Roland Bunse ist mit diesem Beitrag im P&A-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Prozessindustrie vertreten. Alle Beiträge des P&A-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen.
Keine Anlage gleicht der anderen. Auch vermeintlich identische Prozesse sind bei genauerer Betrachtung immer unterschiedlich aufgebaut. Besonders spannend ist der Einsatz und Schutz von neuen Anlagenteilen, die in ihrer Bauart neuartig sind und damit nicht mit anderen, bekannten Elementen verglichen werden können.
Neben der verfahrenstechnischen Anlagenaufstellung und deren Einzelelementen ist auch die Betrachtung der Stoffzusammensetzung ein wichtiger Baustein bei der Entwicklung eines Explosionsschutzkonzepts. Besteht die Anlage aus Komponenten, die dem in den Normen betrachteten Standard entsprechen und verarbeitet man zusätzlich gut erforschte Medien, geben die entsprechenden Regularien eine gute Orientierung. Sobald die eingesetzten Medien allerdings eher neuartig oder wenig erforscht und/oder neuartige Anlagenteile im Einsatz sind, ist guter Rat von Spezialisten die einzige Möglichkeit, ein sicheres, wirtschaftliches Schutzkonzept zu erarbeiten.
Neue Adresse für Explosionsszenarien
Wen also mit ins Boot holen, wenn Stoff, Stoffgemisch und Maschine innovativ sind und das Verhalten bislang unbekannt ist? Bis dato blieben als Anlaufstelle nur die Benannten Stellen, jedoch sind diese vorrangig der Zertifizierung verschrieben. Forschung ist für Verfahrenstechniker allerdings elementar, denn keine Entwicklung ist im ersten Versuch vollends serienreif. Die Tests sind nötig, um zu lernen und zu optimieren. Sie geben Aufschluss darüber, wie das Medium oder die Gerätschaft im Explosionsfall reagiert.
Aktuelle Fragestellungen sind zum Beispiel: Wie verhalten sich Lithium-Ionen-Akkus im Kurzschluss/Brand/Crash? Welche Auswirkungen hat ein Lichtbogen in einem ölgefüllten Transformator? Sind Nanopartikel explosionsgefährlicher als klassische Stäube? Und: Welche Druckbelastbarkeit hat mein Bauteil aus Komposit/Verbundwerkstoffen?
Seit Ende 2018 ist das Rembe Research + Technology Center (RTC) als unabhängiges Prüflabor gemäß DIN EN ISO 17025:2018 akkreditiert und damit eine sehr gute Adresse, um Verfahren, Stoffgemische und neu entwickelte oder modifizierte Anlagenteile zu testen. Mein Team begleitet Verfahrenstechniker und Anlagenbauer über alle Stationen der Produktentwicklung oder Stofferprobung. Für Kunden besonders attraktiv: Die im RTC durchgeführten Prüfungen sind, dank der Akkreditierung als anerkanntes Prüflabor und in Absprache mit Benannten Stellen, verwertbar für Bauteil-Zertifizierungen. Das kann viel Zeit sparen.
Offen für das Unbekannte
Bisher bestand die Kundschaft des RTC fast ausschließlich aus Verfahrenstechnikern. Neue Herstellverfahren und neuartige Technologien, beispielsweise aus der Automobilindustrie oder der Pharmazie, stellen die Verantwortlichen vor neue Fragestellungen, die allein durch experimentelle Untersuchungen beantwortet werden können. Um klassische Staubexplosionen geht es dabei immer weniger. Vielmehr um Fragestellungen rund um Energiespeicherung und -bereitstellung, lösemittelfeuchte Produkte und verschiedene Stoffarten.
Gern spreche ich darüber, worum es mir persönlich geht: Der Standard ist nicht unser Geschäft. Wir sind für das Neue, Unbekannte und manchmal auch sehr Kritische da. Denn insbesondere Forschung beruht auf Erfahrung.