Seit der Einführung von Industrierobotern in den 1950er-Jahren haben sich sowohl Anspruch als auch Umsetzung verändert. Ursprünglich waren deren Aufgaben stark auf Wiederholung ausgelegt – mit geringen Genauigkeitsanforderungen. Konstruktiver Leichtbau, elektrische Servoantriebstechnik, Getriebebau, moderne Regelungstechnik, Präzisionsgetriebe und auch verbesserte Bahnplanung beeinflussten die Genauigkeit positiv. Heute sind Bahnabweichungen unter 1 mm nicht mehr ungewöhnlich. Dennoch gibt es Sättigungseffekte bei der Anpassung. Einige Anwendungen erfordern heute jedoch eine Bahngenauigkeit von weniger als 0,1 mm, zum Beispiel:
Laserschweißen und -schneiden
Präzisionslackierungen und Tintenstrahltechnik
3D-Druck
Zusammenbau von Miniaturelektronik oder auch Flugzeugen
Um die Robotergenauigkeit zu erhöhen, wurde lange Zeit bei der Mechanik angesetzt, um sich dem Ideal, dem Konstruktionsmodell, immer weiter anzunähern. Heute stehen vorwiegend eine höhere Rechenleistung und genauere Messtechnologie im Fokus, um die Steuerung zu verbessern: Die realen Eigenschaften der Mechanik sollen erfasst und das Modell um die Abweichungen vom Ideal erweitert werden. Sich auf die Roboterkalibrierung und Kompensationsfunktionen zu fokussieren, das zahlt sich gerade in der Serienproduktion aus.
Wichtige Faktoren für mehr Genauigkeit
Die Erstellung eines zuverlässigen Kompensationsmodells erfordert zunächst eine genaue Identifizierung der dominierenden Faktoren. Eine Vielzahl an Effekten kann die Genauigkeit eines Roboters beeinflussen. Folgende Faktoren wirken sich auf die Genauigkeit aus:
Geometrie des Roboters
Auswirkungen des Getriebes wie Übersetzung, Elastizität, Umkehrspiel, Hysterese oder Getriebereibung
Begrenzte Steifigkeit durch Gelenkelastizität und Lagerfehler
Servo-Fehler
Schwingungen
Fehler höherer Ordnung
Wie wichtig die einzelnen Faktoren für eine Verbesserung sind, hängt vom Typ des Roboters ab. Daher ist es notwendig, die jeweils dominierenden Faktoren zu bestimmen. Nur so kann ein zuverlässiges Kompensationsmodell erstellt werden.
Wiederum gilt, je mehr Effekte berücksichtigt werden müssen, desto höher ist der Aufwand für die Kalibrierung und Validierung der Kompensationsfunktionen. Zusätzlich läuft man bei einem komplexen Kompensationsmodell mit vielen Parametern Gefahr, dass es unzuverlässig wird und genau das Gegenteil bewirkt wird: eine starke Verschlechterung der Genauigkeit. Denn jeder zusätzliche Parameter eröffnet eine neue Dimension an Variationen.
Genauigkeitsziele
Die Charakterisierung der Genauigkeit eines Roboters kann recht komplex sein. Denn die Genauigkeit wird je nach Anwendungserfordernissen unterschiedlich verstanden und gefordert. Die Strategie zur Kalibrierung und Kompensation des Roboters kann je nach den Umständen der Anwendung variieren. Die für eine bestimmte Anwendung erforderliche Genauigkeit kann unter Berücksichtigung dieser Umstände oft mit weniger Aufwand erreicht werden, als man denkt.
Durch und durch genau
Spezifikationen von üblichen Industrierobotern geben meistens Werte unterhalb von 0,1 mm an. Diese beziehen sich jedoch auf die statische Wiederholgenauigkeit. Es wird also festgestellt, wie genau ein Punkt wieder angefahren wird, wenn dieselbe Bahn nochmals ausgeführt wird und der Roboter dann stillsteht. In praktischen Anwendungen können zusätzlich zwei Aspekte von Bedeutung sein: Der eine ist die dynamische Wiederholgenauigkeit und sie beschreibt, wie genau eine Bahn wiederholt wird. Der andere ist die Absolutgenauigkeit. Sie stellt sozusagen die „Königsdisziplin“ dar und wir so interpretiert, dass eine gänzlich neue Bahn mit neuer Dynamik durchfahren wird und der Roboter die programmierte Bahn innerhalb definierter Toleranzen einhält.
Die dabei auftretenden Bahnabweichungen können bei üblichen Robotersystemen um mehrere Größenordnungen höher sein. Eine Spezifikation muss die Anforderungen der Applikation berücksichtigen – soll ein Punkt oder eine Bahn angefahren werden, wird die Lage des Werkstücks relativ zum Roboter vermessen, werden die Bahnen wiederholt ausgeführt oder sind diese bei jedem Zyklus gänzlich unterschiedlich.
Schlüsselrolle in der Robotervalidierung
Um die Charakterisierung zwischen Robotern oder sogar zwischen verschiedenen Roboterherstellern besser vergleichbar zu machen, definiert die Norm ISO 9283 Messmethoden sowie Berechnungskriterien für verschiedene Genauigkeitsaspekte. Sie enthält sowohl statische als auch dynamische Parameter. Das Validierungsverfahren ist ebenso definiert wie die genaue Berechnung der Genauigkeitskriterien.
Die Standards geben einen groben Hinweis auf die Genauigkeit. Aber sie sind nicht immer geeignet, das benötigte Niveau für eine bestimmte Anwendung zu erreichen. Darum sollten oft noch Faktoren wie Arbeitsbereich, Geschwindigkeit, Form der erforderlichen Bewegung und so weiter bestimmt werden. Empfehlenswert ist daher, die Genauigkeit in einer anwendungsspezifischen Umgebung nochmals zu validieren.
Werkzeugset zur Robotervalidierung
In der Keba-Robotersteuerung findet sich ein integriertes Werkzeugset in der Steuerungssoftware und den zugehörigen Tools, um die Robotervalidierung zuverlässig und schnell durchzuführen. Die Steuerungssoftware von Keba kann auch ohne Roboter am PC ausgeführt werden. Die Bewegungssteuerung, simuliert dabei nicht nur die Sollbewegungen mit, sondern auch die Roboterdynamik sowie das Verhalten des Roboters.
Damit können die auftretenden Kräfte, Momente und Antriebsströme wie auch Abweichungen aufgrund von Reglerverhalten und Getriebeelastizität im Vorhinein untersucht werden. So können mit den Simulationswerkzeugen das mechatronische Gesamtsystem und Bahnen wie Abläufe hinsichtlich Genauigkeit getrimmt werden. Analog dazu haben Nutzer die Möglichkeit, ihre Kernprozesse in der Steuerung zu simulieren und so die gesamte Lösung aus Robotik und Prozess in Einem zu betrachten. Vorab lassen sich somit Risiken bei der Auftragsabwicklung vermeiden und auch Ausnahmesituationen sind ohne Aufwand oder Gefahr nachstellbar und die Systemreaktion entsprechend prüfbar.
Genauigkeit als A und O
Ein gelungenes Beispiel einer Zusammenarbeit zum Thema Robotergenauigkeit ist die mit Nabtesco Precision Europe. Als erster Getriebehersteller in der Robotik kooperiert der Zykloidgetriebespezialist mit einem Steuerungshersteller. Gemeinsam arbeiten die Kooperationspartner daran, die individuellen Charakterisierungsdaten jedes einzelnen Getriebes bei der Ausführung von Bewegungen zu berücksichtigen und dadurch zusätzliche Performance ohne höhere Herstellkosten zu ermöglichen. Neben der Genauigkeit gibt es viele weitere Potenziale.
Nächstes Ziel der Kooperation ist eine digitale Nachbildung des haptischen Getriebes mit seinen relevanten Eigenschaften. Denn Modell- und exemplarspezifische Getriebedaten sind nicht nur für die Genauigkeit relevant, sondern auch ein wichtiger Baustein der Industrie 4.0. Zusätzlich kann die Modellierung des Getriebeverhaltens auch in Bezug auf das Verhalten entlang des Life Cycles wesentliche Mehrwerte liefern.
Wie man Genauigkeit steigert
Lange Zeit bestand der Standardansatz für Hochpräzisionsroboter darin, die Präzision in der Fertigung zu perfektionieren. Einige Anwendungen erfordern heute jedoch eine Bahngenauigkeit von weniger als 0,1 mm wie Laserschweißen oder Lackiertechnologien. Weiterentwickelte Verarbeitungsleistungen und Messtechnologien bieten die Möglichkeit, das Robotermodell in der Steuerung weiterzuentwickeln und damit die Genauigkeit zu verbessern.
Das Ziel einer effizienten Genauigkeitsentwicklung ist es, die Abweichungen mit minimalem Aufwand unter einem bestimmten Grenzwert zu halten. Der Preisdruck unterstützt diese Entwicklung. Bei der Genauigkeit spielt aber auch Validierung von Robotern eine wichtige Rolle und die ISO 9283 definiert Messmethoden sowie Berechnungskriterien für verschiedene Genauigkeitsaspekte. Sie enthält sowohl statische als auch dynamische Merkmale. Um die geforderte Genauigkeit für einen Roboter oder eine spezifische Anwendung mit minimalem Aufwand und Kosten zu erreichen, ist ein tiefes Verständnis der Genauigkeitsfaktoren und die Berücksichtigung aller Faktoren wie zum Beispiel Robotergeometrie oder Getriebeeffekte erforderlich.