Sie arbeiten seit über zehn Jahren im Service bei Atlas Copco – von der Produktentwicklung über das Management bis hin zur Betreuung der Handelspartner. Wie hat sich der Service in dieser Zeit entwickelt und wo geht er hin?
Thomas Friedrich:
Der Service ist ein Bereich, der immer im Wandel ist. Vor zehn Jahren lag der Fokus noch auf der Wartung und Reparatur der Kompressoren. Die Kunden meldeten sich bei uns, wenn ein entsprechender Termin anstand. Heute wollen sie die Verfügbarkeit ihrer Kompressoren komplett abgesichert wissen; so effizient wie möglich Druckluft erzeugen, aber sich so wenig wie möglich selbst darum kümmern. Und am liebsten jedes Jahr ein bisschen mehr sparen. Deshalb sind wir mit unseren fast 230 Leuten im Team, wie Servicetechnikern, Energieberatern und anderen Spezialisten, immer bestrebt, die Anlagen draußen kontinuierlich über die gesamte Lebensdauer instandzuhalten und zu optimieren.
Wenn die Maschinen zuverlässig laufen und der Kunde auch noch spart, dann hatte der Service seine Berechtigung?
So kann man es sagen. Druckluft ist in vielen Unternehmen ein eher unemotionales Thema. Es rückt sofort in den Hintergrund, wenn die Kompressoren in Betrieb genommen sind und laufen. Das ist ganz anders als bei Maschinen, an oder mit denen man täglich arbeitet.
Wie stellen Sie denn die Verfügbarkeit der Kompressoren sicher?
Über die Lebensdauer der Maschinen gesehen reichen Wartung und Reparatur auf Zuruf natürlich nicht aus. Wir bieten diese Leistungen zwar auch weiterhin „spontan“ oder als Festpreis an. Aber wer die Verfügbarkeit seiner Anlagen erhöhen will, sollte eine Servicevereinbarung abschließen. Diese bieten wir in drei Stufen an: Als Basis führen wir alle vorgesehenen, vorbeugenden Wartungen gemäß Herstellerangaben aus. Zweitens bieten wir im Rahmen diverser „Care“-Pakete bei Neumaschinen Garantieverlängerungen auf fünf Jahre an, bei den neuen ölfrei verdichtenden Z-Serien sind es sieben Jahre. Und am sichersten fährt, wer mit uns eine Instandhaltungsvereinbarung über die gesamte Lebensdauer der Maschine trifft. Diese Full-Service-Vereinbarungen bieten quasi eine Langzeitgarantie, die alle Eventualitäten abdeckt.
Wenn Sie die regelmäßige Wartung übernehmen, sichern Sie also zu, dass die Verfügbarkeit der Anlagen steigt.
Je nach Umfang der Vereinbarung, genau. Sollte trotz allem eine Anlage ausfallen, können wir ohne Rücksprache, Angebotserstellung oder Bestellabwicklung direkt reagieren, denn alle Reparaturen sind mit der Vereinbarung abgedeckt. Je nach Redundanzsituation kann das ein wertvoller Zeitfaktor sein. In Notfällen stellen wir auch Leihkompressoren zur Verfügung. Die sind in der Regel binnen weniger Stunden vor Ort. Außerdem hat Atlas Copco eine 24-Stunden-Hotline, über die wir immer erreichbar sind. Anrufe werden notfalls bis zur Geschäftsführung eskaliert, um für alle Eventualitäten abgesichert zu sein. Das ist aber bisher noch nicht vorgekommen.
Ist es für Kunden nicht verlockender, auf „Crash“ zu fahren und Reparaturen dann fallweise und zum Festpreis in Anspruch zu nehmen?
Nein. Die Druckluft muss ja vorhanden sein, da fährt man nicht auf Crash. Filter, Öl, Komponenten im Ölkreislauf und Ventile müssen einfach in bestimmten Abständen getauscht werden, je nach Typ in der Regel alle 4.000 oder 8.000 Betriebsstunden. Das mit den Ventilen ist übrigens ein Punkt, den andere Anbieter schon mal auslassen. Man riskiert dadurch sofort die Verfügbarkeit. Daher sollte darauf geachtet werden, dass Wartungen immer nach Herstellerangaben durchgeführt werden. Durch Einsparungen bei den Wartungen kann man nichts gewinnen. Die Folgeschäden durch Betriebsausfälle sind um einiges höher.
Von der Planbarkeit bei Wartungsverträgen haben alle Beteiligten etwas ...
Sicher. Wir können die anliegenden Termine effizienter organisieren, die Servicetechniker sparen Anfahrtszeiten und wir können gezielt neue Techniker einstellen. Diesen Kostenvorteil geben wir an unsere Kunden weiter, die wiederum selbst administrativen Aufwand sparen. Man muss die Wartung nicht anfragen oder bestellen, hat keine Wartezeiten und wir sind zum richtigen Zeitpunkt da. Zudem sind wir mit geschulten Technikern und Energieberatern regelmäßig vor Ort. Die haben ständig im Blick, wie sie das System weiter optimieren können oder ob alles noch passt. So können wir unser Qualitätsversprechen an den Kunden einlösen und die Verfügbarkeit der Anlagen hochhalten. Eine feste Vereinbarung hat nur Vorteile!
Viele Druckluftstationen sind ja gewachsen, in ihnen stehen Kompressoren und Maschinen verschiedener Hersteller. Können Sie die ebenfalls warten?
Klar. Wir halten dafür alle gängigen Ersatz- und Wartungsteile vor und schulen unser Personal auch auf den Wettbewerbsmaschinen und -steuerungen. Daneben gestalten wir unsere Vereinbarungen so kundenspezifisch wie möglich, je nach individuellen Wünschen. Das reicht von den vorbeugenden Wartungen in festen Intervallen oder nur für unsere Maschinen bis hin zur Fernüberwachung der kompletten Druckluft-, Vakuum- oder auch Stickstoff- und Sauerstofferzeugung. Um den Kunden einen weiteren Vorteil zu bieten, wollen wir alles aus einer Hand rund um die Station anbieten.
Wie kann man sich diese Fernüberwachung vorstellen?
Unser Serviceprodukt hierzu nennt sich Smartlink. Die Software sammelt Betriebszustände, Störmeldungen und sogenannte Events des Kompressors. Ein Beispiel aus dem letzten Sommer: Die anhaltende Hitzeperiode führte vielerorts dazu, dass sich in Kompressorstationen die Umgebungstemperatur zu sehr erhöhte. Wenn dies per Smartlink gesendet wird, können wir proaktiv eingreifen und dem Kunden Bescheid geben, damit er vor Ort regulierend eingreift – noch bevor Probleme entstehen. Mit den von Smartlink bereitgestellten Informationen können wir außerdem die Verfügbarkeit der Anlage dadurch erhöhen, dass wir diese stetig optimieren. In Richtung Energieeffizienz, aber auch, indem wir auf veränderte Auslastung reagieren können. Nicht zuletzt können wir die Daten zur weiteren Verbesserung unserer Produkte nutzen, weil wir Rückschlüsse auf die Funktionalität der Kompressoren und Bauteile im Betrieb erhalten.
Die Kunden lassen sich in die Maschinen schauen?
Oder sie schauen mit der Software selbst hinein. Smartlink gibt es in drei Stufen, man kann sie auch für sein eigenes Energiemanagement nutzen. Die energierelevanten Daten werden gemäß der ISO 50001 aufbereitet und als kompletter Bericht oder Datenfile zur Verfügung gestellt. Unser Ziel im Sinne zufriedener Kunden ist es, dass wir so früh wie möglich wissen, wann die nächste Wartung fällig ist oder welches Problem demnächst auftreten könnte. Deshalb vereinfachen wir den Prozess nun auch, denn wir wollen proaktiv eingreifen können. Hierfür haben wir die sogenannte Smartbox entwickelt, die wir in alle Kompressoren mit Leistungen ab 30 kW serienmäßig einbauen. Auch unsere neue Elektronikon-Steuerung MK5s kann die Daten der Sensoren, die in den angeschlossenen Maschinen verbaut sind, verarbeiten und senden. Die Box sendet die Betriebsdaten des Kompressors an unser Diagnostik-Center. Hierdurch sind wir in der Lage, die Betriebszustände der Maschinen tagesaktuell zu prüfen. Denn wenn ein Problem nicht frühzeitig erkannt wird, kann das schlimmstenfalls zu Produktionsausfällen führen.
Dem zustandsabhängigen Service gehört also die Zukunft?
Ja, so können wir die Verfügbarkeit erhöhen und einen Mehrwert für unsere Kunden schaffen. Unsere Servicetechniker machen auf den Punkt Kontrollbesuche oder wechseln Verschleißteile. Die Daten, die die Smartbox sendet, werden visuell so aufbereitet, dass auch der Kunde selbst sehr einfach den Zustand seiner Druckluftanlage im Blick behalten kann – am PC, Tablet oder über das Smartphone. Produktions- und Instandhaltungsleiter nutzen diese Daten zum Beispiel auch für das Energiemanagement.
Und wenn Kunden nicht möchten, dass diese Daten das Unternehmen verlassen?
Bei Unternehmen, die die Smartbox nicht nutzen möchten, schalten wir sie einfach ab. Immer mehr Kunden erkennen aber die Vorteile. Sie reduzieren damit ihren administrativen Aufwand bei höchstmöglicher Transparenz.
Gibt es weitere Trends im Service?
Vor einigen Jahren war die Nachrüstung von Wärmerückgewinnungsmodulen ein Trend, da damit der Großteil der eingesetzten Energie rückführbar ist. Heute sind die Kompressoren bereits ab Werk mit solchen Modulen ausgerüstet; und man findet durch stetige Optimierungsvorschläge kaum noch Kunden, die keine Wärmerückgewinnung nutzen, wenn der Bedarf da ist. Ein wichtiges Optimierungsprodukt ist für mich unser Rohrleitungssystem Airnet. Denn bei 80 Prozent der Druckluftstationen ist die Druckluftleitung das schwächste Element im System.
Welche Probleme sehen Sie an den bestehenden Druckluftleitungen?
Teilweise ist das Material ungeeignet, veraltet und korrodiert, was zu Undichtigkeiten führt. Um diese Leckagen abzufangen, muss mehr Druckluft erzeugt werden. Ein weiteres Problem ist, dass die Durchmesser zu klein bemessen sind. Viele Kunden weiten ihre Produktion aus, womit auch die Kompressorstationen wachsen. Die Druckluftleitungen werden jedoch nicht angepasst. Manche scheuen sich davor, das Thema anzugehen, weil der Austausch der Leitungen sehr aufwendig ist. Dabei gehen die Druckverluste richtig ins Geld. Für jedes Bar, um das der Druck erhöht wird, muss der Kompressor sieben Prozent mehr Energie aufwenden. Wir bieten Airnet daher auch als Nachrüstkomponente an. Das System ist aus Aluminium, leicht zu installieren, korrosionsfrei und absolut dicht. Wo es Probleme mit alten oder zu engen Leitungen gibt, sollte auf jeden Fall der Austausch erwogen werden. Hier sind in vielen Betrieben hohe Einsparungen möglich.
Übernimmt der Service von Atlas Copco den Austausch selbst?
Bei diesen Themen arbeiten wir mit erfahrenen Installateuren oder unseren Händlern zusammen. Unter diesen gibt es einige, die auf solche Installationen spezialisiert sind. Und unsere Vertragspartner bringen den Vorteil mit, dass sie die Atlas-Copco-Maschinen gut kennen. Wir sind in engem Kontakt und bieten regelmäßig Schulungen zu unseren Produkten an.
Hat der Kunde die Möglichkeit, Leckagen selbst einzuschätzen?
Ja, ganz simpel sogar. Am einfachsten ist es, hinzuhören und seine Mitarbeiter für das Thema zu sensibilisieren. Aber auch eine begrenzte Druckbehälter-Entleerung zur Bestimmung der Leckagen ist sehr einfach durchzuführen.
Welche Lösungen bietet der Service Unternehmen, die nicht in eigene Kompressoren investieren möchten?
Da gibt es einerseits das Contracting, also die reine Bereitstellung von Druckluft, die das Unternehmen zu einem festen Kubikmeterpreis abnimmt. Seit neuestem bieten wir eine weitere, sehr einfache Lösung für solche Kunden: Und zwar stellen wir einen Kompressor nach Wahl für eine bestimmte Zeit in die Station des Kunden. Er zahlt wie beim Leasing lediglich eine monatliche Pauschale. Dieses Produkt, das wir AirPlan nennen, ist noch einfacher zu handhaben als Contracting. Und im Prinzip jederzeit kündbar. Für uns ist es am wichtigsten, dass wir unseren Kunden immer die für sie bestmögliche Lösung bieten. Ob eigene Druckluftstation, Contracting oder AirPlan. Wir stellen mit dem Service sicher, dass die benötigte Druckluft für die anstehenden Prozesse immer und in ausreichender Menge und Qualität verfügbar ist.