Sensorik & Messtechnik Standard für die Vielfalt

publish-industry Verlag GmbH

13.06.2014

Feldgeräteintegration mit FDI eröffnet Wahlfreiheiten – ein Zwischenstand kurz vor dem Abschluss der Beta-Tests

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Standards erleichtern das Leben. Und Individualismus ist Trend. Beide Aussagen würden Sie sicher unterschreiben. Auch wenn sie erst einmal nach Widerspruch klingen: Beispiele, die beides zugleich belegen, gibt es zuhauf. Das Auto, bei dem jeder das Gaspedal auf Anhieb findet, das man aber mit hunderten von Ausstattungsmerkmalen konfigurieren kann. Oder ein Knopf. Tausende Varianten gibt es – aber wer einmal einen angenäht hat, kann das mit jedem.

Individualisierungsmöglichkeiten wünschen sich auch die Anwender von Messtechnik. Schließlich sind ihre Anforderungen je nach Prozess äußerst unterschiedlich. Sie sollten aber zugleich auf Standards bestehen. Wer täglich x verschiedene Geräte konfigurieren muss, weiß, was es wert ist, wenn er dazu das immer gleiche Werkzeug nutzen kann. Ähnlich wie beim Knopf die Nadel. Und in Engineering-Abteilungen kann die Integration von tausenden von Feldgeräten in ein Leitsystem beliebig komplex werden, wenn die Ingenieure dazu keinen Standard nutzen können.

Die Feldbustechnik vereinfacht das alles – im Verbund mit zwei Technologien, bisher zumindest. Zum einen
FDT/DTM: Ein Software-Baustein für das Feldgerät, der DTM, liefert jedem Host (Scada oder PLS) in einem FDT-System alles, was es zur Integration benötigt – wie der Druckertreiber, durch den sich Computer und Drucker verstehen. Auf ein ähnliches Prinzip, aber andere technische Umsetzung baut EDDL. Wer es für Geräteintegration und -management nutzen will, wählt eine System­umgebung, die EDDs versteht. Beide Technologien haben ihre Besonderheiten und Vorteile – mehr oder weniger Individualität, mehr oder weniger Standardisierung. Offensichtlich wird das beim Vergleich der Bedienoberflächen von Tools wie Pactware (FDT-Konzept) und den EDDL-fähigen Host-Systemen. Konkurrenz also, und die belebt das Geschäft. Normalerweise ein Zustand, wie ihn sich Kunden wünschen.

Bei Geräteintegration und -management jedoch wollten sie es anders, die Kunden. Von beiden Technologien das Beste: So einfach lässt sich der Anspruch zusammenfassen, der nun in FDI mündet. FDI steht für Field Device Integration und soll es künftig erlauben, mit nur einer Technologie alle führenden Leitsysteme zu unterstützen. Anwender müssen bei der Beschaffung nicht mehr nach dem jeweils geeigneten Gerät für ihr System suchen, Gerätehersteller nicht mehr zwei Integrationstechnologien bereitstellen. Feldgeräte mit einem FDI Device Package sind dann breit einsetzbar. Es enthält künftig alles, was ein FDI-Host benötigt – standardisiert und vor allem zertifiziert.

Und dennoch lässt es viele Freiheiten zur Individualisierung. Feldgeräte-Hersteller können je nach Komplexität ihres Geräts mal mehr, mal weniger ins Paket packen. Minimum sind die Basics zur Integration, ausreichend für einfache Geräte. Bei FDI sind das die Gerätebeschreibung mit Parameterdefinitionen, Parameterstrukturen für kontextspezifische Ansichten und automatisierte Prozeduren wie zum Beispiel die Kalibrierung. Das FDI Device Package kann aber noch viel mehr mitbringen. Über sogenannte User-Interface-Plug-Ins unterstützt es moderne Geräteinbetriebnahme-Funktionen ebenso wie die aktuellen Instrumente zur vorausschauenden Instandhaltung. Selbst ganze Produkthandbücher oder etwa die GSD bei Profibus lassen sich mitliefern.

Die Entwicklung der FDI-Technologie ist noch nicht abgeschlossen. Doch wichtige Zwischenziele sind erreicht. Karsten Schneider, Vorstandsvorsitzender der Profibus-Nutzerorganisation (PNO), stuft die Gründung der FDI Cooperation, LCC, als einen der wichtigsten Meilensteine ein. Das Unternehmen, gegründet von PNO, HCF, FF, OPC und FDT Group, entwickelte die FDI-Spezifikation, die auf der Namur-Hauptsitzung 2013 vorgestellt wurde – zusammen mit einer Vorab-Version der Entwickler-Toolkits. Schneider sagt: „Der nächste Meilenstein ist definitiv die Version 1.0, die im Sommer freigegeben wird. Unser großes Ziel, die Aufnahme in den internationalen Standard IEC 62769, peilen wir für Ende 2014 an.“

Nun aber muss erst einmal die Beta-Test-Phase für die Entwickler-Toolkits abgeschlossen werden. Jeder der FDI-Trägerverbände hat dazu einige Feldgeräte-Hersteller eingeladen. Der Sensorik-Hersteller Vega ist einer davon. Holger Sack, Leiter des Vega-Produktmanagements, begründet die Teilnahme: „Wir wollen unseren Kunden natürlich FDI-Packages anbieten, sobald danach gefragt wird.“ Noch will er abwarten, wie schnell und flächendeckend FDI erfolgreich sein wird. „Das hängt maßgeblich von den zur Verfügung stehenden Werkzeugen ab.“ Vega ist führendes Mitglied im Pactware Consortium, das die FDT/DTM-Technologie für eine herstellerunabhängige Bedienoberfläche nutzt. Folgerichtig verweist Holger Sack auf Pactware 5.0, das im Juli zur Verfügung stehen werde und mit dem „künftig auch Pactware-Nutzer die FDI-Packages einsetzen können.“

Vega und Samson unter den Beta-Testern

Weitere Beta-Tester finden sich beim Aktorik-Anbieter Samson. Dort beurteilt Stefan Erben, Leiter der Zentralabteilung Entwicklung, die ersten Erfahrungen im Beta-Test-Programm als positiv. Als Hersteller smarter Stellventile arbeite Samson an zukünftigen Standards mit: „Wir unterstützen die Entwicklung der FDI-Integrationstools so früh wie möglich. Die Ansätze sind vielversprechend.“

Karsten Schneider weiß bereits vor Abschluss der Beta-Tests, dass noch Fehler gefunden wurden: „Auch einige Anregungen zur Usability gab es.“ Dennoch stünde aus heutiger Sicht einem Release im Sommer nichts im Wege. Wenn dann die Erstellung der FDI Device Packages funktioniert, kann es eigentlich schon losgehen. FDI-Server in den Leitsystemen, die diese Pakete verwalten, stellen die Informationen den so genannten FDI Clients, also etwa einem Asset-Management-Tool, zur Verfügung.

Das Beste aus zwei Welten? Der Nutzer entscheidet

FDI also wirklich das Beste aus beiden Welten? Anwender und Gerätehersteller werden letztlich darüber abstimmen – einfach per Nachfrage und Einsatz der neuen Geräteintegrationstechnologie. Schneider jedenfalls ist überzeugt, dass die Feldbustechnik durch FDI künftig mehr Akzeptanz in der Prozessautomation gewinnen wird. Er betont: „Die Nutzung von intelligenten Feldgeräten wird wesentlich vereinfacht.“ Für ihn ist die Kombination aus harmonisierter EDD zur Gerätebeschreibung und den graphischen Möglichkeiten von FDT eine runde Sache. Wer als Gerätehersteller FDI unterstütze, habe beide Seiten abgedeckt: die FDT- und die EDD-Welt. Und für den Anwender erweitert sich die Angebotsvielfalt, weil er beispielsweise auch mit einem FDT-Tool FDI-Geräte konfigurieren kann. Nicht mehr das auf EDDL oder FDT/DTM ausgelegte Prozessleitsystem gibt künftig vor, welche Sensoren und Aktoren eingesetzt werden. Mit dem Standard FDI fallen Grenzen weg, durch die Betreiber bislang entweder die zweitbeste Gerätelösung wählen oder mit einem hohen Inte­grationsaufwand leben mussten. Auch wenn die Integration wohl dennoch bis auf Weiteres nicht so einfach wie das Knopf-Annähen werden wird – mit der FDI-Spezifikation und den bald fertigen Tools gibt es das geeignete Werkzeug.

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