Im Zentrum des Forschungsbereichs Neuro-mechanistische Modellierung steht die Frage, wie man etabliertes Wissen mit datengetriebenen, lernenden KI-Methoden kombinieren kann. Da solches Wissen häufig in Form sogenannter mechanistischer Modelle vorliegt, verfolgt der Forschungsbereich hybride Ansätze, in denen sich mechanistische und neuronal-basierte Modelle ergänzen.
KI-Verfahren erweitern
In den zugehörigen Forschungsprojekten sollen Lösungen für Probleme erarbeitet werden, die sowohl die hohe Modellkomplexität neuronaler Netze als auch die Integration mechanistischer Beschreibungen erfordern oder von den kombinierten Vorteilen besonders profitieren.
So erlauben neuro-mechanistische Modelle im Gegensatz zu rein neuronalen Modellen nicht nur die Integration von Domänenwissen, sondern können auch dann sehr gute Ergebnisse erzielen, wenn nur moderate Datenmengen zur Verfügung stehen – was zum Beispiel in den Lebenswissenschaften häufig der Fall ist. Darüber hinaus sind sie auch leichter interpretierbar und lassen sich besser für unbekannte Eingaben verallgemeinern.
„Im neuen Forschungsbereich möchten wir das Potential KI-basierter Verfahren auf Bereiche erweitern, deren Datenmengen für bestehende KI-Methoden nicht ausreichen. Häufig ist die Erhebung von Daten sehr aufwendig und teuer oder auch unmöglich. Dort können wir durch eine Kombination aus KI und traditioneller mathematischer Modellierung neue computergestützte Lösungen bereitstellen. Durch die Integration von bestehendem Domänenwissen liefern diese auch bei geringer Datenmenge sehr gute Ergebnisse und sind besser interpretierbar“, erläutert Prof. Dr. Verena Wolf, Professorin für Informatik an der Universität des Saarlandes und Leiterin des neuen Forschungsbereiches.
Prof. Dr. Antonio Krüger, CEO und Leiter des Forschungsbereichs Kognitive Assistenzsysteme ergänzt: „Das DFKI setzt vermehrt auf hybride KI-Systeme, die Methoden, die auf explizit vorliegendem Wissen basieren, mit statistischen Verfahren wie klassisches maschinelles Lernen und Deep Learning kombinieren. Die neuro-mechanistischen Ansätze sind dafür ein sehr wichtiger Baustein und stärken die DFKI-Kompetenz im allgemeineren Bereich der neuro-expliziten KI.“
Komplexe Datenmuster erkennen
Modelle des datengetriebenen Lernens, insbesondere künstliche neuronale Netze, können sehr komplexe Datenmuster automatisiert und in Echtzeit erkennen und zur Lösung von Regressions- oder Klassifikationsproblemen genutzt werden. Das Training der neuronalen Modelle benötigt allerdings sehr große Datenmengen, in denen Weltwissen nur implizit enthalten ist, sodass die situative Adäquatheit der Ergebnisse vom Anwender kaum explizit nachvollzogen werden kann.
Mathematische Modelle für computergestützte Simulation wiederum spielen bei Forschung und dem darauf aufbauenden technologischen Fortschritt eine fundamentale Rolle, weil Simulationen es erlauben, mechanistische Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten zu entdecken. Die Anwendbarkeit der Erkenntnisse aus solchen Simulationen ist jedoch beschränkt, weil man in den Modellen viele stark vereinfachende Annahmen machen muss.
Ein hybrider Ansatz verbindet die Vorteile und liefert nicht nur für Probleme in den Lebenswissenschaften gute Resultate, sondern auch für komplexe artifizielle Systeme wie dynamische und hochflexible Industrie-4.0-Fertigungsprozesse.