P&A:
Die automatisierte Bestandsüberwachung hat für Lieferanten und deren Kunden Vorteile. Aber führt diese Automatisierung nicht zu einer Anonymisierung der Geschäftsbeziehung, Herr Sack?
Holger Sack:
Natürlich muss der Kunde nicht mehr wöchentlich mit seinem Lieferanten telefonieren, um die nächste Bestellung aufzugeben. Die Gefahr der Anonymisierung besteht allerdings nicht. Mit der automatisierten Bestandsüberwachung verbessert sich sogar die Verbindung zwischen Kunden und Lieferanten.
Wie kann ich mir das vorstellen?
Sack:
Mit der automatisierten Bestandsüberwachung stehen dem Kunden seine Produkte jederzeit zur Verfügung. Dies führt zu einem großen Vertrauen in den Lieferanten, was wiederum die Geschäftsbeziehung stärkt. Voraussetzung dafür ist aber, dass man sich auf seinen Lieferanten verlassen kann.
Nicht immer arbeitet ein Unternehmen nur mit einem einzigen Lieferanten für ein Produkt zusammen, sondern teilweise auch mit mehreren. Kann das Inventory-System auch in diesem Fall eingesetzt werden?
Sack:
Solange das Unternehmen mehrere Tanks für dasselbe Produkt hat – und jeder Tank von einem anderen Lieferanten beliefert wird –, wäre dies kein Problem. Anders sieht es aber aus, wenn das Unternehmen einen einzigen Tank von mehreren Lieferanten, sogenannte „shared silos“, befüllen lässt. Welcher der Lieferanten soll nun die Informationen erhalten, dass der Tank fast leer ist? Dafür haben wir im Moment noch keine Lösung, es wird aber daran gearbeitet.
Russell Astley:
Für diesen Fall müssten wir spezielle Sicherheitsmechanismen entwickeln, damit Lieferanten nicht untereinander auf Daten zugreifen können. Sie stehen ja im Wettbewerb miteinander.
Wie unterscheidet sich Ihr Angebot für die automatisierte Bestandsüberwachung von dem Ihrer Wettbewerber?
Sack:
Unsere Wettbewerber sind Komplettanbieter auf dem Gebiet der Messtechnik. Wir hingegen sehen uns als Spezialisten für die Füllstand- und Druckmesstechnik, hier haben wir ein sehr gutes Know-how. Dies ist für Inventory-Management-Systeme ein großer Vorteil, da es um die Überwachung von Füllständen geht.
Astley:
Es gibt einige Wettbewerber, die sich auf Flüssigkeiten wie Treibstoffe und Schmieröle konzentrieren. Wir decken hingegen das komplette Paket von Schüttgütern und Flüssigkeiten ab.
Bei der Datenmenge, die zwischen Lieferanten und Kunden ausgetauscht werden, ist die Sicherheit von großer Bedeutung. Wie ist der Anwender vor Cyber-Angriffen geschützt?
Sack:
Das Inventory-System ist mit einer Punkt-zu-Punkt-Verschlüsselung vor Angriffen von außen geschützt. Wenn jemand Unbefugtes es schaffen sollte, Daten abzuzweigen, kann er damit nicht viel anfangen. Er kann die Daten nicht lesen, weil ihm die erforderlichen Schlüssel fehlen. Außerdem sind die Zugänge zu dem System über entsprechende Schutzrechte beziehungsweise Benutzerverwaltungen gesichert.
Und was passiert bei einem Server-Ausfall mit den Daten?
Astley:
Wir haben in Schiltach eine redundante Server-Infrastruktur: zwei Server, die vollkommen voneinander abgeschottet sind. Nicht nur räumlich, sondern auch klimatisch. Beide haben unabhängige Notstromversorgungen, sodass auch bei Stromausfall die Daten zur Verfügung stehen. Wenn doch einmal die geringe Wahrscheinlichkeit eintreffen sollte und beide Systeme ausfallen, gibt es ein Backup-System, das die Daten auf speziellen Medien speichert, von denen sie wieder hergestellt werden können.
Dies gilt allerdings nur, wenn das System über Ihr IT-Zentrum läuft, oder?
Sack:
Wenn das Unternehmen die Daten in seinen Geschäftsräumen halten möchte, liegt es an ihm, wie viel Sicherheit es implementiert. Das haben wir nicht in der Hand.
Immer wieder ist auch von herstellerübergreifenden Komponenten die Rede. Diese stellen aktuell noch eine große Herausforderung für die Automatisierungsbranche dar. Haben Sie da für das Inventory-System eine Lösung gefunden?
Astley:
Für die automatisierte Bestandsüberwachung müssen durchaus nicht zwingend nur Vega-Sensoren eingesetzt werden. Allerdings ist die Datenübertragung zum Inventory-System nur mit einer Auswerte-Einheit von uns möglich. Einzig dieses Gerät kennt die Verschlüsselung des Systems und kann die Messparameter so übertragen, dass sie als gültig beziehungsweise autorisiert akzeptiert werden.
Ganz ohne ein Vega-Gerät geht es also nicht …
Sack:
Genau so ist es. Für die Datenübertragung von Füllstands- oder Lagerbestandsdaten gibt es aktuell noch keinen Standard, auf den man sich weltweit geeinigt hat. Wenn es ihn irgendwann gibt, ist es selbstredend, dass wir ihn für unser System nutzen. Unsere Intention ist nicht, ein proprietäres System zu schaffen.
Außerdem wird die Intelligenz der Geräte immer größer. Möglicherweise können Sensoren künftig ihre Daten direkt an das System schicken. Dann brauchen wir eines Tages auch gar keine Auswertegeräte mehr.