PXI-Anwender sind Experten für Test- und Messsysteme. Ihre Schwerpunkte sind vor allem die Test-Software und die vielfältigen I/Os. Die zentralen Controllerbaugruppen sind deshalb eher Mittel zum Zweck. Daher nutzen sie häufig einfach ein Notebook oder einen Desktop-PC, den sie an das PXI-Messsystem anschließen, das lediglich Erweiterungskarten beherbergt.
Oder sie nutzen eine PXI-Controllerbaugruppe. Diese sind in der Regel jedoch so umfangreich, damit sie quasi alle Bedürfnisse über alle Applikationen hinweg erfüllen und daher häufig sogar übererfüllen. 3-HE-CPU-Baugruppen für PXI sind deshalb in der Regel eher 8 oder 12 TE breit, obwohl grundsätzlich auch Controller in 4 TE möglich wären.
Weniger ist oft mehr
Viele Unternehmen nutzen bewusst solche umfangreichen Controller in 8 oder 12 TE, da sie möglichst viele Anwendungsfälle abdecken können. Das funktioniert allerdings nur so lange, wie Platz keine kritische Anforderung ist. Oder so lange die Stückzahlen pro dediziert zusammengestelltem Messsystem nicht so groß sind, dass auf jede Steckkarte geschaut werden muss, um Geld zu sparen. Es gibt aber viele Applikationen, wo Platz rar ist. Beispielsweise bei 8-Slot-3HE-Systemen.
CPU-Baugruppen mit 8 bis 12 TE blockieren schnell zwei bis drei Slots, sodass das System entweder breiter werden muss oder nur wenige Slots zur Erweiterung zur Verfügung stehen, was für so manche Test- und Messaufgaben nicht hinreichend ist. Wünschenswert ist es deshalb oft mehr I/Os auf kleinem Raum unterbringen zu können, um nicht doppelstöckig bauen zu müssen und so weiteren Platz im Rack zu belegen.
Ein solches Workaround ist jedoch bislang vielfach Standard. Häufig wird er mit Adapterkarten für den Systemslot adressiert. Diese führen PCI-Express-Lanes nach außen aus, sodass man über externe Standard-Kabel dann auch ein ganz normales Notebook oder einen Desktop-PC anschließen kann. Solche Systemauslegungen sind allerdings unhandlich und wirken improvisiert – und sind damit letztlich nur ein Behelf.
Mit COM und Carrier zum Ziel
Zur Lösung dieses Platzproblems hat nVent in Zusammenarbeit mit Congatec einen 3 HE 160 mm PXI-Carrier für COM-Express-Compact-Module entwickelt. Er wurde in einem ersten Schritt für das conga-TC175 optimiert, um einen leistungsfähigen und kompakten Controller basierend auf der 7. Generation der Intel-Core-Prozessoren zu realisieren. Zur Backplane hin wurden nur die für den PXI-Express-Systemaufbau erforderlichen PCIe-Lanes geführt. Auf dem Frontpanel bietet die schlanke Plattform lediglich einen DisplayPort zur Bildschirmanbindung, drei USB-Schnittstellen und zwei Ethernet-Schnittstellen und mit einem M.2-Slot für schnelle SSDs ist das Featureset dann auch schon abgeschlossen.
Dadurch konnte nVent einen extrem schlanken – aber leistungsfähigen – PXI-SBC schaffen, der sich voll auf die Kernfunktionen konzentriert, die für eine zentrale CPU-Einheit in einem PXI-System gebraucht werden. Dank des modularen Aufbaus können Kunden heute bedarfsgerecht jedwede Intel-Core-Prozessorbestückung wählen, die mit einer TDP von 15 W auskommt. Dadurch konnte man die Baugruppe flach bauen, um inklusive der Kühlung 4 TE einzuhalten.
Vielfalt ist das Programm
Erweitert wird das Programm nun auch um eine Variante mit dem conga-TS370 im COM-Express-Basic-Format, das Intel Core Prozessortechnologie aktuell bis hin zu 6-Kern-Lösungen der achten Generation erlaubt und so auch Systemaufbauten – sogar mit virtuellen Maschinen – ermöglicht.
Diese hohe Skalierbarkeit ohne nennenswertes Redesign, selbst über Prozessorgenerationen hinweg, ist für Anwender dabei ein riesiger Vorteil, da die Performance des Controllers einzig durch Modultausch skaliert werden kann. Auch individuelle Varianten für größere Testfelder lassen sich durch das COM- und Carrier-Prinzip mit rechtfertigbarem Zeit- und Kostenaufwand realisieren, sodass COM-Express-basierte Controllerbaugruppen für PXI-Systeme ein durchaus attraktives Angebot sind, das Lösungsanbieter von Full-Custom-PXI-Controllern wohl ausschließlich bei Massenserien kostengünstiger umsetzen könnten.
Darüber hinaus lassen sich neue Prozessoren schneller implementieren, da Module oftmals die ersten Produkte sind, die mit neuster Embedded-Prozessortechnik verfügbar werden. Zusätzlich ist das schlanke Design letztlich auch kostengünstiger als voll ausgebaute 8 TE- oder 12 TE-SBCs. Kunden profitieren auch vom modularen Ansatz, denn sie können letztlich auf Basis des Carriers über die Module skalieren und so in punkto Preis und Performance besser auf die reale messtechnische Aufgabe hin ausbalancieren, da es innerhalb einer Modul-Serie einer Prozessorgeneration deutlich mehr Varianten gibt, als es ein PXI-CPU-Board-Hersteller mit Full-Custom-Designs je anbieten könnte. In der Summe der verschiedenen Aspekte also ein durchaus attraktiver Ansatz für passgenaue Test- und Messysteme in der Elektronikfertigung.
Weitere Aussichten
nVent sieht zudem auch Potenzial, den modularen Aufbau der Test- und Messbereich-Controller auch für die Standards AXI und VXI anzubieten. Sie bilden – zusammen mit dem Platzhirsch-Standard PXI – einem Anteil von rund 78 Prozent des Marktes der sogenannten ‚Modular Instruments‘, der bis 2027 satte 3,11 Milliarden US-Dollar erreichen soll. Ein nicht unerheblicher Anteil wird davon im Bereich Elektronik und Halbleiterindustrie nachgefragt.
Auch der Ausbau des Angebots in Richtung VME, VPX und CompactPCI Express wäre eine gangbare Option. Er erscheint Ganninger aus strategischen Gründen derzeit jedoch nur dann eine zuverlässige Option, wenn andere Boardhersteller aus diesem Markt keine passenden Angebote machen können.
Die Wahl bei der Entwicklung der Baugruppen mit Congatec zu kooperieren, fiel nVent übrigens leicht. „Congatec hat einen guten Namen im Bereich Computermodule, ist sogar Marktführer und der Support des Unternehmens ist absolut Klasse und es war auch sehr einfach, erforderliche Firmware-Anpassungen zu erhalten“, erklärt Christian Ganninger Global Product Manager bei nVent Schroff Europe.