Biobasierte Thermoplaste werden aus nachwachsenden pflanzlichen Materialien gewonnen und lassen sich wie Standardthermoplaste recyceln. Ein Beispiel ist Polymilchsäure (PLA), die aus Zuckerrohr oder Mais hergestellt werden kann. Weltweit arbeiten viele Forschungsgruppen daran, die Eigenschaften von PLA-basierten Kunststoffen zu optimieren, indem sie sie beispielsweise mit anderen thermoplastischen Basismaterialien mischen.
Für eine Optimierung kommt es zentral auf die Grenzflächen in diesen Mischungen an. Ein Team der TU Eindhoven um Prof. Ruth Cardinaels hat nun gezeigt, wie sich PLA erfolgreich mit einem anderen Thermoplast mischen lässt. In dem Verfahren werden während der Herstellung bestimmte PLA-basierte Co-Polymere (zum Beispiel SAD) gebildet. Diese erleichtern die Vermischung der beiden Grundstoffe, indem sie an den Grenzflächen zwischen den verschiedenen Polymerphasen besonders stabile (stereo)kristalline Schichten bilden (ICIC-Strategie).
Analysen in Berlin
An Bessy II, der Synchrotron-Strahlungsquelle des Helmholtz-Zentrums Berlin (HZB), haben die Forscher herausgefunden, welche Prozesse dafür sorgen, dass die mechanischen Eigenschaften des gemischten Thermoplasten deutlich besser sind. Dazu untersuchten sie an der IRIS-Beamline von Bessy II reine 50-Prozent-Mischungen der Thermoplaste PLA und Polyvinylidenfluorid (PVDF) sowie Proben mit den PLA-basierten Co-Polymeren.
Mittels der Infrarotspektroskopie an der IRIS-Beamline konnte Doktorand Hamid Ahmadi die Bildung des PLA-basierten Copolymers SAD nachweisen. Weitere Röntgenmessungen zeigten, wie sich die Bildung von SAD auf das Kristallisationsverhalten auswirkt.
Die neuen Möglichkeiten der Nano-Bildgebung und -Spektroskopie an der IRIS-Beamline ermöglichen eine chemische Visualisierung und Identifizierung von Probenbereichen, die nur 30 nm groß sind. Diese Präzision war entscheidend für die Feststellung, dass sich die Stereokomplexkristalle ausschließlich an der Grenzfläche befinden. Infrarot-Nanoskopie-Bilder zeigten eine 200 bis 300 nm dicke Schicht aus Stereokomplexkristallen an den Grenzflächen.
250 Prozent höhere Bruchdehnung
Die Bildung von Stereokomplexkristallen an den Grenzflächen erhöht die Stabilität und Kristallisationstemperatur. Die Keimbildung an der Grenzfläche beschleunigt den gesamten Kristallisationsprozess innerhalb der PLLA/PVDF-Mischung. Außerdem verbessert die kristalline Grenzschicht die Übertragung mechanischer Spannungen zwischen den Phasen und somit die Zugeigenschaften; die Bruchdehnung steigt sogar um bis zu 250 Prozent.
„Durch die Aufklärung der Lage und Verteilung der kristallinen Schicht in unseren Proben konnten wir das Mischverfahren viel besser verstehen“, sagt Ahmadi. „Durch die Entwicklung einer neuen Strategie haben wir den Weg für die Entwicklung von Hochleistungspolymermischungen geebnet“, fügt die Forscherin Ruth Cardinaels hinzu.