Tier- und umweltfreundliche Landwirtschaft Neuer Stallboden senkt klimaschädliche Emissionen in Kuhställen

Franziska Maria Wieneke im Kuhstall des Gutes Dummerstorf: Die Studentin schreibt ihre Masterarbeit zum Thema Nutztierwissenschaften.

Bild: Dr. Jörg Burgstaler, Universität Rostock
03.08.2021

Das Gut Dummerstorf im Landkreis Rostock gehört zu den wenigen Milchviehbetrieben, in denen emissionsmindernde Bodenbeläge und der Einsatz eines neuartigen Entmistungssystems getestet werden. Die Maßnahmen wirken sich nicht nur positiv auf die Umwelt, sondern auch auf die Gesundheit der Kühe aus.

Bis 2030 sollen die Emissionen in der Landwirtschaft um 30 Prozent sinken. Einen Beitrag leisten nun Forscher aus Rostock: Sie arbeiten an einem neuen Stallboden für Kühe, der die Ammoniak-Emissionen in Kuhställen um mehr als 45 Prozent reduzieren soll. Ausgereift ist die Idee im Verfahrenslabor von Dr. Jörg Burgstaler, kommissarischer Leiter der Professur Agrartechnologie und Verfahrenstechnik an der Universität Rostock.

Lucas Pieper, Betriebsleiter des Gutes Dummerstorf, der ebenfalls an der Universität Rostock Agrarwissenschaften studierte und seinen Masterabschluss im Studiengang Pflanzenproduktion und Umwelt hat, verspricht sich viel von dem Forschungsprojekt. „Es soll nicht nur dem Umweltschutz, sondern auch dem Tierwohl dienen“, sagt der 31-Jährige. „Die Kühe haben es durch den neuen Boden trockener und viel mehr Trittsicherheit. Das verbessert auch die Klauengesundheit.“

Weniger Ammoniak im Stall

Die Weiterentwicklung ist im sogenannten Energie-Campus der Uni Rostock gebündelt. Hier werden unter der Leitung von Burgstaler in Zusammenarbeit mit Dr. Denny Wiedow und kleineren Unternehmen aus Mecklenburg-Vorpommern Lösungen entwickelt, die der Umwelt dienen. Burgstaler formuliert: „Wir wollen dem Zielkonflikt zwischen Umwelt- und Tierschutz gerecht werden.“

Der neue Fußboden verfügt neben Quer- und Längsrillen weitere patentrechtlich geschützte Elemente, die dafür sorgen, dass der Harn der Kühe schnell abtransportiert und weniger Ammoniak in die Umgebungsluft abgegeben wird. Dem Geruchsempfinden nach zu urteilen, mit Erfolg: Im Stall ist bereits weniger Ammoniak in der Luft spürbar. Wie viel weniger genau, untersuchen Studenten im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Arbeit zunächst an dem noch nicht modifizierten Stallboden.

Zu ihnen gehört auch Franziska Maria Wieneke. Sie studiert im vierten Mastersemester Nutztierwissenschaften und schreibt ihre Masterarbeit zu diesem Thema. „Meine Leidenschaft liegt in der Landwirtschaft bei den Kühen“, sagt sie. „Es ist ein praxisnahes und brandaktuelles Thema, das für die Landwirtschaft interessant ist.“ Ihr sei beim Studium wichtig, einen Praxisbezug neben der Lehre in der Universität herzustellen. Nach ihrem Masterabschluss will die junge Frau in der Rinderberatung arbeiten und in Mecklenburg-Vorpommern bleiben.

Gasmesssensoren und Ampelsystem

Gegenwärtig ist Wieneke eine von mehreren jungen Forschern, die die Umgebungsluft im Stall messen. In der zukünftigen Ausgestaltung soll die Messtechnik dabei aktiv über ein Regelungsschema eingreifen.

„Das ist wie ein Ampelsystem“, erklärt Burgstaler. Bei Grün seien die Emissionen niedrig, ansteigend werde durch Gelb signalisiert und bei zu hohen Emissionen zeige die Ampel Rot. Daraufhin wird aktiv in das Emissionsgeschehen eingegriffen.

Durch den Einsatz von Gasmesssensoren lässt sich die aktive Ammoniakemissionsbelastung im Stall sowie in Bodennähe erfassen. Anhand definierter Grenzwerte und emissionsbestimmender Faktoren werden durch Messung der Temperatur und Verdunstungsrate die flüssigen Ammoniak-Hemmstoffe über den Stallfußboden in die Urinablaufrinnen appliziert. Die Steuerung und Kontrolle soll dabei zukünftig per App erfolgen.

Attraktivität von Agrar- und Umweltingenieurwissenschaften

„Das Verbundprojekt ,Emissionsminderung in der Nutztierhaltung‘ (EmiMin) startete im Frühjahr 2021 im Teilprojekt 5: ,Emissionsarme planbefestigte Böden in der Milchviehhaltung‘“, berichtet Burgstaler. Forschungspartner der Universität Rostock ist das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) in Potsdam-Bornim. Ebenfalls beteiligt sind die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei (LfA) sowie das A.F.E.R.-Institut.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern unterstützt die Forschungen des Energie-Campus mit 180.000 Euro. Burgstaler: „Das versetzt uns in die Lage, durch geeignete Aktivitäten, wie den Transfer von aktuellen Forschungsergebnissen in den Bereich der Aus- und Erwachsenenbildung an Schulen sowie Hochschulen, die Attraktivität der Agrar- und Umweltingenieurwissenschaften in Mecklenburg-Vorpommern zu stärken.“

Weiter sollen mit der Förderung vermarktungsfähige Produkte für aktuelle gesellschaftspolitische Themen etabliert werden, wie Burgstaler ergänzt. Dazu zählen beispielsweise die Verbesserung des Tierwohls sowie die damit einhergehende Emissionsreduktion von Wirtschaftsdüngern aus der Tierhaltung.

Bildergalerie

  • Dr. Jörg Burgstaler im Labor: Der gebürtige Schweriner leitet die Professur Agrartechnologie und Verfahrenstechnik an der Universität Rostock.

    Dr. Jörg Burgstaler im Labor: Der gebürtige Schweriner leitet die Professur Agrartechnologie und Verfahrenstechnik an der Universität Rostock.

    Bild: Julia Tetzke, Universität Rostock

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