Origami nennt sich die traditionelle japanische Faltkunst, bei der Papier ohne Kleber zu komplexen dreidimensionalen Gebilden gefaltet wird. Kirigami ist eine verwandte Technik, bei der das Papier vor dem Falten mit gezielten Schnitten versehen wird. Prinzipien, die inzwischen auch in der Technik Verwendung finden.
Ein Polymer mit Gedächtnis
Eine neue Variante präsentieren jetzt Adebola Oyefusi und Jian Chen von der University of Wisconsin-Milwaukee (USA) in ihrer Publikation: Sie „programmieren“ eine Folie chemisch so, dass sie sich bei Erhitzen von selbst in dreidimensionale Formen faltet und zudem immer wieder „umprogrammiert“ werden kann. Möglich macht es das Material Nafion - ein Polymer, das sich Formen „merken“ kann.
Nafion kann im sauren Milieu protoniert, im akalischen deprotoniert werden. Protoniert schrumpft gerecktes Nafion ab 100 °C, deprotoniert erst ab 260 °C. Solange man zwischen diesen Temperaturen bleibt, schrumpfen nur Bereiche, in denen das Nafion protoniert vorliegt.
Wenn Forscher Origami falten
Im deprotonierten Zustand ist das Nafion gegenüber Schrumpfen also „gesperrt“, im protonierten Zustand „entsperrt“. Das machen sich die Forscher zu Nutze, indem sie die für die Faltung benötigten Informationen in Form eines Musters aus entsperrten Bereichen in einer gereckten, mit Kalilauge gesperrten Nafion-Folie codieren. Das Muster wird als feine Linien mit Salzsäure „aufgemalt“. Durch Erhitzen über 100 °C schrumpft die Folie im Bereich der Linien und faltet sich entlang der als Falz wirkenden Linien.
Die Forscher stellten verschiedene einfache und komplexe Geometrien her, etwa einen Vogel und ein Zickzack-Rippenmuster, in dem beispielsweise Solarsegel für Satelliten hergestellt werden. Sie können so platzsparend transportiert und vor Ort mit einer Bewegung auseinandergezogen werden. Durch einfache Säure-Base-Behandlung und Erhitzen ließen sich die programmierten Formen immer wieder „löschen“ und die Nafion-Folie erneut codieren und formen.
Mehr als ein Spielzeug
Die 3D-Strukturen aus Nafion können als Mutterformen verwendet werden. So lassen sie sich etwa mit einem Kunststoff wie Polydimethylsiloxan abformen und diese Sekundärform verwenden, um Formteile aus den verschiedensten Materialien, wie Polymeren, Keramiken oder Metallen, herzustellen. Die variablen reprogrammierbaren Mutterformen sparen Zeit, Kosten und Abfall, da sie ohne ein aufwändiges Recycling direkt wiederverwendet werden können.