In der Prozessindustrie werden für Druckmessungen häufig Druckmittler eingesetzt, um das Messgerät vor aggressiven Medien zu schützen, oder – wie in der Pharmaindustrie – um eine spaltfreie Prozessanbindung zu realisieren. Dabei wird der Prozess mittels einer dünnen Metallmembran vom Messgerät getrennt. Eine Übertragungsflüssigkeit hinter der Membran überträgt den Prozessdruck zum eigentlichen Drucksensor. Mit einem Druckmittlersystem lässt sich für fast jede Druckmessaufgabe in der Prozessindustrie eine Lösung finden.
Einfluss der Prozesstemperatur
Nachteilig ist jedoch, dass ein Druckmittler nicht vollständig rückwirkungsfrei ist. Abhängig von der Ausführung kann ein Messfehler durch den Einfluss der Prozesstemperatur auftreten. Durch die Prozesswärme dehnt sich die Druckübertragungsflüssigkeit aus und lenkt die Trennmembran aus. Abhängig von deren Steifigkeit erzeugt diese eine Rückstellkraft, die als Fehler in die Druckmessung eingeht.
Die Größe der Rückstellkraft hängt entscheidend von der Membrandicke, dem Membrandurchmesser und der Membrankontur ab. Die Membrandicke muss aufgrund der erforderlichen mechanischen Widerstandskraft eine gewisse Mindestdicke aufweisen. Deshalb wird üblicherweise mit optimierten Membrankonturen gearbeitet, um die Steifigkeit zu reduzieren. Gerade bei kleinen Druckmittlern sind jedoch schnell die Grenzen des Machbaren erreicht. Bei kritischen Druckmessungen ist deshalb ein entsprechend großer Druckmittler erforderlich, damit der Fehler durch Prozesstemperaturänderungen akzeptabel bleibt.
Große Druckmittler sind allerdings nicht nur teurer in der Herstellung, sondern stellen auch nicht selten ein Problem bei der Prozessanbindung dar. Gerade in kleinen, kompakten Anlagen, erlauben die räumlichen Gegebenheiten häufig nicht den Einbau von großen Druckmittlern.
Temperaturfehler herausrechnen
Ein gängiger Ansatz zum Minimieren des Temperaturfehlers ist die Temperaturkompensation des gesamten Druckmesssystems. Dabei wird das System inklusive Druckmittler in einem Temperaturschrank in mehreren Stufen temperiert und die auftretenden Fehler in Korrekturtabellen hinterlegt. Auf diese Weise kann die Geräteelektronik diese Fehler herausrechnen.
Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Prozesstemperatur gemessen werden muss, um die richtigen Korrekturfaktoren zu verwenden. Üblicherweise steht der Geräteelektronik aber nur die Temperatur des Drucksensors zur Verfügung. Diese wird üblicherweise im Betrieb laufend gemessen, um den Temperaturfehler des Drucksensors selbst zu kompensieren.
Die Temperatur der Druckübertragungsflüssigkeit hinter der Trennmembran kann jedoch von der Sensortemperatur abweichen, da der Drucksensor weiter vom Prozess entfernt sitzt. Als Folge wird nur ein Teil des Temperaturfehlers durch diese Methode vermieden, auch wenn Marketingaussagen zum Teil etwas anderes suggerieren.
Die Korrektur kann außerdem nur so schnell wirken, wie der Drucksensor erwärmt wird. Durch den Abstand zum Prozess kommt es allerdings zu erheblichen Verzögerungen, sodass die Kompensation bei Schwankungen der Prozesstemperatur ebenfalls nur verzögert greift.
Aktive Korrektur mit zweitem Sensor
Um die Nachteile der bestehenden Verfahren zu beseitigen, hat die Firma Labom ein weiterführendes Kompensationsverfahren entwickelt und implementiert. Bei der ATC-Technologie (Active Temperature Compensation) wird mit einem zusätzlichen Temperatursensor die Temperatur der Druckübertragungsflüssigkeit im Druckmittler gemessen. Dieser Sensor, ein Pt100-Element, ist dabei so nah wie möglich an der Trennmembran platziert. Damit erfasst der Sensor in guter Näherung die Temperatur der Flüssigkeit hinter der Membran.
Der Vorteil der zusätzlichen Temperaturmessung liegt in der schnelleren Ansprechzeit im Vergleich zur Temperatur des Drucksensors. Veränderungen der Prozesstemperatur erfasst der zusätzliche Sensor schneller. Die daraus resultierenden Messfehler lassen sich somit auch schneller rechnerisch korrigieren.
Fehler um bis zu 90 Prozent reduzieren
Da die Temperaturen der bedeutenden Flüssigkeitsmengen im System – hinter der Membran und vor dem Sensor – bekannt sind, ist die Methode robuster gegen Änderungen der Umgebungsbedingungen. Die Korrektur kann deshalb so eingestellt werden, dass im stationären Zustand der Messfehler nahezu vollständig kompensiert wird.
Untersuchungen haben gezeigt, dass sich der Temperaturfehler unter realistischen Bedingungen mit Standardfaktoren um 80 bis 90 Prozent reduzieren lässt. Für eine besonders exakte Messung ist zudem die individuelle Vermessung des Druckmittlersystems möglich. Damit können die Korrekturfaktoren speziell für das Messsystem eingestellt und der Fehler weiter reduziert werden.
Das Beispiel einer realen Messung mit individuellen Korrekturfaktoren zeigt das Potenzial der ATC-Technolgie. Mit einem temperierbaren Wassertank wurde eine Füllstandsmessung simuliert. Für einen sehr kleinen Druckmittler wurden die Korrekturfaktoren ermittelt und anschließend eine Temperaturrampe gefahren. Im eingeschwungenen Zustand ließ sich der Temperaturfehler fast vollständig eliminieren. In der Aufheiz- und Abkühlphase kommt es nur zu minimalen Abweichungen vom Sollwert. Zusammen mit einer hohen Genauigkeit des Druckmessgerätes lassen sich mit der ATC-Technologie präzise Druckmessungen realisieren.