Wenn die Achema 2018 eines gezeigt hat, dann ist es die Tatsache, dass die digitale Transformation der Prozessindustrie in vollem Gange ist. Auch Siemens zeigte an seinem Messestand, wie Unternehmen der Prozessindustrie schon heute die Vorteile der Industrie 4.0 nutzen können. Das Portfolio des Unternehmens umfasst integrierte Hard- und Software und Services für Unternehmen jeder Größe und Branche aus der Prozessindustrie.
Das Unternehmen bietet ein durchgängiges Datenmodell entlang des gesamten Anlagen-Lebenszyklus, vom Integrated Engineering zu Integrated Operations und bis zu datenbasierten Services. Dieser digitale Zwilling ermöglicht es Anwendern, während des laufenden Betriebs eine höhere Flexibilität, kürzere Time-to-Market, gesteigerte Effizienz und verbesserte Qualität zu erreichen.
Die Vorteile der Digitalisierung in Brown- und Greenfield-Anlagen zeigte Siemens auf der Messe an spezifischen Kundenbeispielen. So hat der australische Farbenproduzent Dulux mit dem Siemens-Lösungsportfolio seine erste Digital Paint Plant realisiert. Wichtig war es Dulux, konstant höchste Qualität zu produzieren und flexibel genug zu sein, um individuelle Kundenwünsche zu erfüllen. Die digitale Lösung ermöglichte die Fertigung in Losgröße 1 und bedeutet für Dulux 100 Liter Farbe anstelle von früher 5.000 Liter pro Batch.
Bei Pfizer in Freiburg wurde die Produktion von Tabletten und Kapseln für die Behandlung von Krebs-, Schmerz- und Herzpatienten mit Siemens-Lösungen weiter automatisiert und digitalisiert. Ziel war, schnell auf veränderte Marktanforderungen reagieren zu können – und das bei konstant hoher Qualität. Bei veränderten Volumina wurden in der Vergangenheit bis zu vier Monate für Anpassungen benötigt. Heute kann sich Pfizer in wenigen Minuten auf einen neuen Markt einstellen.
Basierend auf seinem weltweit führenden Automatisierungs- und Antriebs-Portfolio bietet Siemens mit seinem Digital Enterprise neue technologische Konzepte auf Basis von Industrie-Standards an, beispielsweise für den modularen Anlagenbau, der Zulieferern wie Anlagenbetreibern hohe Flexibilität bietet. Konkrete Applikationen und Referenzen zeigen, wie Anwender das volle Potential der Digitalisierung ausschöpfen können.
Auf der Messe zeigte Siemens Ansätze für neue Dimensionen der Konnektivität für die skalierbare und offene vertikale und horizontale Integration – so zum Beispiel basierend auf dem Namur Open Architecture (NOA) Standard oder mit Sidrive IQ. Die NOA-Komponenten ermöglichen einen sogenannten Second Data Channel, der eine direkte Verbindung von der Feldebene bis in die Cloud-Lösung ermöglicht. Mit Sidrive IQ bietet Siemens eine neue digitale Plattform für die Erfassung und das Analysieren von Antriebsdaten auf Basis des cloud-basierten, offenen und branchen-übergreifenden IoT-Betriebssystems Mindsphere.
Software-Update für mehr Flexibilität in der Simulation
Eine Premiere auf der Messe war die Vorstellung der neuen Version V10 der Simulationssoftware Simit aus dem Digital Enterprise-Portfolio für die Prozessindustrie. Damit können zusätzliche Funktionen wie Bibliotheken, der Component Type Editor und Virtual Controller flexibel ergänzt werden. In Kombination mit der neuen Lizenzstruktur ergibt sich daraus eine verbesserte Skalierbarkeit der Software zugeschnitten auf die jeweilige Projektgröße.
Der Einsatz von Simulation kann damit von Beginn an wirtschaftlich betrieben werden, da der Preis sich ab der Version 10 an der Größe des zu simulierenden Projektes in Simit orientiert. Ebenfalls neu ist das Dongle-Konzept, durch das die Anzahl der Dongles künftig je nach Anwendungsfall deutlich reduziert werden kann. Neben dieser grundlegenden Lizenzinnovation profitieren die Anwender mit Simit V10 auch von einigen funktionalen Erweiterungen. Dazu gehören die Unterstützung des S7 Redundanz Protokolls beim Virtual Controller für die Simatic S7-400 und die neuen Komponenten innerhalb der Chembasic Bibliothek für die Simulation verfahrenstechnischer Prozesse.
Ankündigungen und Partnerschaften
Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum Digital Enterprise markierte die Gründung der Process Industries Academy auf der Achema, die Siemens mit seinen Divisionen Process Industries and Drives und Digital Factory und Bentley Systems mit dem Bentley Institute bekanntgab.
In der Akademie sollen Best-Practice-Ansätze für das Engineering und den Betrieb von Anlagen vermittelt werden. Die Akademien befinden sich an den strategischen Standorten Karlsruhe, Deutschland (Siemens Process Automation World), Houston, Texas/USA (Digital Advancement Academy von Bentley) und Shanghai, China (Siemens Process Industry Centre for Excellence), um die Prozessindustrie weltweit zu unterstützen. Die erste Veranstaltung findet in der zweiten Jahreshälfte 2018 in der Siemens Process Automation World in Karlsruhe statt.
Angesichts der jüngsten Entwicklungen in den Prozessindustrien zum Beispiel auf den Öl-, Gas- und globalen Energiemärkten und den sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Anlagenproduktion, werden immer wieder etablierte Arbeitsweisen über den gesamten Anlagenlebenszyklus hinweg in Frage gestellt. Weniger Investitionen in Green-Field-Projekte und ein erhöhter Fokus auf die Optimierung von Produktivität, Leistung und Nutzung bestehender Anlagen veranlassen Anlagenbetreiber, nach neuen Wegen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Betriebserträge zu suchen.
Ein ganzheitlicher Ansatz zur kontinuierlichen Verbesserung von zugrundeliegenden Geschäftsprozessen muss sich mit der Interaktion der zur Verfügung stehenden Unternehmensressourcen sowie aller am Projekt beteiligten Mitarbeitern in Verbindung mit den neuesten Technologien beschäftigen. Ein Einblick darüber, wie Bentley und Siemens gemeinsam mit neuen cloud-basierten Technologien das Anlagenengineering und den Betrieb optimieren, ist kürzlich in einem Whitepaper von ARC Advisory Group dargelegt worden.
Basierend auf der Erfahrung und dem Wissen der führenden Branchenexperten wird die Process Industries Academy Seminare und Symposien anbieten, die anhand von praktischen Beispielen die wesentlichen Aspekte durch die Digitalisierung für eine effizientere Planung und Erstellung sowie einen erfolgreichen Betrieb von Anlagen aufzeigen. Die Teilnehmer erfahren, wie die Entwicklung einer klaren digitalen Strategie die Zusammenarbeit, Kommunikation und Koordination zwischen den einzelnen Projektteams verbessert und eine ideale Umgebung für die Optimierung der Informationserstellung und digitalen Arbeitsabläufe schafft.
Weitere Kooperationen und Partnerschaften, die auf der Achema verkündet wurden, zeigt die Bildergalerie.