P&A:
Drei Jahre – von Achema zu Achema – das ist in der Prozesswelt eine spannende Zeitspanne. Was hat sich in Ihrem Unternehmen getan, Herr Dr. Köster?
Dr. Ralf Köster, Bartec:
Sehr viel. Unser Messestand wird das widerspiegeln: Immer mehr Technik aus dem Consumer-Bereich erobert die Ex-Bereiche Zone 1 und Zone 2. Der Trend geht ganz stark zur Mobile Communication. Damit einher geht die wachsende Bedeutung von Vernetzung und Datensicherheit. Auf der Achema stellen wir hierzu gemäß unserem Slogan "Bartec goes mobile" Geräte und Konzepte vor, und auch konkrete Anwendungsfälle. Wir haben dazu viel investiert: in Menschen, in Technik und in Firmen.
Was heißt das konkret?
Im Rahmen unserer Buy-and-build-Strategie haben wir unser Portfolio für den Ex-Schutz weiter vervollständigt. Vor einem halben Jahr etwa haben wir die italienische Top Group übernommen. Das war die größte Akquisition in der Firmengeschichte. Ich bin mir sicher: Nächstes Jahr
werden wir die 400-Mio.-Umsatzgrenze überschreiten und damit die Nummer Zwei im Ex-Schutz-Markt weltweit sein. Die Gruppe wird weiter wachsen.
Welche Kriterien legen Sie bei der Entscheidung für einen Zukauf zugrunde?
Wir kaufen grundsätzlich nur Firmen, die in unserer Branche tätig, aber keine Restrukturierungsfälle sind und deren Produkte wir über unser weltweites Vertriebsnetz verkaufen können. Außerdem sollten sie ein starkes Management haben, denn das bleibt grundsätzlich an Bord.
Der niedrige Ölpreis lässt auch die Zulie- ferer nicht ungeschoren. Merken Sie bereits die Auswirkungen?
Natürlich vermerken auch wir im Öl- und-Gas-Bereich eine etwas verhaltene Nachfrage. Aber uns trifft es bei weitem weniger als viele andere Hersteller. Auch wenn der Ölpreis sinkt, viele Raffinerien laufen im vollen Dreischichtbetrieb. Der Output und damit der Verschleiß der eingesetzten Technik sind weiterhin hoch.Um die Sicherheit im Ex-Bereich zu gewährleisten und die Betriebserlaubnis zu erhalten, müssen die Unternehmen viele unserer Produkte kaufen.
Wie stark hängt Ihr Geschäft von der Entstehung von Greenfield-Anlagen ab?
Greenfield-Projekte gehen zu 90 Prozent an einen EPC, der einer großen Wettbewerbsintensität unterliegt und daher versucht, massiv Druck auf die Preise zu machen. Angesichts unserer endlichen Kapazität und der weltweit stabilen Nachfrage, überlegen wir uns es da zweimal, bevor wir einen Großteil unserer Ressourcen durch ein Großprojekt blockieren. Priorität haben unsere Kernkunden - und Projekte mittlerer Größenordnung. Dazu gehören viele Brownfield-Projekte, und die sind im Gegensatz zu den Greenfields nicht rückläufig.
Dazu gehören viele Brownfield-Projekte, und die sind im Gegensatz zu den Greenfields nicht rückläufig.
Sogar ganz im Gegenteil. Weil Neuinvestitionen zurzeit nicht drin sind, die Öl-und-Gas-Unternehmen aber dennoch Volumen brauchen, fahren sie ihre bestehenden Anlagen an ihre Grenzen. Das führt automatisch zu mehr wear and tear und somit für uns zu weiterem Verkaufspotenzial.
Für ein Unternehmen dieser Größenordnung sind Sie mit 35 Vertriebsgesellschaf-ten international sehr aktiv. Wo setzen Sie künftig Akzente?
Das stärkste Wachstum verzeichnen wir in Asien, Asia Pacific und auch in China, Middle East und Nordamerika. Schwä- cher ist es in Europa und in Russland und Lateinamerika.
Wo wird sich Ihr Mobile-Angeboten am schnellsten etablieren?
Ich rechne damit, dass wir damit am schnellsten in den USA Fuß fassen werden. Die Amerikaner sind einfach besonders technikaffin. Die Zahl der dort bereits laufenden Projekte zeigt: Sie sind einen Schritt voraus. Aber auch an die Märkte in Middle East und Asia Pacific hegen wir große Erwartungen. Unsere größten Kunden sind weltweit tätige Öl- und Gasgesellschaften und Chemiekonzerne. Die Entscheidung, ob unsere Produkte gelistet sind, fällt dort zentral.
Der weltweit führende Chemiekonzern ist ein deutscher, ...
Unser Kunde!
… und er ist nicht dafür verschrien, sofort laut „Hurra!“ zu schreien, wenn es um neue Technologien geht. …
Da sind wir natürlich dicht dran und stellen die neusten Techniken sehr frühzeitig vor. Auch, um einfach Meinung einzuholen. Bevor wir den letzten Schliff in der Entwicklung machen, bitten wir um Ideenaustausch und Feedback. Das ist die beste Basis für neues Geschäft, auch wenn nicht jede Innovation sofort in riesigen Stückzahlen bestellt wird. Neue Technik muss den Wünschen der Kunden entsprechen. Ans Verkaufen geht es später.
Bei den aktuellen Neuentwicklungen geht es ja nicht darum, nach fünf Scanner-Generationen nun eine sechste vorzustellen. Produkte für die mobile Kommunikation implizieren ganz neue Anwendungen.
Das ist für uns eine große Challenge. Deswegen haben wir auch massiv in Personal, investiert – und mit neuen Leute eine neue Denke ins Unternehmen geholt. Mit unserem Android-Phone bieten wir etwas weltweit Einzigartiges. Mehrwert und Anwendungsmöglichkeiten müssen wir beim Kunden adressieren. Aber auch in den Köpfen unserer 600 Vertriebsmitarbeiter muss das erst einmal ankommen. Zudem müssen rund 1.000 Testgeräte erst einmal produziert sein.
Die Hardware ist nicht alles. Dazu kommen die ganzen Funktionalitäten. Wie ist Ihre Strategie: Selbst programmieren oder programmieren lassen?
Eine Kombination aus beidem. Zum einen setzen wir auf Plattformen und verwenden Standard-Apps. Zentral ist der mobile Zugriff auf die großen ERP-Systeme. Zum anderen bieten wir Eigenentwicklungen, Apps, die man so am Markt nicht kaufen kann, insbesondere dann, wenn es um Kernkompetenzen geht, etwa um High Density Video Conferencing.
Wieso zählen Sie Video-Conferencing zu Ihren Kernkompetenzen?
Die hohe Qualität, die wir mobil bieten können, erspart unseren Kunden unter Umständen einen Heli-Flug auf eine Plattform oder einen Tag Produktionsausfall. Darum geht es bei mobiler Kommunikation – um den Datentransfer, nicht ums Telefonieren. Gestochen scharfe Bilder von der Ölplattform, die im Rahmen einer Video-Konferenz nach Houston übertragen werden: Da kann man zum Beispiel im Live Stream feine Haarrisse erkennen. Das ersetzt leicht einen Flug. Die Kosten für die mobile Technik sind da vernachlässigbar.
Das Stichwort„Houston“ legt die Frage nahe: Gibt es bereits eine Kooperation mit einem der großen Prozessleitsystemhersteller?
Wir sprechen mit allen möglichen im Markt, aber es gibt nichts, was ich heute ankündigen kann.