Sensorik & Messtechnik Unkompliziert in die Raffinerie

Bild: Ricardo Azoury
16.09.2014

Trotz immer leistungsfähigerer spektoskopischer Verfahren behaupten sich Prozess-Gaschromatographen in der Öl - und Gasindustrie – nicht zuletzt dank ihrer flexiblen Anwendbarkeit. Durch Standardisierung und konsequenten modularen Aufbau wächst diese sogar noch. Immer unkomplizierter wird es auch für das Wartungspersonal.

Die Öl- und Gasindustrie setzen seit Jahrzehnten auf Prozess-Gaschromatographen (Prozess-GCs). Hiermit optimieren sie ihre Anlagen hinsichtlich Energieverbrauch, stellen die Produktqualität sicher und verrechnen den Energiegehalt von Brenngasen im eichpflichtigen Verkehr. Weitere Einsatzfelder liegen in der Anlagensicherheit und Emissionsüberwachung.

Für diese Applikationen werden in der Regel die chemischen Zusammensetzungen oder auch wichtige Produkteigenschaften wie etwa Brennwert, Dichte und Reid-Dampfdruckwerte (RVP) der aus dem Prozess entnommenen Proben analysiert. Die Analysengeräte kommen auf Gasplattformen, in Pipeline-Stationen, in Gasaufbereitungsanlagen sowie vor allem innerhalb von Raffinerien und der kohlenwasserstoffverarbeitenden Industrie (HPI) zum Einsatz – überwiegend an Destillationskolonnen oder Reaktoren.

Prozess-GCs weisen eine hohe Flexibilität hinsichtlich ihrer analytischen Gerätekonfiguration auf. Durch diese hohe Flexibilität in der Leistungsfähigkeit und Anwendbarkeit haben die Gaschromatographen ihre wichtige Stellung innerhalb der Prozessanalysentechnik bis in die heutige Zeit untermauert. Das wurde erreicht trotz immer stärker in den Markt drängender spektroskopischer Verfahren. Diese sind zwar häufig einfacher zu handhaben, besitzen jedoch deutliche Einschränkungen hinsichtlich der Anwendbarkeit, wie zum Beispiel bei der Anzahl der Messkomponenten, bei Querempfindlichkeiten oder Robustheit.

Aktuell gibt es einen generellen Trend in Richtung Standardisierung der Analysatoren selbst, aber auch der kompletten Systemlösung. Dies ermöglicht eine weitere Reduzierung der Investitionen und Betriebskosten. Erreicht werden kann dies durch die Miniaturisierung von Analysatoren, zum Beispiel durch Gaschromatographen in der Mikrosystemtechnik. Man kann es aber auch durch die Vereinfachung der analytischen Trennstrecken eines konventionellen GC erzielen, etwa durch sogenannte parallele Chromatographie, bei der in einen Analysator mehrere Messstrecken parallel integriert sind. Dieser Aspekt sowie auch neue Wartungskonzepte werden insbesondere durch GCs unterstützt, in denen die komplette Analytik im GC-Ofen als Modul eingebaut ist.

Schneller Austausch des Moduls

Neben einer Vor-Ort-Reparatur wird dadurch auch ein schneller Austausch des kompletten Analytikmoduls mit allen relevanten Komponenten, etwa Dosierventil, Trennsäulen, Rückspülventil und Detektor, möglich. Insbesondere für kritische Prozesse, in denen eine sehr hohe Verfügbarkeit der eingesetzten Prozessanalytik unabdingbar ist, eröffnen sich damit neue Möglichkeiten. Die komplette Analytik kann unkompliziert in der Werkstatt des Betriebs vom eigenen Wartungspersonal repariert und mit Unterstützung eines tragbaren Testmonitors auf Funktionsfähigkeit überprüft werden. Der Test schließt entweder eine elektrische Überprüfung der Detektoren sowie der Dichtigkeit der analytischen Bauteile ein oder ein bereits herstellerseitig analytisch getestetes Analytikmodul ersetzt das vorhandene. Man kann in wenigen Minuten das Modul ein- bzw. ausbauen, wodurch der Prozess-Gaschromatograph mit äußerst geringem Verzug wieder in den Prozessbetrieb gehen kann.

Trennungen haben eine hohe Bedeutung in der kohlenwasserstoff-verarbeitenden Industrie. Die dafür benötigten Prozessanlagen stellen einen signifikanten Investitionsanteil dar. Prozess-GCs, inklusive dem modernen modularen Ofen vom Typ Maxum Modular Oven von Siemens, werden typischerweise in Anlagenteilen eingesetzt, in denen Kohlenwasserstoffe in Destillationskolonnen in einzelne Gruppen, etwa in DeMethanizer, DeEthanizer, DePropanizer, C3-Splitter, C4-Splitter, zerlegt werden. Diese Anlagentypen befinden sich mit unterschiedlichen Ausprägungen in Gasverflüssigungsanlagen wie Natural Gas Liquids (NGL) oder Liquefied Petroleum Gas (LPG), in Fluid Catalytic Crackern (FCC) oder vor allem auch in Ethylenanlagen.

Eine Vereinfachung der Messaufgabe gelingt durch die Auftrennung in zwei analytische Strecken mit einer Rückspülschaltung. Das eingebaute Membranventil hat mit der Dosierung und Rückspülung zwei Funktionen integriert und vereinfacht den Geräteaufbau deutlich. Diese komplette Analytik ist in zwei kompakten Einzelmodulen untergebracht.

Bedarf an Spurenanalytik wächst weiter

Aufgrund von zunehmenden Qualitätsansprüchen an die Produkte und einer strengeren Handhabung von umweltrelevanten Gesichtspunkten bei der Produktion steigt auch der Bedarf an geeigneten Messverfahren zur Bestimmung von Spurenkomponenten in Prozessgasen. Die Prozess-Gaschromatographie bietet verschiedene Optionen an, um Substanzen im ppm- bis in den unteren ppb-Konzentrationsbereich analysieren zu können. Überwiegend wird dies durch die Verwendung von Spurendetektoren, wie dem Flammenphotometerdetektor (FPD), dem Flammenionisationsdetektor (FID) oder auch dem Pulsed-Discharge-Detektor (PDD) erreicht. Eine weitere Möglichkeit ist die Vorsäulenanreicherung mit anschließender thermischer Desorption (Purge and Trap). Typische Detektoren, die für die Spurenanalytik in Prozess-GCs eingesetzt werden, sind in der Öl- und Gasindustrie häufig FIDs und FPDs.

Ein typisches Beispiel für eine Anwendung mit einer Kombination aus Gaschromatographen mit FID/FPD zur Spurenmessung findet sich im Öl- und Gas-Upstream-Sektor bei Erdgasaufbereitungsanlagen. Methanol und Monoethylenglykol (MEG) werden dem Roherdgas nahe der Gasförderung zugesetzt, um Hydratformationen und damit ein Verstopfen der Pipelines sowie Korrosion zu vermeiden. In der zentralen Erdgasaufbereitungsanlage wird ein weiteres Glykol, Triethylenglykol (TEG), dosiert. TEG wirkt als Trocknungsmittel. Damit wird der Wassertaupunkt gesenkt und den Spezifikationsvorgaben entsprechend eingestellt. Ein Prozess-GC überwacht den Trocknungsprozess im Glykol-Dehydrator, indem die Konzentrationen bis in den ppb-Bereich von Methanol, MEG, TEG (mit FID) sowie H2S (mit FPD) und der Brennwert im getrockneten, aufbereiteten Gas bestimmt werden.

Häufig werden GC-Methanizer/FID-Varianten beispielsweise in Spaltgas sowie gesättigten Gasen einer Ethylen-Produktionsanlage zur Messung von CO-/CO2-Spuren, aber auch Acetylen eingesetzt. So hat Ethylen sehr strikte Reinheitsspezifikationen speziell für Ethylen der Polymerklassen-Qualität. Es werden häufig Konzentrationsbereiche in Prozessanwendungen bis <1 ppm spezifiziert. Durch Kombination von verschiedenen Messaufgaben in einem Prozess-GC werden die Wirtschaftlichkeit und der Return on Investment (ROI) ohne signifikante Einbußen der Leistungsfähigkeit deutlich erhöht. Eine weitere wichtige Spurenmessung stellt die Analyse von Ammoniak in Misch- und Reingasen in diesen Anlagen dar. Die Bestimmung von Ammoniak erfordert eine GC-Variante mit einer Detektion mittels PDD im HID-Modus (Helium­ionsiationsmodus).

Spurenanalytik erfordert verstärkt auch besondere Probenaufbereitungsverfahren inklusive Spezialmaterialien mit hoher Inertheit der probenführenden Teile (Sulfinert, elektropoliert, spezielle Probenentnahme), um die Zuführung einer repräsentativen Probe sicherzustellen.

Ausblick: Modularität macht flexibler

Prozess-GC mit modularem Aufbau erhöhen die Flexibilität dieser Gerätetechnologie und machen Analysen innerhalb der Prozessindustrie wirtschaftlicher. Es können neue Optionen der Gerätewartung angeboten und Betriebskosten minimiert werden. Dabei kann die analytische Leistungsfähigkeit aufgrund bewährter Technik auf einem anspruchsvollen Niveau gehalten werden.

Durch die Verwendung unterschiedlicher sensitiver Detektoren ist die Prozess-Gaschromatographie in der Lage, analytische Lösungen für vielfältige Applikationsfelder innerhalb der an Bedeutung zunehmenden Spurenanalytik in Prozessanlagen der Öl- und Gasindustrie einzubinden. Aufgrund der Erweiterungsmöglichkeiten der Messaufgabe in einem GC, etwa parallele Chromatographie, und einer daraus resultierenden optionalen Multi-Komponentenanalyse ist zudem eine optimale Wirtschaftlichkeit des Analysensystems gewährleistet. Eine übergreifende Zusammenarbeit zwischen Geräteentwickler, Anwender und Forschung ist auch in der Zukunft unabdingbar, um die Technologie unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Wartungsfreundlichkeit weiterzuentwickeln.

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