Das Stromnetz setzte sich traditionell aus eigenständigen, unabhängig arbeitenden Anlagen zusammen. Die Instandhaltung erfolgte manuell in Verbindung mit schriftlich abgefassten Inspektionen und Berichten.
Mit der Zeit aber wurden Ausrüstungsteile wie Schutzrelais, Leistungsschalter und Stromzähler zunehmend digitalisiert, und Steuerkabel zur Übermittlung des Anlagenstatus sowie von Fehler- und Steuerdaten halfen den Energieversorgungsunternehmen (EVU), die Anlagenutzung zu optimieren. Schließlich begannen die EVUs mit dem Einsatz leitungsgebundener und drahtloser Konnektivitäts-Lösungen.
Ethernet wird beliebter
Serielle Kommunikationslösungen wie RS-232, RS-485 und CAN (Controller Area Network) sind nach wie vor populär. Allerdings wird Ethernet-Kommunikation immer beliebter. Doch der Umstieg auf Ethernet ist mit diversen Herausforderungen verbunden. TI bietet Lösungen an, die die notwendige Kompatibilität des Netzstrom-Equipments zu dem im Entstehen begriffenen digitalen Netz gewährleisten.
Im Unterschied zum traditionellen Stromnetz werden in einem digitalen Umspannwerk sämtliche Daten umgehend und möglichst nah an ihrem Ursprung (Edge) digitalisiert, um sie danach über Ethernet-Kabel an ein intelligentes elektronisches Gerät zu übermitteln. Die Ethernet-Konnektivität stellt eine ebenso einfache wie flexible Lösung dar, die eine Standardisierung und sichere Interoperabilität gewährleisten kann und somit eine homogene, das gesamte Umspannwerk abdeckende Kommunikationsplattform bildet.
Die Ethernet-Anbindung kann auf zweierlei Weise erfolgen. Ungeschirmte Twisted-Pair-Kupferkabel kommen bei niedrigen Datenraten und kurzen Distanzen unter 100 m zum Einsatz. Glasfaserkabel dagegen erlauben wesentlich höhere Datenraten im Bereich von Gbit/s und längere Übertragungsstrecken, bieten eine höhere Störimmunität und senken das Stromschlagrisiko, weil sie nichtleitend sind. Schätzungen zufolge lassen sich mit Lichtwellenleitern außerdem die Kosten gegenüber Kupferkabeln um bis zu 60 Prozent senken.
Die Nutzung von Ethernet für das digitalisierte Stromnetz hat jedoch nicht nur Vorteile, sondern birgt auch einige Herausforderungen. Auf die wichtigsten Schwierigkeiten, die sich bei der Implementierung von Ethernet im digitalen Stromnetz einstellen, wird nachfolgend eingegangen.
Der EMI/EMV-Aspekt
Die entscheidende Herausforderung bei der leitungsgebundenen Konnektivität besteht darin, auch in industriellen Umgebungen für eine verlässliche Datenübertragung zu sorgen. Elektromagnetische Störbeeinflussungen (Electromagnetic Interference, EMI), hohe Temperaturen und Magnetfelder lassen in solchen Umfeldern die Wahrscheinlichkeit dafür ansteigen, dass Daten bei der Übertragung verfälscht werden.
Wie das Referenzdesign EMI/EMC Compliant 10/100 Mbps Ethernet Brick with Fiber or Twisted Pair Interface Reference Design von TI verdeutlicht, bringt es der Ethernet Physical Layer DP83822 auch unter rauen industriellen Umgebungsbedingungen auf ein hohes Performance-Niveau und kann als IEEE-802.3u-konforme 100BASE-FX-, 100BASE-TX- und 10BASE-Te-Lösung für Kupferkabel mit 10/100 Mbit/s oder Lichtwellenleiter mit 100 Mbit/s dienen.
Das Referenzdesign erfüllt die EMI-Anforderungen gemäß EN 55011 Klasse B und ist beständig gegen elektrostatische Entladungen gemäß IEC 61000-4-2 Level 4. Der Baustein eignet sich daher für industrielle Einsatzbedingungen und bietet Equipment-Herstellern die Aussicht auf eine zügigere Zertifizierung. Die Ethernet-Transceiver DP83822 (10/100 Mbit/s) und DP83867IR (10/100/1000 Mbit/s) von TI implementieren eine durch hohe Störbeständigkeit gekennzeichnete Schnittstelle für raue industrielle Einsatzbedingungen und nehmen nur wenig Strom auf.
IEEE-1588-Zeitstempel
Das Timing spielt eine entscheidende Rolle sowohl bei der Übertragung von zeitkritischen Steuersignalen als auch bei der Verwendung von Daten für Analysen, ob nach einer Störung oder in Echtzeit. Zeitstempel verbessern die Genauigkeit von Fehlerdiagnosen und helfen den Netzbetreibern bei der Entscheidungsfindung, wodurch sich die Ausfallzeiten verkürzen.
Das Referenzdesign 10/100 Mbps Industrial Ethernet Brick with IEEE 1588 Precision Time Protocol (PTP) Transceiver Reference Design bietet eine kompakte Single-Chip-Lösung für Kupfer- und Glasfaser-Kommunikationsschnittstellen und die Zeitsynchronisation. Das Design demonstriert die Taktsynchronisation des DP83630 auf der Basis von IEEE 1588 und ermöglicht außerdem die Takterzeugung, das Anbringen von Zeitstempeln an Paketen für die Taktsynchronisation und das Event Triggering und Timestamping über universelle Ein- und Ausgänge.
Media Converter verbindet
Eine weitere Herausforderung stellt das Sicherstellen der Interoperabilität von Anlagen zwischen verschiedenen Kommunikationsschnittstellen zum Beispiel auch traditionellen seriellen Interfaces und kupfer- oder glasfaserbasierten Ethernet-Lösungen dar. Ein Media Converter erlaubt die Verwendung fortschrittlicher Produkte in Umspannwerken älterer Generationen, in denen noch traditionelle Kommunikations- beziehungsweise Netzwerkschnittstellen zum Einsatz kommen.
Das Referenzdesign 32-Bit ARM Cortex-M4F MCU-Based Small Form Factor Serial-to-Ethernet Converter Reference Design zeigt die Implementierung eines Seriell-Ethernet-Konverters mit Unterstützung für 10/100 Base-T, der konform zu den IEEE-802.3-Normen ist. Diese Implementierung hilft beim Überwinden der Kabellängen-Beschränkung einer seriellen Schnittstelle, indem für eine zuverlässige Datenkommunikation gesorgt wird.
Ein weiteres Element des Interoperabilitäts-Komplexes ist die Kompatibilität zwischen Kupfer- und Glasfaser-Verbindungen beziehungsweise Netzwerken, die sich mit dem Referenzdesign Ethernet Copper-to-Fiber Media Converter Reference Design for Substation and Distribution Automation implementieren lassen.
HSR/PRP-Redundanz
Die Zuverlässigkeit der Datenkommunikation in Umspannwerken ist von entscheidender Bedeutung – insbesondere zwischen der Leitwarte des Betreibers und wichtigen Knoten, wo die Daten mit geringer Latenz kommuniziert werden müssen. In der industriellen Ethernet-Kommunikation hält die verbreitet angewandte Norm IEC 62439 Spezifikationen für Protokolle wie etwa High Availability Seamless Redundancy (HSR) und Parallel Redundancy Protocol (PRP) bereit. Diese dedizierten Protokolle unterstützen kritische Echtzeitsysteme in Umspannwerken.
Um die Realisierung einer hochzuverlässigen Netzwerk-Kommunikation auf kritischen Pfaden mit geringer Latenz zu erleichtern, bieten die Referenzdesigns High-Availability Seamless Redundancy (HSR) Ethernet for Substation Automation Reference Design und Parallel Redundancy Protocol (PRP) Ethernet Reference Design for Substation Automation Unterstützung für die IEC-Norm 62439 auf dem Echtzeit-Betriebssystem von TI. Das Referenzdesign Parallel Redundancy Protocol Ethernet Reference Design for Substation Automation on Linux wiederum ermöglicht die Verwendung von PRP und PTP unter Linux.
Fazit
Mit seinen integrierten Schaltungen und Referenzdesigns bietet TI optimierte, vereinfachte und sichere Ressourcen für die Umstellung auf ein digitalisiertes Stromnetz unter Verwendung fortschrittlicher leitungsgebundener Konnektivität basierend auf Ethernet-Technologie an. Indem diese Designs die einschlägigen Konformitätsanforderungen und Industriestandards erfüllen, tragen sie auch zur Verkürzung der Design- und Zertifizierungszyklen bei und helfen damit beim Erzielen einer höheren Rentabilität.