Elektrofahrzeuge müssen immer und überall geladen werden können. Die Interoperabilität von Fahrzeugen verschiedener Hersteller zur Infrastruktur unterschiedlicher Betreiber ist ein Schlüssel zur erfolgreichen Markteinführung der Elektromobilität. Durch Standardisierung der Ladetechnik soll im Interesse des Anwenders eine einheitliche, komfortable und sichere Ladeschnittstelle geschaffen werden. Bislang wurden mehrere Ansätze entwickelt, Elektrofahrzeuge mit Energie zu versorgen. So kann sie kontaktlos mit einem induktiven Verfahren zwischen der stationären Infrastruktur und dem Fahrzeug übertragen werden. Ein weiteres Konzept sieht vor, die im Fahrzeug vorhandene Batterie während eines kurzen „Tankstopps“ gegen eine frisch aufgeladene Batterie auszutauschen. Der vielversprechendste und am weitesten entwickelte Ansatz momentan sieht hingegen vor, die elektrische Energie mit Hilfe einer Ladeleitung zwischen der stationären Infrastruktur und dem Fahrzeug zu übertragen. Hier spricht man vom konduktiven Laden.
Auf Weltregionen zugeschnittene Ladesysteme
In den industriell führenden Weltregionen haben sich jeweils Konsortien herausgebildet, in denen Automobilindustrie, Energiewirtschaft und elektrotechnische Industrie mitarbeiten. Diese Konsortien haben speziell auf ihre jeweiligen Bedürfnisse und Rahmenbedingungen zugeschnittene konduktive Ladesysteme entwickelt. Die Gestaltungsmerkmale der Stromversorgungsnetze und der Verkehrsräume, die nationalen Normen und Gesetzgebungen, aber auch die Anwendererwartungen tragen jeweils zu den spezifischen Ausprägungen bei. Führend sind hier die Systementwicklungen der USA, Japans, Chinas und Deutschlands. Diese Ladesysteme sind untereinander oft nur schwach oder in Teilbereichen kompatibel, da sie ja zuerst einmal unter regionalen Gesichtspunkten entwickelt wurden. Im Zeitalter zunehmender Globalisierung kann dies die Einführung der Elektromobilität hemmen. Um hier gegenzusteuern arbeiten nationale und internationale Standardisierungs-Organisationen eng zusammen mit dem Ziel, eine möglichst weitreichende Harmonisierung zu erreichen.Außerdem werden zunehmend mehr Aspekte der Elektromobilität normativ erfasst, wodurch sich die einzelnen Standards immer dichter verflechten. Diese und weitere technische Zusammenhänge zu aktualisieren, ist eine komplexe Aufgabe für alle an Standards arbeitenden Verantwortlichen. Wichtige Themenfelder bei der Standardisierung der Ladesysteme für die Elektromobilität sind:
elektrische Sicherheit
funktionale Sicherheit
externe Schnittstellen
Schnittstelle zwischen Fahrzeug und Ladeinfrastruktur
Kommunikation
EMV (elektromagnetische Verträglichkeit)
Normen, die für Zusammenhänge innerhalb des Fahrzeugs gelten, werden unter dem Dach der ISO (International Organization for Standardization) entwickelt und veröffentlicht. Für Aspekte mit Bezug zur Energiewirtschaft und zur Elektrotechnik hingegen ist die IEC (International Electrotechnical Commission ) zuständig. Eine weitere Differenzierung betrifft die Art des Stroms. Beim AC-Laden (Alternating Current, Wechselstrom) stellt die Ladeinfrastruktur die AC-Stromversorgung dem Fahrzeug zur Verfügung. Dieses wandelt die elektrische Energie in Gleichstrom um, welcher den Batterien zugeführt wird. Dagegen erfolgt beim DC-Laden (Direct Current, Gleichstrom) die AC/DC-Wandlung in der Ladesäule, sodass die DC-Energie bereits zum Fahrzeug übertragen wird und dort direkt die Batterie lädt.
Sicherheit geht vor
Der elektrischen Sicherheit kommt eine besondere Bedeutung zu. So müssen Niederspannungsanlagen beim Anschluss an das Versorgungsnetz die entsprechenden Vorschriften einhalten. Dies gilt auch für Einrichtungen zur Stromversorgung von Elektrofahrzeugen, wie etwa Ladesäulen. Diese grundlegenden elektrotechnischen Anforderungen sind in der Norm IEC 60364-7-722 aufgeführt - wie die Forderung nach einem Fehlerschutzschalter bei AC, einer Isolationsüberwachung bei DC sowie einem Überstromschutz. Außerdem müssen diese sogenannten Schaltanlagen, zu denen auch Ladesäulen und In-Cable-Boxen zählen, mechanische, umweltbezogene und elektrische Anforderungen erfüllen. Nur dann kann die Gefahr elektrischer Schläge oder Brände ausgeschlossen werden. Die hierfür geltenden Anforderungen sind in der Norm IEC 61439-7 aufgeführt.Die elektrischen Sicherheitsanforderungen, die innerhalb des Fahrzeugs beim Anschluss an eine externe Ladeinfrastruktur erfüllt werden, sind der Norm ISO 17409 zu entnehmen. Hierunter fallen unter anderem der Berührungsschutz an den Ladesteckverbindern, Isolationsanforderungen, Schutz bei Kurzschluss, Überstrom, Übertemperatur und Lichtbogen zum Schutz der Ladeinfrastruktur.
Systemnorm hält Fäden in der Hand
Eine zentrale Funktion kommt der Norm IEC 61851-1 zu. In dieser Systemnorm werden grundsätzliche Begrifflichkeiten, Schnittstellentypen und Typologien definiert. Grundlegende Arten und Funktionen der Schnittstellensteuerung zwischen Ladeinfrastruktur und Fahrzeug sind hier ebenfalls dokumentiert. Sie haben eine große Bedeutung für die Funktion und Sicherheit dieser Schnittstelle. So stammen die Definitionen der Lademodi aus dieser Norm. Als übergeordnete Norm wird in IEC 61851-1 zu besonderen Aspekten auf die jeweiligen Produkt- und Sicherheitsnormen verwiesen. Ergänzend werden in den Normen IEC 61851-22 und IEC 61851-23 zusätzlich die besonderen Anforderungen an AC- und DC-Ladesysteme definiert. Hierbei ist zu beachten, dass aufgrund der regionalen Besonderheiten jeweils mehrere Systeme beschrieben sind. Eine Vereinheitlichung auf jeweils ein System ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht realistisch. Die Kommunikation zwischen dem Fahrzeug und der Ladeinfrastruktur wird in der Normenreihe ISO 15118 Teil 1-4 dokumentiert. Hier finden sich Definitionen und Anforderungen bezüglich der Use-Cases, der Protokolle, der verwendeten OSI-Layer (Open Systems Interconnection) sowie der Abnahmetests.
Ladesteckverbinder als User-Interface
Den Ladesteckverbindern kommt eine besondere Bedeutung zu. Als sichtbare Schnittstelle zwischen der Ladeinfrastruktur und dem Fahrzeug sind sie zum Synonym für die Elektromobilität schlechthin geworden. So definiert die Norm IEC 62196-1 unter anderem die grundlegenden Anforderungen an die Ladesteckverbinder und die zu bestehenden Tests. Auch die verschiedenen Typen an der Ladeinfrastruktur und am Fahrzeug werden benannt. Marktgängige Ausführungen für Ladesteckverbinder, die in einer AC-Ladeinfrastruktur benutzt werden, sind in der Norm IEC 62196-2 beschrieben. Zusätzlich beschreibt die Norm IEC 62196-3 marktgängige Ladesteckverbinder für die DC-Ladeinfrastruktur, denen jeweils ein Ladesystem nach IEC 61851-23 zugeordnet ist.
Internationale Ladeinfrastruktur-Standards
Sicherheit und Interoperabilität erwartet der Anwender von den Ladekonzepten der Elektromobilität. Mit Hilfe von internationalen Standards werden diese Ziele so gut wie möglich umgesetzt. Regionale Besonderheiten verhindern zum jetzigen Zeitpunkt die globale Harmonisierung hin zu einem Standard jeweils für AC und DC. Mit einem gemeinsamen Verständnis der grundlegenden Mechanismen und Sicherheitsanforderungen ist jedoch das Fundament hierfür errichtet. Automobilhersteller und Anbieter für die Ladeinfrastruktur profitieren heute bereits von diesen Standards, die ihnen eine weltweit gleiche Architektur ihrer Produkte ermöglicht. Günstigere Kostenstrukturen und damit verbesserte Chancen für die erfolgreiche Einführung der Elektromobilität sind damit gegeben. Das Angebotsspektrum von Phoenix Contact umfasst alle bedeutenden internationalen Standards bei Ladesteckern und Ladebuchsen für AC- und DC-Laden. Das Combined Charging System, das Phoenix Contact zusammen mit führenden Automobil-Herstellern entwickelt hat, ermöglicht sogar Gleichstrom-Schnellladen und AC-Laden in einem System.