemlösung zu betrachten. Sie entsteht im Zusammenspiel von Sicherheitslichtvorhang, Anlagensteuerung und gegebenenfalls mechanischen Elementen. Hierzu braucht der Anlagenbauer Erfahrung im Safety-Design, da er beispielsweise die Gating-Sequenz in der SPS programmiert und die Sicherheitssystemlösung selbst erstellt. Er trägt die Verantwortung für die Umsetzung des Gesamtsystems. Daher ist des wichtig, bei einer SPG-Installation die sicherheitstechnisch notwendigen Anforderungen zu berücksichtigen, welche in den jeweiligen Anleitungen beschrieben sind. Zentral ist hier die Kenntnis der aktuellen Position des Transportgutes durch die Anlagensteuerung (SPS). Die SPS muss wissen, wann das Schutzfeld vom Transportgut erreicht oder verlassen wird, um nötige Steuersignale zum richtigen Zeitpunkt an den Sicherheitslichtvorhang zu senden. Kenntnis über die Position lässt sich beispielsweise mit aktiven Transportbändern erreichen. Dies ist notwendig, da zum Beispiel das Schutzfeld innerhalb von vier Sekunden nach Anliegen des SPS-Steuersignal unterbrochen werden muss. Zudem sind zwischen Transportgut und Lichtvorhang maximal 200 mm Abstand beim Ein- und Ausfahren zulässig, solange eine Gating-Sequenz aktiv ist.

Während des gesamten Ablaufs der Überbrückungsfunktion muss ein Synchronisationsstrahl, also der erste oder letzte Strahl, frei bleiben. Im Betrieb ist ein automatischer Anlauf/Wiederanlauf ausgeschlossen – das System darf nur mit einer Wiederanlaufsperre betrieben werden, wie sie auch im MLC 530 SPG integriert ist. Das erreichbare Performance-Level der Lösung ergibt sich aus der verwendeten Anlagensteuerung.

So funktioniert's

Um die Schutzeinrichtung während der Durchfahrt von Transportgütern zu unterbrechen, wird beim Smart Process Gating kurz vor der Einfahrt in das Schutzfeld ein Signal von der Prozesssteuerung (SPS) an den Sicherheitslichtvorhang gesandt. Der Zeitpunkt muss so eingestellt sein, dass sich das Transportgut näher als 200 mm vor dem Schutzfeld befindet, um das Durchschlüpfen von Personen auszuschließen. Der Sicherheitslichtvorhang erzeugt bei der Einfahrt in das Schutzfeld das zweite Signal und überbrückt das Schutzfeld. Es sind so mindestens zwei unabhängige Steuersignale zur Aktivierung der Überbrückungsfunktion nötig: Ein Schaltsignal CS (Controller-Signal) von der Prozesssteuerung (SPS) und eine vom Transportgut erzeugte Unterbrechung des Schutzfelds (PFI).

Grundprinzip des Signalverlaufs

Die Anlagensteuerung (SPS) sendet ein Schaltsignal (CS) an den Sicherheitslichtvorhang, wobei der beschriebene Abstand Fördergut zum Lichtvorhang von 200 mm einzuhalten ist. Die Einfahrt in das Schutzfeld muss dann in unter vier Sekunden erfolgen. Bei Einfahrt erzeugt der Sicherheitslichtvorhang das zweite Signal (PFI) und überbrückt das Schutzfeld während der Durchfahrt des Transportgutes (Gating). In der Basiskonfiguration muss die Durchfahrt in weniger als zehn Minuten erfolgen, ansonsten geht der Empfänger des Sicherheitslichtvorhangs in den Verriegelungszustand.

Eine Timeout-Verlängerung von bis zu 100 Stunden kann konfiguriert werden, um zum Beispiel Stillstände während eines Schichtwechsels oder über ein Wochenende ohne Verriegelung der Abläufe zuzulassen. Beim Ausfahren des Transportgutes aus dem Schutzfeld setzt der Sicherheitslichtvorhang das von ihm erzeugte Signal (PFI) zurück, sobald das Transportgut das Schutzfeld verlässt. Abhängig von der gewählten Betriebsart wird das Schutzfeld dann nach ein oder zwei Sekunden vom Sicherheitslichtvorhang wieder aktiviert. Das Transportgut darf sich bis dahin nicht weiter als 200 mm vom Schutzfeld entfernt haben.

Unterschiedliche Fördergeschwindigkeiten

Der Sicherheitslichtvorhang MLC 530 SPG kann in zwei Betriebsarten eingesetzt werden. Eine ist für Geschwindigkeiten bis maximal 0,6 m/s vorgesehen und kommt vor allem bei Anwendungen im Intralogistik-Bereich zum Einsatz. Filterzeiten von bis zu einer Sekunde erlauben auch Lücken im Transportgut, die etwa bei der Beladung einer Palette entstehen können. Auch hier muss sichergestellt werden, dass nach dem Verlassen des Schutzfeldes keine Lücke entsteht, die größer als 200 mm ist, um das Eindringen von Personen zu verhindern. Dies kann durch Verwendung eines zweiten Steuersignals geschehen, welches das Gating innerhalb von 0,1 s aktiv beendet.

Eine weitere Betriebsart ist auf geringere Fördergeschwindigkeiten unter 0,2 m/s optimiert, wie sie zum Beispiel im Automotive-Umfeld auftreten. Diese Betriebsart ermöglicht, eine eingeleitete SPG-Sequenz binnen 4 s gezielt zu unterbrechen (qualifizierter Stopp) und dann neu zu starten. So kann das System ohne Unterbrechung weiterbetrieben werden, falls der Förderprozess innerhalb der 4 s angehalten wurde. Diese Betriebsart erfordert eine Sicherheits-SPS mit zwei Signalen und antivalenten Signalflanken, die die SPS-Gating-Sequenz einleiten und auch den qualifizierten Stopp und Neustart steuern.

Beim Smart Processing Gate muss ein Synchronisationsstrahl, also der oberste oder unterste Strahl des Sicherheitslichtvorhangs, während des gesamten Ablaufs verbunden bleiben. Entweder ist dabei das Schutzfeld höher als das Transportgut, sodass der oberste Strahl als Synchronisationsstrahl dient. Dabei ist das gesamte Schutzfeld über der Förderstrecke angeordnet. Eine zweite Möglichkeit: Der Synchronisationsstrahl läuft unter der Förderstrecke. Die Strahlen des Sicherheitslichtvorhangs werden dabei jedoch zum Teil von der Förderstrecke unterbrochen. Hier ist es nötig, die unterbrochenen Strahlen „auszublenden“. Dazu verfügt der MLC 530 SPG über die Funktion „feste Strahlausblendung mit 1 Strahl Toleranz“.

Bildergalerie

  • Funktionsprinzip des Smart Process Gating im Überblick

    Funktionsprinzip des Smart Process Gating im Überblick

    Bild: Leuze

  • Signalverlauf mit Standard-SPS bei Durchfahrt des Transportgutes durch das Schutzfeld

    Signalverlauf mit Standard-SPS bei Durchfahrt des Transportgutes durch das Schutzfeld

    Bild: Leuze

  • Synchronisationsstrahl – erster oder letzter Strahl

    Synchronisationsstrahl – erster oder letzter Strahl

    Bild: Leuze

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