„Wenn sich die USA nicht bewegen, sind wir dazu bereit, die Verhandlungen zu TTIP abzubrechen!“ Mit diesen scharfen Worten trat der französische Außenhandels-Staatssekretärs Matthias Fekl vergangene Woche in Berlin vor die Presse. Was genau den Regierungsvertreter in Rage bringt, sind zwei Dinge. Zum einen wollten die USA „die ganze Welt liberalisieren“, seien jedoch nicht bereit, dies auch in ihrem eigenen Land zuzulassen. Die EU-Kommission solle daher nicht „um jeden Preis einen Vertrag unterschreiben“. Zum anderen nervt den Franzosen der Stil der Verhandlungen: Europäische Abgeordnete können nur unter erschwerten Bedingungen den Verhandlungstext in gesicherten Räumen in der US-Botschaft einsehen. Die US-amerikanischen Kollegen hätten dagegen nicht nur einfacheren Zugang zum Vertragswerk, sondern könnten zum Teil sogar direkt an den Verhandlungen teilnehmen.
Fekl forderte die amerikanische Seite auf, bei der nächsten Verhandlungsrunde, die Mitte Oktober stattfindet, ihren Willen zu Verhandlungen zu demonstrieren. Die europäische Seite habe bereits zahlreiche Zugeständnisse gemacht, im Gegenzug habe es „keine ernsthaften Vorschläge“ mehr gegeben, so der Staatssekretär in einem Interview mit der Zeitung Sud Ouest.
Ähnlich hatte sich der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange, geäußert. Es werde Zeit, dass sich die USA bewegten. Eine interne Untersuchung hatte ergeben, dass es zu 10 der insgesamt 24 Kapitel von TTIP noch nicht einmal einen Austausch der Positionen gegeben habe. Bei den anderen seien alle nötigen Papiere von europäischer Seite eingereicht worden, während von der amerikanischen Verhandlungspartnern Dokumente fehlten und es zu wichtigen Fragen einfach keine Antworten gebe. Das große Ziel – Handelserleichterungen zum Beispiel durch gemeinsame Normen und Standards für Maschinenbau und Industrie – rückt damit in weite Ferne.
Auch CETA steht auf der Kippe
Ebenfalls ungeklärt ist die Frage nach dem umstrittenen Investor-Staats-Schiedsverfahren (ISDS). Der deutsche Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel will mit einem Kompromissvorschlag in die nächsten Verhandlungen gehen. Ob die Amerikaner an dieser Stelle zu Zugeständnissen bereit sind, ist völlig offen.
Im Handelsabkommen mit Kanada, CETA, sind die Schiedsgerichte bislang in unveränderter Form vorgesehen. Nachverhandlungen werde es nicht geben, betonten die kanadischen und europäischen Verhandlungsführer. Das weckt Widerspruch bei den Nationalstaaten, die inzwischen auf die Kritik aus Wirtschaft und Gesellschaft reagieren: Die EU könne dieses Abkommen nicht allein unterzeichnen, dazu bedürfe es neben der Zustimmung des Europäischen Parlamentes auch der aller 28 nationalen Parlamente in Europa, so die Auffassung der Regierungen in Bonn und Paris. Damit ist höchst unwahrscheinlich, dass CETA in der aktuellen Form in Kraft treten kann.