Das Wettrennen um den Weltmarkt der Bahntechnik geht in die nächste Runde: Nachdem die zwei größten chinesischen Zugunternehmen CSR und CNR zu CRRC schon 2014 fusionierten, setzen nun Siemens und Alstom zum europäischen Gegenschlag an, wie die beiden Firmenchefs in einer Pressekonferenz verkündeten.
Fusion bis Ende 2018 abgeschlossen
Die EU-Kartellbehörden müssen dem Zusammenschluss zwar noch zustimmen, die Firmen stehen dem aber optimistisch gegenüber. Siemens-Chef Kaeser forderte die Behörden auf, den Weltmarkt und nicht nur den europäischen Markt zu betrachten, um die Entscheidung richtig einordnen zu können. Der Deutsche-Bank-Analyst de-Bray schätzt, dass das neue Unternehmen bei Regionalzügen und Straßenbahnen in Deutschland auf einen Marktanteil von mehr als 50 Prozent kommen wird.
Austausch von Kompetenzen
Der Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge, 48, wird den Konzern in seiner zukünftigen Zentrale in Paris leiten. In der Pressekonferenz sagte Siemens-Chef Joe Kaeser, 60:„Dieser deutsch-französische Zusammenschluss unter Gleichen sendet in vielerlei Hinsicht ein starkes Signal.“ „Wir setzen die europäische Idee in die Tat um und schaffen gemeinsam mit unseren Freunden bei Alstom auf lange Sicht einen neuen europäischen Champion der Eisenbahnindustrie.“ 470 Millionen Euro Synergien werden in den vier Jahren nach Abschluss der Fusion erwartet. Alstom will durch den Zusammenschluss von der deutschen Digitalkompetenz profitieren und und wird vor allem in der Signaltechnik unterstützt.
Gegenwind von französischer Opposition
Da die IG Metall ihre Hauptforderungen erfüllt sieht, wird sie die Belegschaft in Erlangen informieren, wie der Bayerische Rundfunk berichtet. Elisabeth Mongs, 2. Bevollmächtigte der Gewerkschaft in Erlangen, sagte dem BR, dass der fränkische Standort Erlangen für die nächsten vier Jahre gesichert sei. In Frankreich dagegen fürchten die Gewerkschaften „mittelfristig“ mit Entlassungen, doch Siemens hat sich laut dem französischen Wirtschaftsministerium zum Erhalt der Stellen für vier Jahre verpflichtet.
Frankreichs Opposition ist gegen die Fusion, da der deutsche Konzern mit 50,7 Prozent die mehrheitlichen Anteile des neuen Konzerns erhalten wird. Der Republikaner fürchtet: „Ist das das Ende von Alstom? Wird der TGV deutsch?“ Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Mair hingegen findet, durch den Wettbewerbsdruck aus China müssten sich deutsche und französische Kräfte vereinen. So klingen auch deutsche, politische Stimmen: Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries glaubt, dass das eine gute Chance für die Zukunft ist, angesichts des internationalen Drucks.
Druck aus dem Reich der Mitte
Seit sich CSR und CNR fusionierten, steigerte sich die technische Qualität auch dank Finanzspritzen des chinesischen Staats. Das hatte zur Folge, dass einer der größten Siemens-Mobility-Kunden, die Deutsche Bahn, nun auch in China einkaufte, denn die Preise sind dort trotz höherer Qualität immer noch geringer als die deutschen. Die chinesischen Hochgeschwindigkeitszüge werden schon bald die 400 Stundenkilometer erreichen und das Streckennetz ist in den letzten Jahren drastisch ausgebaut worden. 1318 Kilometer beträgt die Zugstrecke zwischen der Hauptstadt Peking und der Wirtschaftsmetropole Schanghai, die nun in knapp viereinhalb Stunden zurückgelegt werden kann. Der chinesische Riesenkonzern macht da aber noch nicht Halt: Anfang Juni hat CRRC Zhuzhou Electric Locomotiv seine selbstfahrende Tram vorgestellt.
Die vierte ICE-Generation
Das bedeutet für Deutschland aber noch lange keinen Stillstand: Erst 2016 erhielt Siemens den Großauftrag für die vierte Genration der Hochgeschwindigkeitszüge ICE. Die deutsche Bahn hat 130 der Züge für 5,3 Milliarden Euro bestellt. Die Auslieferung wird 2030 sein und hält die Option auf 170 weitere Züge bereit. Außerdem kommentierte die Deutsche Bahn den Zusammenschluss als „europäische Chance“.