Elektronen-Bewegungen analysiert Wie kann Photovoltaik noch effizienter werden?

Neuartige Solarzellen auf Basis von Metall-Halogenid-Perowskit erreichten innerhalb kürzester Zeit nach ihrer Entdeckung Effizienzen, die mit kommerziellen Silizium-Solarzellen vergleichbar sind.

Bild: DALL·E, publish-industry Verlag
23.07.2024

Mit einem ultraschnellen Mikroskop konnte enthüllt werden, wie sich Elektronen in einem neuartigen Solarzellen-Material bewegen. Die Ergebnisse liefern Einsichten, wie das Material noch effizienter für Photovoltaik genutzt werden kann.

Auf dem Weg zu effizienteren und nachhaltigeren Methoden der Energiegewinnung ist die Materialklasse der Metall-Halogenid-Perowskite ein vielversprechender Hoffnungsträger. Neuartige Solarzellen auf Basis dieses Materials erreichten innerhalb kürzester Zeit nach ihrer Entdeckung Effizienzen, die mit kommerziellen Silizium-Solarzellen vergleichbar sind. Darüber hinaus haben Perowskit-Solarzellen weitere entscheidende Vorteile: Die Herstellungs- und Energiekosten sind verglichen mit der etablierten Silizium-Technologie gering, da sie durch kostengünstige Beschichtungsverfahren produziert werden können. Außerdem sind die Newcomer in der Photovoltaik flexibel und leicht, was ihren Einsatz auf verschiedensten Oberflächen ermöglicht – von tragbarer Elektronik bis hin zu innovativen Gebäudefassaden.

Was macht die Solarzelle effizient?

Doch wie funktioniert so eine Solarzelle eigentlich? Das Sonnenlicht, welches aus einzelnen Lichtquanten – sogenannten Photonen – besteht, wird in der Solarzelle absorbiert. Dabei geben die Photonen ihre Energie an Elektronen ab, welche dadurch auf höherenergetische Bahnen gehoben werden, wo sie sich freier bewegen können. Diese werden an geeigneten elektrischen Kontakten extrahiert und so in nutzbare elektrische Energie umgewandelt.

Die Effizienz einer Solarzelle hängt dabei entscheidend davon ab, wie leicht sich diese kurzlebigen Ladungsträger durch das Material bewegen können, um die Kontakte zu erreichen, ehe sie wieder zerfallen. Um Solarzellen weiter gezielt zu verbessern, ist es also wichtig, genau zu verstehen, wie dieser Transport abläuft – welche Wege die Elektronen nehmen und wodurch die Bewegung eingeschränkt wird. Genau dies ist Forscherinnen und Forschern an der Universität Regensburg um Prof. Dr. Rupert Huber nun mit einem neuartigen ultraschnellen Mikroskop an maßgeschneiderten Proben von Prof. Dr. Michael Johnston (Oxford University) gelungen.

Schlüsse aus dem Experiment

Das Team konnte gezielt freie Elektronen erzeugen und deren Diffusion auf ultrakurzen Zeitskalen verfolgen. Dies stellte bei Perowskit-Solarzellen bisher eine besondere Herausforderung dar, da diese nicht homogen sind, sondern aus vielen kleinen Körnern bestehen, die nur Hunderte Nanometer – der milliardste Bruchteil eines Meters – groß sind. Gleichzeitig sind diese Nanokristalle nicht alle identisch, sondern können bei Raumtemperatur in einer von zwei unterschiedlichen atomaren Strukturen vorkommen, von denen nur eine zur Nutzung in Solarzellen geeignet ist.

Es ist also wichtig, genau zu wissen, wo man sich auf der Probe befindet und welcher kristalline Aufbau gerade untersucht wird. Daher verwendeten die Forschenden ein Mikroskop, mit dem sie die Position ihrer Messung auf Nanometer genau kontrollieren und gleichzeitig mithilfe optischer Methoden extrahieren können, ob sie gerade auf einem Kristallit mit dem richtigen atomaren Aufbau sitzen. „Wir bringen die Atome in den Nanokristalliten zum Schwingen. Dies hinterlässt, abhängig von der Anordnung der Atome, eindeutig zuordenbare Signaturen im gestreuten Licht – so etwas wie einen Fingerabdruck. Damit können wir genau rückschließen, wie die Atome in den jeweiligen Kristalliten angeordnet sind“, erklärt Martin Zizlsperger, Erstautor der Veröffentlichung.

Nachdem das Team so die genaue Form und Kristallstruktur der Nanofelsen kannte, beleuchtete es die Probe mit einem kurzen Lichtimpuls, der – wie die Sonne – Elektronen in bewegliche Zustände anregte. Die folgende Bewegung der Ladungen konnten die Forschenden daraufhin mit einem zweiten Laserimpuls ausmessen. „Sehr vereinfacht gesprochen, wirken die Ladungen wie ein Spiegel. Wenn sich diese Ladungen nun zum Beispiel nach unten weg von unserem Messpunkt bewegen, dann wird der zweite Laserimpuls später reflektiert. Aus diesem winzigen Zeitversatz von nur wenigen Femtosekunden – wobei eine Femtosekunde dem millionsten Bruchteil einer milliardstel Sekunde entspricht – können wir die genaue Bewegung der Ladungen rekonstruieren“, erklärt Mitautorin Svenja Nerreter.

Dadurch gelang es, genau dabei zuzuschauen, wie sich die angeregten Elektronen durch das Labyrinth aus verschiedenen Kristalliten bewegen. Insbesondere konnten die Forschenden damit auch die technisch besonders relevante Bewegung in die Solarzelle hinein nach der Anregung untersuchen. Die Ergebnisse waren überraschend: Obwohl das Material aus vielen unterschiedlichen Nanokristallen besteht, ist der vertikale Ladungstransport auf der Nanometer-Längenskala unbeeinflusst von Unregelmäßigkeiten in der genauen Form der Nanokristallite – ein möglicher Grund für den Erfolg von Perowskit-Solarzellen. Als die Forschenden auch großflächigere Regionen auf der Skala mehrerer hundert Mikrometer untersuchten, zeigte sich allerdings auch, dass es Unterschiede zwischen Mikrometer-großen Regionen aus hunderten kleinen Nanokristalliten gibt, wobei einige Regionen effizienter im Ladungstransport sind als andere.

Direkte Einblicke sollen mehr Möglichkeiten eröffnen

Diese lokalen Hotspots könnten für die Entwicklung neuer Solarzellen von großer Bedeutung sein. Die neuartige Messmethode der Forscherinnen und Forscher kann direkt Einblick in die Verteilung und Effizienz der einzelnen Regionen geben und ist ein wichtiger Schritt zur weiteren Verbesserung von Perowskit-Solarzellen. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Nature Photonics veröffentlicht. „Unsere neu entwickelte Methode erlaubt uns erstmals, das komplexe Zusammenspiel zwischen Ladungstransport, Kristallkonfiguration und der Form der Kristallite direkt auf der Nanoskala zu beobachten. Damit kann sie genutzt werden, um Perowskit-Solarzellen gezielt weiter zu verbessern“, erklärt Prof. Huber.

Die neuartige Messmethode ist aber nicht nur auf moderne Solarzellen beschränkt, denn das Wechselspiel zwischen Struktur und Ladungstransport ist für eine Vielzahl moderner Anwendungen von zentraler Bedeutung. So könnte der Durchbruch auch für die Entwicklung von ultimativ kleinen und schnellen Transistoren sowie für die Erklärung eines der größten Rätsel der Festkörperphysik – Hochtemperatur-Supraleitung – eine wertvolle Hilfe sein.

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