A&D: Herr Volz, welche neuen Produkte und Leistungen bietet HMS seit der Übernahme von Ixxat?
Michael Volz: Wir haben Ixxat zum Februar letzten Jahres übernommen, da deren Produkte unser Portfolio sehr schön ergänzen. Seitdem hat sich viel getan. Wir haben ein großes Spektrum an CAN-Technik dazu gewonnen, denn darin war Ixxat seit Anbeginn Experte. HMS war zuvor mehr in Richtung Profibus und Profinet unterwegs. Hatten wir uns bislang eher auf Kommunikationsmodule und Gateways fokussiert, können wir nun auch die entsprechende Software in Form von Protokoll-Stacks anbieten, wenn der Kunde kein Modul möchte. Ein weiteres großes Thema ist der Bereich Safety. Vor einem Jahr haben wir erste Entwicklungen gestartet und Ixxat ist heute unser Safety-Kompetenzzentrum.
Welche neuen Safety-Konzepte bieten Sie seit der Fusion und wo liegen die Vorteile für den Anwender?
Wir sind jetzt soweit, dass wir ein dreistufiges Konzept anbieten. Für einfache Anwendungen haben wir unser Safety-Modul. Das ist eine fix und fertig vorzertifizierte Lösung, die es besonders einfach macht, sichere I/Os in Automatisierungsgeräte zu implementieren. Wenn jemand komplexere Safety-Funktionen realisieren will, zum Beispiel für Antriebe, dann bieten wir Safety-Protokoll-Stacks an: für Ethercat mit FSOE, Powerlink mit Opensafety, Ethernet/IP und Sercos mit Cip-Safety und Profisafe für Profinet. Will sich jemand gar nicht mit dem Thema Safety beschäftigen, bieten wir Komplettlösungen für alle wichtigen Protokolle an, von der Konzeptphase bis hin zur Produktion der sicheren Hardware-Komponenten. Das unterscheidet uns von den anderen Playern am Markt.
Welche Marktstrategie verfolgen Sie damit und welche Zielgruppen möchten Sie verstärkt adressieren?
Unser Zielmarkt ist die Automatisierungstechnik mit dem Schwerpunkt Fabrikautomation. Zunehmend sind wir aber auch in den Bereichen Gebäudeautomatisierung, Energieverteilung und -management tätig. In all diesen Märkten spielt das Thema Kommunikation mit den neuen Europäischen Normen und Standards eine zunehmende Rolle. Wir wollen der Anbieter sein, der alles abdecken kann, die passenden Lösungen hat und dem Kunden nicht nur irgendein Produkt auf den Tisch legt, sondern auch Beratung und Expertise dazu anbietet. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren Kunden ist uns sehr wichtig.
Welche Anwendungen profitieren besonders von integrierter Safety und warum?
Der Hintergrund für die integrierte Sicherheitstechnik kommt von den Automobilbauern. Sie haben gesehen, wie vorteilhaft es ist, wenn alle Kommunikationsaufgaben über ein Kabel laufen: sprich die Echtzeitkommunikation, die IT-Daten, die Statistikdaten und auch die sicheren Daten. Die Automobilbauer haben diese Technik zusammen mit dem Tüv entwickelt und jetzt geht es in die breite Anwendung: bei Maschinen, Anlagen, Antrieben und überall, wo sich etwas bewegt, seien es Türen, Schutzgitter, Steuerungen oder Prozesse wie schweißen und kleben – alle diese Automatisierungsaspekte haben Bedarf an Sicherheitstechnik. Der Vorteil: Jetzt geht alles über ein Bussystem, es braucht keine separaten Kabel mehr. Ich kann alles an einer Stelle konfigurieren und habe ein System, wo alle Komponenten zusammenspielen. Das ist unsere Zielrichtung und dafür haben wir die passenden Lösungen.
Ist das schon so im Einsatz?
Wir sind vor etwa drei Jahren mit dem Thema gestartet. und heute noch nicht so weit, dass große Stückzahlen unserer Safety-Lösungen im industriellen Einsatz sind. Alle Zertifizierungen sind abgeschlossen und die Kunden setzen die Technik auch schon in Pilotinstallationen ein. Man sieht daran sehr schön, wie lange so ein Entwicklungszyklus dauert und wie kompliziert das Thema auch in Hinblick auf die Zertifizierungen ist. Diesen langen Zyklus möchten wir für unsere Kunden verkürzen.
Die integrierte Sicherheitstechnik wird mehr und mehr in Standardbussysteme integriert, welche Vorteile bieten Ihre Safety-Module?
Unsere Safety-Module ergänzen unsere Lösungen für die Standardbussysteme. Viele Kunden setzen unsere Kommunikationstechnik ein, um ihre Automatisierungsgeräte mit den verschiedenen Standardbussen zu verbinden. Unsere Safety-Technik ist einfach eine weitere Komponente, die als Baustein unsere Standardmodule ergänzt. Sie wird nur eingesetzt, wenn sie tatsächlich gebraucht wird. Wenn nicht, kann sie entfallen, sodass keine zusätzlichen Kosten entstehen. Die Anwendungen, bei denen integrierte Sicherheitstechnik zum Tragen kommt, machen heute nämlich nur zehn Prozent der gesamten Installationen aus.
Sie bieten auch Safety-Seminare an, wen und was möchten Sie damit erreichen?
Wie gesagt, bieten wir zu unseren Produkten immer eine qualifizierte Beratung und ergänzende Dienstleistungen an. Deshalb ermöglichen wir zum Thema Safety einen einfachen, strukturierten Einstieg. Für viele Firmen ist Safety Neuland. Diese Unternehmen wollen wir an die Hand nehmen und bei ihrer Entwicklung partnerschaftlich begleiten.
Was sind das für Firmen?
Das sind im Wesentlichen Gerätehersteller, bei denen Safety nicht die Kernfunktion, sondern eine Teilkomponente ist, die aber immer wichtiger wird. Zum Beispiel bei einer Schweißsteuerung: Wenn ein Fehler auftritt, muss der Schweißprozess sicher unterbrochen werden. Unsere Einstiegslösungen ermöglichen es, solche Funktionen über den Bus zu integrieren.
Welche Meilensteine sollen bei HMS und Ixxat in den nächsten drei Jahren erreicht werden? Bitte wagen Sie einen Ausblick.
Meine Glaskugel habe ich gerade nicht auf dem Tisch (lacht). Wir haben uns vorgenommen, der führende Anbieter industrieller Kommunikationssysteme zu bleiben. Wir wollen diese Position ausbauen und haben die Umsatzmarke von 100 Millionen Euro fest im Blick. Wir wollen organisch und strategisch wachsen und suchen weiter nach Unternehmen, die unsere Marktreichweite und unser Portfolio ergänzen können.
Haben Sie jemanden im Blick?
Ja, aber das möchte ich noch nicht kommunizieren (lacht).