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Kanalloses Verdrahtungssystem Nachhaltiges Klimamanagement

Friedrich Lütze GmbH

Zu sehen ist ein nach thermischen Gesichtspunkten optimierter Schaltschrank aus der Automobilindustrie.

Bild: Lütze
26.09.2018

Die herkömmliche Schaltschrankverdrahtung mittels Montagetafel verhindert durch die eingesetzten Kabelkanäle und die hohe Packungsdichte eine freie Luftzirkulation im Schaltschrank. Ein neues System setzt nun auf einen ganzheitlichen Ansatz und sorgt dank Simulator schon während der Projektierung für die thermische Optimierung der Komponenten.

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Bereits in den frühen 1970er-Jahren beschäftigte sich der Erfinder Friedrich Lütze mit der Herausforderung, dem Anwender im Schaltschrank eine besonders platzsparende Lösung zur Verdrahtung der Komponenten anzubieten. Das dabei geschaffene kanallose Verdrahtungssystem entwickelte sich im Laufe der Jahre stetig weiter, beispielsweise in der Tiefe durch die Drahtführung über Bügel oder über abgerundete Steg-Profile, die eine besonders große Steifigkeit und Stabilität aufweisen. Auch in jüngster Vergangenheit wurden viele mechanische Komponenten des Lütze-Systems noch weiterentwickelt. So wurden etwa Befestigungskomponenten, wie Rangierstege in der Stabilität verbessert oder auch neue Kammsegmente zur einfacheren Verdrahtung bereitgestellt.

Forschung zum thermischen Verhalten

Das mittlerweile verfügbare Airstream-Gesamtsystem beinhaltet darüber hinaus nicht nur die erwähnten mechanischen Weiterentwicklungen, sondern auch Ergebnisse intensiver Forschungsarbeit, welche Lütze gemeinsam mit dem Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik an der Universität Stuttgart betrieb und weiterhin betreibt. Dabei sind bei Forschungsprojekten zum Thema „Thermisches Verhalten im Schaltschrank“ zahlreiche Erkenntnisse aus Theorie und Praxis zusammengeführt worden. Außerdem hat man so neue Ideen für ein optimiertes und ausgeglichenes Schaltschrankklima umsetzen können.

Aus diesen Projekten entstand beispielsweise die Airblower-Lüftereinheit, welche im Zusammenspiel mit den Airblade-Luftleitblechen für ein homogenisiertes Klima im Schaltschrank sorgt und die Gefahr von Hot Spots verringert. Auch das online frei zugängliche Berechnungstool Airtemp, welches deutlich mehr Informationen über das thermische Verhalten im Schrank zur Verfügung stellen kann als herkömmliche Anwendungen, resultiert aus dieser intensiv betriebenen Forschung.

Somit steht mittlerweile ein Komplettsystem zur Verfügung. Dieses macht, beginnend mit dem Thema Platzersparnis, der modularen Bauweise und der Verdrahtungsfreundlichkeit über einer Erhöhung der Lebenszeit der Bauteile bis hin zu einem nachhaltigen Klimamanagement durch den Einsatz des Airblower, erstmals eine ganzheitliche Betrachtung des Schaltschrankes möglich.

Klimamanagement in der Praxis

Immer wieder kommt es in Fertigungsanlagen in der Industrie zu teuren Stillstandzeiten. Ein Grund hierfür sind Komponenten, die durch zu hohe Temperaturbelastungen ausfallen oder gar zerstört werden. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle, unter anderem die Packungsdichte oder die Platzierung speziell der temperaturempfindlichen Komponenten und natürlich auch die richtige Klimatisierung des Schaltschrankes.

Um diese thermisch bedingten Stillstandzeiten zu verhindern, müssen bereits am Beginn der Planungen alle wichtigen Punkte zu den technischen und örtlichen Gegebenheiten detailliert erfasst und ausgewertet werden. Dazu gehören Informationen, wie zum Beispiel:

  • der Aufstellort der Anlage und gegebenenfalls vorherrschende höhere Umgebungstemperaturen

  • Ausfallzeiten von Bestandsanlagen und Bauteilen

  • Einsatz von Bauteilen

  • allgemeine örtliche Gegebenheiten

  • Platzbedarf der Anlage

  • Anforderungen hinsichtlich der Reduktion von Energiekosten

Beispiel Automobilindustrie

Ein konkretes Fallbeispiel aus dem Automobilbau zeigt eindrücklich die Erfahrungen aus der Praxis an einer solchen Anlage: Der Hersteller, KLN Ultraschall, ist ein Spezialist für Planung und Bau von Anlagen im Bereich der Kunststoffverbindungstechnik. KLN konzentriert sich dabei auf die fünf Hauptverfahren Ultraschallschweißen, Vibrationsschweißen, Heizelementschweißen, Rotationsschweißen sowie thermische Verfahren. Das Unternehmen mit Sitz in Heppenheim, Südhessen, gehört zur international tätigen Crest Ultrasonics in Trenton, New Jersey / USA. Am deutschen Standort sind derzeit rund 200 Mitarbeiter beschäftigt. Ein Großteil der Kundschaft sind Endkunden aus der Automobilindustrie.

Für die Lieferung einer Ultraschallschweißanlage, die in der Herstellung von Kraftstoffbehältern für PKWs vorgesehen war, sollten dabei – nach Vorgabe des Endkunden aus Wolfsburg – die Schaltschränke mit dem Verdrahtungssystem Airstream von Lütze aufgebaut werden. Zum Systemgedanken gehört die ausführliche Beratung mit dem Ziel, ein optimiertes Schaltschrankklima herzustellen. Auf diese Weise sind auch Anwender mit wenig Airstream-Erfahrung von Anfang an in der Lage, alle thermischen Vorteile des Systems voll auszuschöpfen. Im konkreten Fall wurde KLN so schon sehr früh bei der Schaltschrankplanung unterstützt.

Platzgewinn im Schaltschrank

Unter den Gesichtspunkten der Funktionalität aber auch der Wärmeentwicklung sollten insbesondere Komponenten mit großer Verlustwärme so platziert werden, dass eine gegenseitige Erwärmung der Bauteile möglichst vermieden wird. Durch den Wegfall der Kabelkanäle verfügt das Schaltschrankverdrahtungssystem Airstream über ein Raumgewinnpotential von rund 30 Prozent gegenüber der herkömmlichen Montagetafel. Dies schafft jede Menge Spielraum beim Schaltschrankaufbau hinsichtlich der thermisch optimierten Platzierung der Bauteile. Im konkreten Fall musste außerdem die Höhe der Schaltschränke aufgrund der baulichen Gegebenheiten vor Ort von 2000 mm auf 1.800 mm verringert werden. Das stellte durch den Wegfall der Kabelkanäle bei Airstream aber ebenfalls kein Problem dar.

Planung und Simulation

Die Planung der Verdrahtungsrahmen erfolgte mit dem online verfügbaren Airstream-Konfigurator. Dieser beinhaltet alle für den Rahmenaufbau notwendigen Standardkomponenten, was eine schnelle Umsetzung der Zeichnung ermöglichte. Danach wurden für die insgesamt sechs Schaltschränke mithilfe von Airtemp die zu erwartenden Innentemperaturen ermittelt. Aufgrund der vom Endkunden vorgegebenen hohen Umgebungstemperatur von bis zu 45 °C war schnell klar, dass die Verwendung von Klimageräten unumgänglich sein würde. Zur optimalen Abführung von Verlustwärme über das Schaltschrankgehäuse wurde jedoch zusätzlich in jedem Schrank ein Airblower-Lüfter eingeplant.

Wärmenester werden aufgelöst

Der Airblower ist eine Lüftereinheit, die in Kombination mit dem Schaltschrankverdrahtungssystem Airstream genutzt werden kann. Das System verfügt konstruktionsbedingt auf der Vorderseite über eine Komponentenebene und auf der Rückseite über eine Verdrahtungsebene. Der Lüfter wird möglichst weit oben im Rahmen auf der Rückseite montiert. Mit einem Luftvolumen von mehr als 500 m3/h drückt er die warme Luft nach unten. Anschließend steigt diese auf der Vorderseite wieder nach oben. Dabei wird über die Wände des Schaltschrankes permanent Temperatur nach außen abgegeben. Innerhalb weniger Minuten entsteht so ein homogenes Schaltschrankklima, Wärmenester werden auf diese Weise aufgelöst.

In den Schaltschränken der Schweißanlage wurde darüber hinaus mit Airblade-Luftleitblechen punktuell Luft aus dem Luftstrom von hinten nach vorne gebracht, um so die Temperatur an Geräten mit hoher Wärmeentwicklung zusätzlich zu reduzieren.

Geringe Verlustleistung

Durch den Einsatz des Airstream-Systems konnte die Anzahl und Leistung der Klimageräte auf ein Minimum reduziert werden. Der Airblower selbst verfügt dabei nur über eine geringe Verlustleistung von 15 W. Nachdem die Anlage beim Endkunden installiert und in Betrieb genommen ist, wird im nächsten Schritt noch das Monitoring der Schaltschranktemperaturen unter Einbeziehung der Laufzeiten von Klimageräten und Airblower umgesetzt. Ziel ist es, künftig Erfahrungen für weitere Optimierungen zu sammeln.

Bildergalerie

  • Ein Wärmesensor (Bildmitte) dient zur Steuerung des Airblower-Schaltschranklüfters.

    Ein Wärmesensor (Bildmitte) dient zur Steuerung des Airblower-Schaltschranklüfters.

    Bild: Lütze

  • Verdrahtung ohne Kabelkanäle für eine freie Luftzirkulation

    Verdrahtung ohne Kabelkanäle für eine freie Luftzirkulation

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