Steht eine umfassende Modernisierung an, wird zumeist das veraltete Leitsystem ausgetauscht und der Zugang zu digitalen Daten ermöglicht. Dabei ist es entscheidend, die jeweilige Anlage durch den Einsatz neuer Technologien auch auf längere Sicht zukunftssicher zu gestalten. In der großen Mehrheit der Fälle sollen die in der Feldebene eingesetzten Geräte erhalten bleiben, um diese weiter zu nutzen. Das ist das klassische Anwendungsszenario für Remote I/O Technologie. Sie bindet konventionelle 4 … 20 mA-Geräte, diskrete Sensoren sowie Aktoren mit höherer Leistungsaufnahme perfekt an ein modernes Busprotokoll an.
Für Eigner, die ihre Anlagen im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen auf Profinet-Leittechnik umstellen wollen, hat Pepperl+Fuchs das Profinet-Gateway für das FB Remote IO System entwickelt. Es ermöglicht, die traditionelle Messtechnik der Feldebene zu erhalten und sie an neueste Leitsystemtechnologie anzubinden. Insbesondere bei großen Prozessanlagen können so erhebliche Kosten eingespart werden.
Booster für Hart
Schon heute unterstützen mehr als 80 Prozent aller Feldgeräte das HART-Protokoll. Ein Online Zugang dazu war bisher aber immer mit hohem Aufwand für Planung und Gateways verbunden. Dies und die langsame Übertragung ließ Betreiber bisher Abstand nehmen. Das neue Gateway bietet neben der herkömmlichen Profinet-Funktionalität den vollen Zugriff auf alle angeschlossenen HART-Geräte. Bis zu 80 Feldgeräte werden einzeln von jeweils einem HART Master angesprochen und kommunizieren deswegen ohne jede Zeitverzögerung. Das Profinet-Gateway überträgt neben den eigentlichen Sensormessungen zyklisch alle 500 Millisekunden auch die in HART Nebenvariablen bereitgestellten Zweitmesswerte.
Zum Beispiel liefert ein Druckmessumformer nicht nur den aktuellen Prozesswert. Via HART-Variablen und das Remote IO ist es möglich, zusätzlich Messgrößen wie Temperatur des Mediums, aber auch der Sensorelektronik hoch performant zu übertragen. Für den Anlagenbetreiber ist diese Form des Datenaustausches natürlich hoch effizient, da man überall dort Sensoren einsparen kann, wo Zweitmesswerte erfasst werden.
Aber nicht nur auf die HART Nebenvariablen kann zugegriffen werden – auch die Gesamtdiagnose des jeweiligen Feldgerätes kann so bei Bedarf ausgelesen werden. Entscheidend dafür ist die Diagnose-Kurzinfo, die in jedem verschickten HART-Kommando enthalten ist. Ein Asset-Management System entscheidet auf Basis dieser Werte, ob die Gesamtdiagnose ausgelesen wird, um eine detaillierte Sensor-Diagnose zu erhalten. Bei der Wartung können mit diesen Daten dann mögliche Fehler deutlich schneller aufgefunden und behoben werden. Außerdem kann darüber die Genauigkeit des Analog-Messwertes und die Funktionsfähigkeit der Geräte überprüft werden. Benötigen Sensortypen eine zyklische Kalibrierung, war dies bisher nur in einer Werkstatt und nach einem zeitaufwendigen Ausbau möglich. Mit dem neuen Gateway kann das künftig schnell und komfortabel online via HART durchgeführt werden.
Gerüstet für Industrie-4.0-Anwendungen
Um Prozessanlagen zukunftsfähig zu machen, muss man sie für die Anforderungen der Industrie 4.0 rüsten. Hier ermöglichen die neuen Profinet-Gateways dank Ethernet-basierter Kommunikation eine nahtlose Integration aller Geräte- und Prozessdaten. Mittels HART-IP sind die Gateways in der Lage, die im Feld vorhandenen Diagnosedaten, über einen zweiten Kommunikationsweg parallel zur klassischen Automatisierungspyramide in ein anderes System zu spielen. So wird die von der NAMUR entworfene NOA-Architektur (NAMUR Open Architecture) umsetzbar. Auf die mittels HART IP transportierten Daten kann ohne zusätzliche Gerätetechnik direkt zugegriffen werden, oder ein Edge Gateway wandelt diese in OPC UA Objekte zur weiteren Verwendung in übergeordnete Systeme.
Die Daten sind dann beispielsweise über ein Cloud-Netzwerk verfügbar oder werden zur vorausschauenden Wartung und Optimierung der Prozesse in ein beliebiges Analysetool kopiert. Das neue Gateway steht für höchste Flexibilität, da es HART Daten parallel zur und unabhängig von der zyklischen Kommunikation mit Profinet Protokoll über dasselbe Verbindungskabel überträgt.
Anlagenerweiterungen oder Neubau?
Optimal zum Einsatz kommt das Remote IO mit Profinet-Gateway aber nicht nur bei Modernisierungen, sondern auch, wenn bestehende Anlagen erweitert werden sollen. Mit extrem kompakter Gehäusebauform und als schmalstes System auf dem Markt kann es seine Stärken besonders dort ausspielen, wo Anwender mit beengten Umgebungsbedingungen auskommen müssen. Der Umstieg von konventioneller Verdrahtung auf Remote I/O verringert dabei den Installationsaufwand im Hinblick auf Unterverdrahtung und Verteilerkästen deutlich. Das spart nicht nur Platz, sondern auch erhebliche Hardware-Kosten.
Auch beim Bau neuer Anlagen kann das Gateway zum Einsatz kommen. Sinnvoll ist es zum Beispiel überall dort, wo die Kommunikation über Profinet-Protokoll läuft, die benötigte Messtechnik, aber nicht in jedem Fall als Profinet-Gerät verfügbar ist. Mit Hilfe des Gateways können nun auch diese Daten problemlos via Remote I/O eingesammelt werden.
Vor Ort Diagnose via Display
Großer Wert wurde bei der Entwicklung des Gateways auf das einfache Handling gelegt. Daher kann man zum Beispiel den Gerätezustand ganz einfach über die nach NE 107 signalisierenden RGB-LEDs ablesen. So steht Grün für „Diagnose aktiv“, Rot für „Ausfall“, Blau für „Wartungsbedarf“, Gelb für „außerhalb der Spezifikation“ und Orange für „Funktionskontrolle“. Als einziges Gerät auf dem Markt verfügt das Gateway zusätzlich über ein extra großes Display, das eine vereinfachte vor Ort Inbetriebnahme ermöglicht. Alle Grundeinstellungen, wie beispielsweise die IP-Adresse, können benutzerfreundlich direkt am Gateway vorgenommen werden. Zu Wartungszwecken werden Diagnosedaten in NE107 Symbolik bis hin zur Sensor-Ebene anzeigt. So kann der Anwender auf einen Blick ablesen, ob die Kommunikation mit dem Leitsystem störungsfrei funktioniert, das der interne Bus korrekt läuft und das HART-Gerät erkannt wird. Alle Diagnose- und Statusinformationen des Remote IO selbst werden dabei sehr übersichtlich und sogar im Klartext angezeigt. Auf diese Weise ist nicht nur die schnelle und einfache Bedienung, sondern auch eine hohe Transparenz der Prozesse sichergestellt.
Redundanzkonzept und Fernparametrierung
Bei der Entwicklung des Gateways wurde ein intelligentes Redundanzkonzept realisiert, das Ausfälle verhindert und für kritische Anwendungen höchste Netzwerkstabilität bietet. Dafür verfügt das Gerät über zwei Ethernet-Schnittstellen sowie einen integrierten Switch, der die Funktion des Netzwerks auf Grundlage des Media Redundancy Protocol (MRP) gewährleistet. Tritt eine Störung im Kommunikationspfad auf, konfiguriert sich das Ringnetzwerk selbständig neu und leitet die Datenpakete automatisch und verlustfrei über die alternative Route. Der integrierte Switch spart hier erhebliche Kosten, denn es ist keine zusätzliche Hardware im explosionsgefährdeten Bereich erforderlich.
Die Inbetriebnahme des FB Profinet-Gateways erfolgt ganz einfach über GSDML vom Profinet-Master, ein DTM ist dafür nicht erforderlich. Beim Einrichten von System und Modulen über GSDML ist es auch möglich, Parameter im FB System zu setzen und so beispielsweise die Leitungsfehlerüberwachung ein- oder auszuschalten. Für Feldgeräte an unzugänglichen Stellen der Anlage installiert ermöglicht ein DTM den direkten Übertragungsweg von der Systemebene aus. Das Parametrieren kann dann bequem von der Wartungsstation aus erfolgen.
Sicherheit für den globalen Einsatz
Die zunehmende Vernetzung lässt auch die Gefahr von unerlaubten Zugriffen beständig ansteigen. Um vor diesem Hintergrund die Absicherung der Automatisierungskomponenten und -systeme optimal zu gewährleisten, erfüllt das neue Profinet-Gateway alle nötigen Sicherheitsanforderungen wie beispielsweise den Standard IEC62443. Mit allen erforderlichen internationalen Zulassungen ist das Gerät darüber hinaus perfekt geeignet für den weltweiten Einsatz. Da alle bereits existierenden E/A-Module von Pepperl+Fuchs mit dem Profinet-Gateway kompatibel sind, können sie mit dem neuen Gerät auch weiterhin verwendet werden.
So müssen in Anlagen, die bereits das FB-System nutzen, auch keine neuen Ex-Bewertungen erfolgen, da die Musterberechnungen, die üblicherweise für Konfigurationen erstellt werden, nach wie vor gültig sind. Das verringert nicht nur den Zeitaufwand für die Installation, sondern auch den Aufwand erheblich. Das Profinet-Gateway ist verfügbar mit ATEX-, IECEx-, INMETRO-, CCC- und EAC-Zertifikaten für die Montage in Zone 1.
Das Multitalent, FB Remote IO System für Zone 1 ermöglicht den Technologie-Upgrade und den nächsten entscheidenden Fortschritt zur Digitalisierung. Die Investition in die installierte Instrumentierung ist gut geschützt und die Datenschätze sind ohne zusätzlichen Aufwand im Handumdrehen gehoben. Die perfekte Lösung für Modernisierungen und Erweiterungen von Prozessanlagen.