Für den Antrieb von Nutzfahrzeugen setzt Schaeffler auch auf die Wasserstofftechnologie. Das gilt insbesondere auf der Langstrecke. Das Unternehmen entwickelt innovative Komponenten für Brennstoffzellensysteme und bereitet ihre Industrialisierung vor. „Für Schaeffler ist die Brennstoffzelle eine sinnvolle Ergänzung im Antriebs-Mix von Nutzfahrzeugen“, sagt Matthias Zink, Vorstand Automotive Technologies der Schaeffler.
Mit dem auf der IAA Transportation neu vorgestellten Demonstrationsfahrzeug zeigt Schaeffler, wie ein optimales Zusammenspiel zwischen elektrischem Antrieb, Brennstoffzellensystem und Lithium-Ionen-Akku funktioniert. „Brennstoffzellenantriebe werden sich zunächst vor allem für Nutzfahrzeuge im Überlandverkehr durchsetzen. Aber auch Transporter, die regelmäßig längere Strecken zurücklegen, können von den Vorteilen des Wasserstoffbetriebs profitieren“, sagt Zink.
Effiziente Industrialisierung von Komponenten für Brennstoffzellensysteme
Schlüsselkomponente eines Brennstoffzellen-Stacks ist die Bipolarplatte. Sie macht bis zu 80 Prozent des Gewichts und bis zu 65 Prozent des Volumens des Stacks aus, obwohl sie nur zwischen 50 und 100 µm dick ist. Schaeffler entwickelt metallische Bipolarplatten bereits seit dem Jahr 2017 und betreibt am Standort Herzogenaurach eine Pilotanlage für ihre Herstellung. Dafür setzt das Unternehmen seine umfangreiche Expertise in Fertigungsbereichen, wie der Kaltumformtechnik, dem Stanzen, dem Fügen oder der Oberflächenbehandlung ein.
„Wir nutzen unsere hochpräzise Umformungs- und Stanztechnik sowie innovative Beschichtungsverfahren, um Platten mit besonders hoher Effizienz und Leistungsfähigkeit herzustellen“, sagt Dr. Jochen Schröder, Leiter des Unternehmensbereichs E-Mobilität bei Schaeffler. So ist beispielsweise das Umformen und Beschichten selbst sehr dünner Stahlbauteile, wie der Bipolarplatte, verwandt mit Herstellprozessen, die Schaeffler traditionell für die Fertigung von Motor- und Getriebebauteile beherrscht und für die Herstellung der Platten anpasst.
Zudem entwickelt Schaeffler auf Basis seines Lager-Know-hows verschiedene Axial- und Radial-Luftfolienlager für die Luftversorgung der Brennstoffzelle, Düsen für die Wasserstoffzirkulation sowie wesentliche Komponenten für das Kühlmittelmanagement, wie ein Thermomanagementmodul sowie smarte Ventile für die dezentrale Kühlmittelregelung. Ebenso baut das Unternehmen seine Kompetenz in der Systemsteuerung mit entsprechenden Software-Bausteinen für brennstoffzellenspezifische Funktionen kontinuierlich aus.
Demonstrationsfahrzeug zeigt Systemkompetenz von Schaeffler
Schaeffler entwickelt und optimiert die Komponenten und Subsysteme für Brennstoffzellensysteme von Beginn an konsequent auf das effiziente Zusammenspiel in einem Gesamtsystem. Dafür haben die Fachleute ein eigenes Brennstoffzellen-Komplettsystem für mobile Anwendungen aufgebaut und in ein Demonstrationsfahrzeug eingesetzt. Das Fahrzeug wird auf der IAA Transportation im Außenbereich U47 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Darin kommt ein Akku mit 13 KWh Leistung zum Einsatz, der eine maximale Leistungsabgabe von 85 KW erlaubt.
Das verwendete Brennstoffzellensystem ist auf eine Dauerleistung von 50 KW ausgelegt. Der Achsantrieb erfolgt über eine Schaeffler 3in1-E-Achse mit einer Maximalleistung von 140 KW einschließlich der zugehörigen Leistungselektronik. Das Fahrzeug dient dem Unternehmen als Entwicklungsplattform, um das optimale Zusammenspiel der Komponenten zu erproben und weiter zu optimieren.
Joint Venture für die Großserienfertigung von Bipolarplatten
Um Brennstoffzellenantriebe in großen Stückzahlen einzusetzen, soll eine zielgerichtete Industrialisierung die Kosten für die Komponenten und Subsysteme so wirtschaftlich wie möglich machen. Diese Industrialisierung steht im Zentrum der Strategie von Schaeffler. Zusammen mit Symbio, einem Gemeinschafts-unternehmen von Faurecia und Michelin für die Wasserstofftechnologie, will Schaeffler ab Anfang 2024 Bipolarplatten in Großserien herstellen. Dafür gründen die Unternehmen das Joint Venture Innoplate.
Die Partner zielen dabei sowohl auf den mobilen Einsatz der Platten in der Mobilität als auch in stationären Anwendungen ab. Die gemeinsame Produktion entsteht im französischen Haguenau. Dort werden anfänglich vier Millionen Bipolarplatten pro Jahr entstehen, bis 2030 sollen es jährlich rund 50 Millionen sein. „Ziel der gemeinsamen Produktion von Schaeffler und Symbio sind wichtige Skaleneffekte, denn nur so lassen sich Brennstoffzellen-Stacks künftig kostengünstig fertigen“, sagt Jochen Schröder.
Um die Großserientauglichkeit der von Schaeffler entwickelten Bipolarplatten nachzuweisen, hat das Unternehmen Anfang 2022 eine Pilotanlage für die Fertigung installiert. Die Anlage ist so ausgelegt, dass dort auch Bipolarplatten mit einer Größe von bis zu 1.800 mal 600 mm für Elektrolyseure produziert werden können.
Die einzelnen Prozessschritte der von Schaeffler mit dem hauseigenen Sondermaschinenbau konzipierten Pilotanlage sind bereits vollständig hochautomatisiert. Die Pilotanlage ist eingebettet in ein neues Wasserstoff-Kompetenzzentrum am Standort Herzogenaurach. Es umfasst ein großes Testfeld für Elektrolyseurtechnologien sowie für Brennstoffzellen auf Komponenten-, Stack- und Gesamtsystemebene.