Der Open-Source-Ansatz hat in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass in zahlreichen Wirtschaftszweigen schnell und effizient neue Standards geschaffen und an die Bedürfnisse der Nutzenden angepasst werden konnten.
„Das Besondere ist die Dynamik und die Agilität, die in Open Source steckt. Viele Menschen treiben gemeinsame Softwareentwicklung voran, und können so Synergien nutzen. So kommt mit relativ wenig Einsatz sehr viel zurück, mehr als jeder Einzelne wirtschaftlich leisten könnte“, so Thomas Bauernhansl (Fraunhofer IPA), Mitglied des Forschungsbeirats der Plattform Industrie 4.0. „Andererseits muss beim geschäftlichen Einsatz die Komplexität, die in dieser Agilität steckt, kommerzialisierbar gemacht werden, vor allem unter Beachtung der IP-Rechte. Wenn diese Balance gelingt, ist Open Source ein absoluter Innovationstreiber insbesondere für mittelständische Technologie-Unternehmen.“
Trends und Einsatzbereiche für Open Source Software
Die Expertenbefragungen zeigen, dass Open Source in Unternehmen primär als Kollaborationsmodell gesehen wird, das es erlaubt, Ideen und Entwicklungen zu teilen und gemeinsam mit Partnern oder externen Entwicklerinnen und Entwicklern voranzutreiben. Gemeinschaftliche Entwicklungen sind dabei nicht auf bestimmte Industrie-4.0-Bereiche beschränkt.
Zu den aktuellen Trends zählen unter anderem hardwarenahe Gerätesoftware, Softwareprotokolle, Sensorkommunikation, Referenzimplementierungen und Verwaltungsschalen sowie Smart und Open Data Models. Als konkrete Entwicklungen, die sich für OSS-Projekte eignen, nennen die Befragten vor allem Komponenten, die Basisfunktionen abdecken. Ebenso eignet sich ihrer Ansicht nach die gemeinschaftliche Entwicklung dort, wo Daten ausgetauscht, Schnittstellen geschaffen und Sicherheit und Vertrauen in die Entwicklung gestärkt werden sollen. Insbesondere dort können auch Ressourcen gebündelt und gemeinschaftliche Standardlösungen für die jeweilige Branche entwickelt werden.
Zu den wichtigen Einsatzbereichen für Open-Source-Software gehört danach die Fertigungsautomatisierung, der Bereich der Autonomisierung sei dagegen noch unterentwickelt. Als weitere Themen, die sich gut für die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit eignen, nannten die Befragten Kryptographie, Vertrauens- und Identitätsmanagement sowie Entwicklungen im Software-Infrastrukturbereich. Ein ausgeprägter Trend wird aktuell aber auch in der Open-Hardware-Entwicklung gesehen.
OSS unterstützt digitale Transformation von KMU
Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können nach Ansicht der Expertinnen und Experten von gemeinschaftlichen Open-Source-Entwicklungen, aber auch von deren Nutzung profitieren. Bei KMU, die Schwierigkeiten bei der digitalen Transformation erleben, kann der Einsatz von OSS unterstützen.
Weniger innovative Unternehmen können mit OSS einen risikoarmen und einfachen Zugang zu neuen Technologien erschließen. Die Expertinnen und Experten sehen insbesondere den Vorteil, dass quelloffen einfacher und schneller Proof of Concepts entwickelt werden können.
Community entscheidend für den Erfolg von Open Source
Die Community und das Ökosystem, das sich im Rahmen einer Projektentwicklung und Fortführung formt, sind dabei entscheidend für den Erfolg einer Open-Source-Lösung. Sobald es gelingt, aktive Communities aufzubauen, sind die Projekte oftmals von hoher Qualität und Langlebigkeit, zeigt die Expertise.
„Die Zeit der Alleingänge ist vorbei. Wer heute entscheidende Entwicklungen betreiben und De-facto-Standards setzen will, kommt an Open Source nicht mehr vorbei. Kein deutsches Unternehmen verfügt allein über genügend Motivation, Marktmacht oder Ressourcen, um wesentliche Entwicklungen oder Standards schnell genug umzusetzen“, sagt Michael ten Hompel, geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer IML.
„Wir müssen deshalb alles daransetzen, um Open Source aus der vermeintlichen Nische zu holen und im Kontext der vierten Industriellen Revolution fruchtbar zu machen. Es gilt, in Wissenschaft und Wirtschaft eine neue Denkweise zu etablieren, in der Open Source und gemeinschaftliche Entwicklung zur Normalität und zum Indikator für Innovationsfähigkeit werden.“