Die Digitalisierung hat in Produktionsbetrieben in vielen Prozessen Einzug gehalten. Dennoch gibt es Bereiche, in denen noch viel manuell erfasst werden muss. Dazu gehört zum Beispiel die Instandhaltung von Maschinen, die häufig in Intervallen durchgeführt wird, die der Hersteller empfiehlt. Ifm setzt nun auf Wartung mittels Shop Floor Integration, um Kosten zu sparen und Maschinenlaufzeiten zu verlängern
IO-Link-Sensoren fertigen
Ifm electronic mit Sitz in Essen entwickelt und produziert an Standorten in Deutschland, den USA, Singapur, Polen, Rumänien und Indien hochspezialisierte Sensoren für die Industrie. Vor allem durch die fortschreitende Einführung von Industrie 4.0 nehmen IO-Link-Sensoren an Wichtigkeit kontinuierlich zu, da sie durch ihre einfache Inbetriebnahme und die so entstehende Transparenz hinsichtlich Maschinendaten einen Zuwachs an Effizienz und Kosteneinsparung versprechen.
Die Sensoren zeichnen sich außerdem dadurch aus, dass sie nicht nur messen, sondern die Informationen auch aggregieren und weiterleiten können. Daher sind sie in Produktionsbetrieben vielseitig einsetzbar. Wichtigstes Element der intelligenten Sensoren ist eine Platine, die die Kommunikationsfähigkeit ermöglicht. Die Leiterplatte wird mittels Surface Mounted Devices (SMD)-Bestückungsmaschinen von Fuji gefertigt. Eine regelmäßige Wartung der Bestückköpfe garantiert dabei eine gleichbleibend hohe Qualität.
Zustandsbasierte Wartung statt Wartungsempfehlungen des Maschinenherstellers
Bislang wurden im Werk die Wartungsempfehlungen des Maschinenherstellers stets eingehalten. Mit der Zeit stellte sich jedoch heraus, dass die maximale Leistung (Pick-Zahl pro Bestückkopf) so nicht ausgeschöpft wird und unnötig hohe Kosten sowie ein hoher Wartungsaufwand entstehen.
„Aus diesem Grund haben wir auf zustandsbasierte Wartung und Instandhaltung umgestellt, mussten aber erkennen, dass der Nettoeffekt sehr gering war, weil die Leistungsgrenze der Bestückköpfe nur durch aufwändiges und regelmäßiges Kontrollieren des Zählerstands an der Maschine festgestellt werden konnte“, sagt Stefan Gessler, Abteilungsleiter Instandhaltung bei Ifm. Um die manuelle Erfassung der Daten ins ERP-System zu vermeiden, die einen hohen personellen Aufwand bedeutet und zudem fehleranfällig ist, sollte der Wechsel zu einer automatisierten Lösung stattfinden.
Als Partner für die Umsetzung der Shop Floor Integration (SFI) überzeugte schließlich die Lösung für vertikale Digitalisierung des Siegener Softwareherstellers GIB. Eine in der Maschine vorhandene Sensorik misst dabei die Hebe- und Senkzahl des jeweiligen Bestückkopfes und leitet die Daten automatisch an das ERP-System weiter. Ist die maximale Pick-Zahl erreicht, wird selbstständig ein Wartungsauftrag erstellt sowie die Ersatzteilreservierung ausgelöst.
„Für uns bestand der große Vorteil von SFI darin, dass wir bestehende Hard- und Software nutzen konnten. Wir mussten weder zusätzliche Sensorik verbauen, noch Änderungen in der Middleware vornehmen oder das ERP-System anpassen. Normale Customizing-Funktionen gewährleisten die Verbindung vom Shop Floor zur Geschäftsprozessebene“, erläutert Matthias Marx, IIoT Consultant bei der GIB.
Informationen in Echtzeit abrufen und Alerts auslösen
SFI ist eine Softwarelösung, die Sensordaten aus der Middleware aufnimmt und die Informationen in die entsprechenden Bereiche im ERP-System weiterleitet. Dort werden die Informationen für spätere Auswertungen gespeichert und dienen als Basis von Handlungsempfehlungen. Dazu gehören beispielsweise Alerts für automatische Bestellanforderungen.
Für die Produktion der Leiterplatte bedeutet das, dass jeder Bestückkopf per Barcode im SAP-System erfasst ist. In Echtzeit kann dadurch die exakte Pick-Zahl jedes Kopfes abgerufen werden. Je nach individuellem Abnutzungsgrad schlägt das ERP-System automatisch den Austausch der Bestückköpfe vor, den der Instandhalter dann unmittelbar vornehmen kann. Dadurch vermeidet Ifm Überwartung und einen vorzeitigen Austausch von Bauteilen, die sonst unnötige Kosten und Ressourcenverbrauch verursachen.
„Für uns sind Wartung und Instandhaltung planbarer geworden. Wir konnten Stillstände und Rüstzeiten bei gleichzeitiger Sicherstellung einer hochwertigen Produktion minimieren“, resümiert Stefan Gessler. „Zugleich gehen wir mit der erreichten Ressourceneinsparung einen weiteren Schritt in Richtung Green Production, indem wir nachhaltiger wirtschaften.“
SFI hat zu zahlreichen Verbesserungen und zu einer effizienteren Maschinenauslastung geführt. Anstatt einmal wöchentlich den Zählerstand für getätigte Picks manuell in SAP einzugeben, werden die Bewegungen des Bestückkopfes automatisch erfasst und zweimal täglich übermittelt. Durch Tracking wissen die Produktionsverantwortlichen außerdem genau, wo welches Werkzeug im Einsatz ist.
Besonders positiv für die Abläufe in der Herstellung: Die gesamte Implementierung inklusive Prozessanalyse und Schulung nahm lediglich zwei Wochen in Anspruch. Der Produktionsausfall selbst war minimal. Zudem ist die Lösung nicht kostenintensiv, sodass sich die Investition innerhalb von sechs Monaten amortisiert hat.
Fazit
Unternehmen nehmen oft an, dass große Investitionen nötig sind, um Automatisierungs- und Digitalisierungssysteme für Industrie 4.0 zu implementieren. Dabei können bereits kleine Lösungen in Teilbereichen eine große Wirkung erzielen, ohne den laufenden Betrieb langfristig zu beeinträchtigen.
Die Implementierung von SFI bei Ifm zeigt, dass mit vergleichsweise geringem Aufwand eine wesentliche Optimierung von Arbeitsabläufen erzielt werden kann. Ein zusätzlicher Vorteil von Teillösungen wie dieser besteht darin, dass der Schulungsaufwand für Mitarbeiter äußerst gering ist und die Lösung auf breite Akzeptanz stößt.