Forscher aus Aachen, Bochum, Düsseldorf und Münster haben sich zusammengetan, um in Zukunft aus landwirtschaftlichen Abfällen ein dem Palmöl ähnliches mikrobielles Öl zu erzeugen. Die Arbeit erledigt ein speziell veränderter einzelliger Pilz. In dem vom Bioeconomy Science Center (BioSC) geförderten Projekt soll dann zusammen mit einem Berlin-Bonner Startup-Unternehmen ein auf dem Palmölersatz basierender veganer Käse hergestellt werden.
Rodungen einschränken, Transportwege verkürzen
Die Palmölherstellung hat weitreichende ökologische Folgen: Um Anbauflächen zu schaffen, werden großflächig tropische Regenwälder abgeholzt und dort Palmen-Monokulturen angepflanzt. Wertvolle Ökosysteme gehen dadurch verloren, die Artenvielfalt leidet stark. Darüber hinaus muss das in den Tropen erzeugte Palmöl über sehr weite Strecken zu den Nutzern in Europa und den USA transportiert werden, mit entsprechenden Klimafolgen. Wird Palmöl für Biokraftstoffe eingesetzt, steht dies in direkter Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung.
Erheblich nachhaltiger, ressourcen- und umweltschonender wäre es, ein dem Palmöl ähnliches Produkt regional in der Nähe des Verbrauchers herzustellen – aus pflanzlichen Reststoffen, die weder als Nahrungsmittel noch anderweitig als chemischer Rohstoff für die Industrie kosteneffizient genutzt werden können. Genau dieses Ziel verfolgt das nordrhein-westfälische Forschungskonsortium NextVegOil.
Die Forschenden haben eine Möglichkeit gefunden, mittels des Pilzes Ustilago maydis ein mikrobielles Öl zu erzeugen, das dem pflanzlichen Palmöl sehr ähnlich ist, also eine ähnliche Zusammensetzung der enthaltenen Fettsäuren hat, was dessen Eigenschaften bedingt und sich somit wahrscheinlich als Lebensmittel eignet. Im Laufe des Projekts soll die Fermentation von Maisstroh, das weder gegessen noch verfüttert werden kann, im großen Maßstab etabliert werden.
Genetisch veränderter Pilz produziert Öl
Ustilago maydis ist sonst kein Freund der Landwirtschaft: Der einzellige Pilz verursacht die Pflanzenkrankheit „Maisbeulenbrand“; für den Menschen ist der Pilz aber unbedenklich, in Mexiko ist er eine Delikatesse. „Was für die einen zum Schaden ist, können wir für unsere Ziele nutzen: Weil der Pilz so gut an den Mais angepasst ist, ist er auch bestens geeignet, um Maisreste zu verwerten“, betont Prof. Dr. Michael Feldbrügge vom Institut für Mikrobiologie der HHU, einer der beteiligten Düsseldorfer Forscher, und weiter: „Der Pilz, der natürlicherweise auch andere biotechnologisch relevante Stoffe wie Biotenside produziert, ist genetisch und biotechnologisch gut erforscht. Deshalb wissen wir, wo wir ihn für unsere Zwecke einsetzen können.“
Prof. Feldbrügges Kollege Prof. Dr. Markus Pauly vom Institut für pflanzliche Zellbiologie und Biotechnologie der HHU ergänzt: „Auch beim Mais gibt es noch züchterisches Potential, um den Pflanzenreststoff ohne transgene Methoden für eine solche Stofftransformation durch den Pilz zu optimieren.“.
Die Forschenden haben herausgefunden, dass Ustilago maydis statt der Tenside auch Öl herstellen kann, wenn der Syntheseweg des Pilzes auf genetischer Ebene gezielt unterbrochen wird. Dies konnte bereits im kleinen Maßstab gezeigt werden. Das Fettsäureprofil dieses Öls ist demjenigen des Palmöls sehr ähnlich und somit sehr vielversprechend als Ersatzprodukt. In den kommenden Jahren wollen die Düsseldorfer Forschenden nun den Pilz so optimieren, dass das von ihm erzeugte Öl noch besser die Eigenschaften des Palmöls abbildet. Darüber hinaus arbeiten sie an biotechnologischen Verfahren, um den Rohstoff Maisstroh optimal im Fermenter umsetzen zu können.
Die weiteren Projektpartner an der RWTH Aachen befassen sich mit den nächsten Schritten hin zu einer wirtschaftlich darstellbaren Herstellung des Palmöl-Ersatzes. Sind in Düsseldorf die optimalen Parameter für die Maisbiomasseaufarbeitung und für den Pilz gefunden, geht es in der Folge an die großtechnische Umsetzung des Fermentationsprozesses. Die so mikrobiell hergestellten Öle müssen dann genau analysiert und so aufgereinigt werden, dass sie lebensmittelkonformen Standards entsprechen.
Zu den biologisch-technischen Aspekten kommt ein wirtschaftswissenschaftlicher Teil hinzu: In Bochum werden parallel die Wirtschaftlichkeit der Prozessketten analysiert und die Märkte untersucht, auf denen das Palmöl-Ersatzprodukt abgesetzt werden kann. Um den Piloteinsatz des Produkts geht es dem Projektpartner Formo, einem biotechnologischen Startup, der unter Verwendung von mikrobiellem Öl veganen Käse herstellen will.
„Allen am Projekt Beteiligten ist es wichtig, dass wir dem herkömmlichen Palmöl ein nachhaltiges Produkt entgegensetzen können: regional, aus nachwachsenden Rohstoffen, mit einer guten Klimabilanz. Und darüber hinaus eines, das nicht mit der Lebensmittelproduktion konkurriert, da die Ausgangsstoffe als Reststoffe sowieso anfallen“, betonen Prof. Feldbrügge und Prof. Pauly.
Projekt NextVegOil
Das Projekt zur mikrobiellen Produktion eines Palmölersatzes wird in den kommenden drei Jahren von BioSC mit insgesamt rund 1,1 Millionen Euro gefördert. Beteiligt sind zwei Biologieinstitute der HHU: An den Instituten für pflanzliche Zellbiologie und Biotechnologie (Prof. Dr. Markus Pauly) und für Mikrobiologie (Prof. Dr. Michael Feldbrügge) wird an der Aufarbeitung der Maisbiomasse gearbeitet, an deren Verwertung mithilfe von Ustilago maydis und an der Optimierung der Ölproduktion.
Der Lehrstuhl für Bioverfahrenstechnik an der RWTH Aachen um Prof. Dr. Jochen Büchs konzentriert sich auf die Fermentation des Öls. An der Universität Münster arbeiten Forschende um Prof. Dr. Heiko Hayen am Institut für anorganische und analytische Chemie an der Analyse der Zusammensetzung der gewonnenen Öle. Mit den wirtschaftlichen und Vermarktungsaspekten befasst sich Prof. Dr. Stefanie Bröring vom Institut für Entrepreneurship und innovative Geschäftsmodelle der Ruhr-Universität Bochum. Schließlich will das Biotech-Startup-Unternehmen Formo aus Berlin und Bonn mit dem Palmölersatz veganen Käse erzeugen.