Staplerfahrer haben beim Rückwärtsfahren eine stark eingeschränkte Sicht und einen großen toten Winkel. Damit die Logistikmitarbeiter im Lager des finnischen Werkstoffherstellers Outokumpu besonders sicher arbeiten können, hatte sich das Unternehmen über seinen Linde-Vertragshändler, die Firma Richter Fördertechnik in Herborn, auf die Suche nach einem smarten Fahrassistenzsystem begeben. Anstatt auf Kamerasysteme zurückzugreifen oder eine Lösung zu wählen, die lediglich mit einem Transponder bei Personen funktionieren, fiel die Wahl auf die Rückraum-Überwachung RAM 107 von Tbm hightech control.
Sichere Mensch- und Objekterkennung
Dabei überwacht eine spezielle 3D-Kamera unterstützt durch eine smarte Bildverarbeitung den Rückfahrbereich über verschiedene Sicherheitszonen hinter dem Stapler. Die Umgebung wird in drei Schutzfelder eingeteilt, die sich je nach Geschwindigkeit des Fahrzeugs dynamisch anpassen, das heißt, in ihrer Größe auf den benötigten Bremsweg zum erfassten Objekt einstellen.
Darüber hinaus erfasst die präzise Kamera neben Menschen auch Objekte und gibt über ein optisches sowie akustisches Signal auf einem Bildschirm in der Fahrerkabine an, wie weit das Objekt entfernt ist und bremst den Stapler ab, wenn eine Gefahrensituation erkannt wird.
360-Grad-Rundumschutz mit skalierbarer Tempoanpassung
Outokumpu, ein Hersteller von Edelstahl, legt großen Wert auf die Sicherheit der Mitarbeiter und investiert dafür in Sicherheits- und Assistenzsysteme. Ein Bereich, in dem ein besonders hohes Gefahrenpotenzial herrscht, ist die werkseigene Logistik. Um hier Unfälle und Kollisionen mit Lagergütern oder Regalwänden zu vermeiden, hat sich Outokumpu auf die Suche nach einer passenden Technologie begeben.
Obwohl der Markt zahlreiche unterschiedliche Lösungen zur Unfallvermeidung in der Intralogistik bietet, erfüllte keines die Erwartungen des finnischen Unternehmens: So sollte eine automatische Reduzierung der Geschwindigkeit möglich sein, jedoch musste diese variabel genug arbeiten, um sich an das Gefahrenpotential der jeweiligen Situation anpassen zu können. „In diesen Fällen eignen sich dann entweder Rundumschutz-Systeme für den Stapler oder Rückfahrsicherungen“, berichtet Edgar Nassal, langjähriger Geschäftsführer der Tbm hightech control.
„Ein 360-Grad-Rundumschutz für den Stapler und die dazugehörigen Transponder-Systeme ergaben bei Outokumpu aber speziell das Problem, dass die Stapler häufig unnötig ausgebremst wurden.“ Outokumpu wandte sich deshalb an seinen Fahrzeuglieferanten, den Linde Vertragshändler Richter Fördertechnik. Dieser sollte dabei helfen, die optimale Lösung für die eigene Intralogistik zu finden.
„Richter Fördertechnik riet uns dann relativ schnell zu den Fahrerassistenzsystemen von Tbm hightech control aus Aschheim bei München“, erklärt Florian Morell, Head of Infrastructure im Outokumpu Werk in Dillenburg. Bei deren Lösung RAM-107 wird der Rückraum in drei adaptive Schutzzonen eingeteilt, wobei sich deren Länge automatisch der Staplergeschwindigkeit anpasst. Dies sorgt für eine störungsfreie Fahrt in engen Bereichen und beim Rangieren, wenn das Fahrzeug langsam gefahren wird, und somit nur kurze Überwachungsbereiche aktiv sind. „Alarm wird somit nur dann ausgelöst, wenn eine Warnung auch wirklich erforderlich ist. Dies bringt eine hohe Akzeptanz bei den Fahrern“, so Morell.
Smarte 3D-Sensortechnik nutzt Time-of-Flight-Messung
Vom Fahrerschutzdach aus überwacht die RAM-107 bei geeigneter Montageposition den Rückraum nahezu ohne toten Winkel direkt bis ans Fahrzeugheck. Dazu nutzt der integrierte 3D-Sensor das Lichtlaufzeitverfahren (Time-of-Flight) mittels patentierter PMD-Technik. Der zu überwachende Bereich wird mit einem modulierten, unsichtbaren Infrarotlicht beleuchtet und das reflektierte Licht trifft wiederum auf den PMD-Sensor. Anhand der Phasenverschiebung zwischen gesendetem und empfangenem Signal bestimmt nun jedes Pixel des Sensor-Chips die Abstände zwischen dem Stapler und den Objekten. Die Signalverarbeitung wird durch eine kompakte Elektronik mit intelligentem Auswertungsalgorithmus unterstützt, wodurch eine sehr hohe Präzision gewährleistet ist.
„Anders als bei vergleichbaren Systemen können wir sehr genau zwischen stehenden Menschen, Personen in gebückter Haltung, tiefliegenden Anhängern oder Regalwänden und hüfthohen Kartons unterscheiden“, erläutert Nassal. „Auch Abgründe wie Rampen erkennt das System zuverlässig.“
Die smarte Auswerteinheit verarbeitet pro Sekunde 1.024 Bildpunkte (Daten) und erkennt in 3 m Entfernung einen Prüfkörper von 30x30x30 cm und reagiert mit einem Alarmsignal. Anders ausgedrückt: der Fuß einer Person genügt, um das Fahrzeug abzubremsen. Bei einem Anhalteweg von zum Beispiel 2,0 – 2,5 m ist das die notwendige Sicherheit für die Fußgänger. Aufgrund der hochwertigen Sensorik ist das System auch bei grellem Sonnenlicht oder in der Dunkelheit, wie sie in engen Lagerbereichen häufig herrscht, zweifelsfrei einsetzbar.
Vom Cockpit aus werden dem Fahrer über einen fünf Zoll großen Multifunktions-Farbmonitor die drei einstellbaren Überwachungszonen gezeigt. Ergänzend dazu erfolgt die Anzeige der Entfernung zum erkannten Objekt sowohl optisch (grün/gelb/rot-Farbwechsel) als auch akustisch (immer schneller werdende Tonsignale). Das Live-Bild und die Echtzeitwarnung geben dem Fahrer jederzeit volle Sicht in den Gefahrbereich, was für zusätzliche Sicherheit beim Ein- und Auslagern, also der täglichen Arbeit, sorgt.
Outokumpu zieht positive Bilanz
Nach Einführung der Rückraum-Überwachung RAM-107 kann die Zusammenarbeit zwischen Richter Fördertechnik, Tbm und Outokumpu als echter Erfolg gewertet werden. Im Werk in Dillenburg sind bereits 14 Linde-Stapler mit der RAM-107 ausgestattet und im Einsatz. Diese Fahrzeuge werden in einem Bereich eingesetzt, wo sehr viel Personenverkehr herrscht. Durch die Rückraum-Überwachung ist ein sicheres Arbeiten der Mitarbeiter möglich und Anfahrschäden an fertigen Produkten von Outokumpu sowie Gebäudeeinrichtungen wie Hallenträger, Maschinen und Werkzeugen werden vermieden.
„Mit dem Assistenzsystem von tbm konnten wir unsere Schäden drastisch reduzieren“, erklärt Morell. „Für uns ist deshalb klar, dass wir auch weiter auf die tbm-Systeme vertrauen.“ Was in dem Werk Dillenburg begann, wurde inzwischen auf andere Standorte wie Krefeld und Sachsenheim weiter ausgerollt.