Kuka setzt in seinem Smart-Production-Center in Augsburg die 3D-Streaming-Kamera Ranger von Sick zur auftragsbezogenen Überprüfung der aktuellen Bestückungssituation ein. Seit März 2018 läuft dort eine Pilotanlage, auf der Autotüren und Radhausbrücken verschiedener Automobiltypen und -marken auf ein und derselben Anlage gefertigt werden. Diese funktioniert nach dem Prinzip der Matrix-Produktion, bei der sich standardisierte Produktionszellen, die alle mit produktneutralen Grundfunktionalitäten ausgestattet sind, je nach Auftrag und Losgröße mit produktspezifischen Werkzeugen rüsten. Roboter nehmen das vom AGV angelieferte Bauteil auf und fügen es mit der entsprechenden Technologie.
Betrachtet man die Matrix-Produktion als abgeschlossenes System, dessen Zustände vollständig überwacht und nachvollziehbar sind, muss diesem System an einer Stelle das zu verarbeitende Material zugeführt werden. Genau an dieser Schnittstelle muss sichergestellt sein, dass die zugeführten Bauteile in richtiger Anzahl, typgerecht, lagerichtig und in geforderter Qualität zugeführt werden. Die Bauteile passieren diese Schnittstelle mittels AGV; eine Highspeed-Kamera überprüft anhand von Referenzmerkmalen, ob das AGV mit den richtigen Bauteilen ausgestattet beziehungsweise ob diese in Ordnung sind.
Kein falsches Teil in der Linie
Das AGV fährt in die Einlegestation des Warehouse ein; der Werker wird mit einem System „Pick by light and display“ angeleitet, welches Bauteil er in die Bauteilaufnahme des AGVs einlegen soll. Anschließend startet er die Bestückungskontrolle: Die Highspeed-Kamera von Sick fährt über das Bauteil und überträgt die Geometrieinformation über Ethernet an einen zentralen Rechner. Die integrierte Bildverarbeitungsbibliothek Halcon erzeugt daraus eine Punktwolke der aktuellen Bestückungssituation, welche mit den Vorgaben verglichen wird. Per OPC-UA-Kommunikationsprotokoll können Daten optional in Kuka Cloud-Lösungen hochgeladen werden.
Hohe Messgeschwindigkeit
Taktzeiten von unter einer Minute im Automobilbau kann die Kamera mit einer Taktrate von 30 kHz bei 200 Zeilen problemlos bedienen und ist derzeit eine der schnellsten 3D-Kameras auf dem Markt. „Wir haben hohe Anforderungen bezüglich Genauigkeit, Auflösung und Prozesssicherheit. Mit der 3D-Streaming-Kamera Ranger von Sick können diese Anforderungen auch bei dem hier geforderten großen Messvolumen von 4,20 m Länge, 2,20 m Breite und einem Meter Tiefe gewährleistet werden“, beschreibt Martin Eberl, Entwicklungsingenieur bei Kuka. „Einerseits müssen große Bauteile kontrolliert werden, andererseits müssen kleine Abweichungen, wie eine Doppelblechsituation, erkannt werden, falls der Werker beispielsweise versehentlich zwei Bauteile aufeinandergelegt hat.
So muss die Kamera einen Höhenunterschied von 0,8 mm sicher erkennen. Basierend auf diesen Anforderungen haben wir eine Kamera mit einer Höhenauflösung besser als 0,2 mm bei einem Messvolumen von rund neun Kubikmeter gesucht. Durch das flexible Konzept der 3D-Streaming-Kamera Ranger von Sick konnten wir das optimale Setup für unsere Aufgabenstellung bezüglich Messbereich und Messvolumen realisieren.“
Schnelle 3D-Messung und Multiscan
Ranger-Kameras dienen mit ihrer hohen 3D-Messgeschwindigkeit, Datenqualität und flexiblen Multiscan-Funktion weltweit als Haupt-Bildverarbeitungskomponente in Prüfsystemen. Sie extrahieren unabhängig von Kontrast oder Farbe die tatsächliche 3D-Form von Objekten. Diese Form kann zur Messung von Höhe und Volumen genutzt werden, um Formdefekte zu lokalisieren und um eine Qualitätseinstufung oder Sortierung nach Größe vorzunehmen. Mit dem Multiscan-Konzept kann eine Vielzahl weiterer Objektmerkmale wie Kontrast, Glanz und Laserstreuung gemessen werden – und all das gleichzeitig! Dies ermöglicht sichere Entscheidungen und kostengünstigere Lösungen, da nur eine Ranger-Kamera benötigt wird, um alle Informationen bereitzustellen.
Die Gut-Schlecht-Teileerkennung durch einen Bildverarbeitungssensor ist das klassische Beispiel einer binären Beurteilung – und hat mit einer zukunftsweisenden Lösung für die Smart Factory zunächst wenig zu tun. Lassen sich die vom Sensor im Inspektionsprozess erfassten Daten jedoch dazu nutzen, konkrete Maßnahmen zur Vermeidung von Schlechtteilen zu ergreifen, dann verändert dies das Mehrwertpotenzial und den Nutzen der Bildverarbeitungslösung immens.
Flexibilität und Produktivität im Einklang
Losgröße 1 ist die Herausforderung des Maschinenbaus. Kleine Stückzahlen und individualisierte Massenprodukte sind die Schlüsselbegriffe von Industrie 4.0. Um diese einzulösen, muss eine Maschine oder Anlage mit variabler Produktzuführung umgehen können und sich an unterschiedliche Formate anpassen lassen. Nur dann können Güter individuell nach Kundenwunsch bis hin zu Losgröße 1 und angepasst an Bedarfsschwankungen flexibel und effizient produziert werden. Das Kuka Smart-Production-Center setzt die wandlungsfähige und flexible Matrix-Lösung in die Realität um. Verschiedene Produkte lassen sich damit auf ein und derselben Anlage, die durch die KI-basierte Software Kuka Smart Production Control gesteuert wird, fertigen.