Interview über den Status quo bei Advantech „Wir wollen die Nummer Eins im Embedded-Bereich werden“

„Wir sind in Bezug auf Umsatz, Größe und Anzahl von Produkten weltweit die Nummer Eins, aber nicht in Europa. Das will ich ändern“, sagt Dirk Finstel, Associate Vice President bei Advantech Europe.

Bild: Advantech
14.04.2020

Advantech gehört zu wichtigsten Anbietern von intelligenten IoT-Systemen und Embedded-Plattformen in Europa. Das Unternehmen baut auf Trends wie IoT und Künstliche Intelligenz und bietet entsprechende Hardware- und Softwarelösungen an. Doch wo steht das Unternehmen aktuell und was plant es für die Zukunft? Wir haben bei Dirk Finstel, Associate Vice President bei Advantech Europe, nachgefragt.

Herr Finstel, Sie sind Chef von Advantech Europe. Könne Sie das Unternehmen kurz vorstellen?

Advantech ist weltweit führend in den Bereichen intelligente IoT-Systeme und Embedded-Plattformen. Advantech Europe sitzt mit den Abteilungen Finance, Supply Chain Warehouse und HRs in den Niederlanden in Eindhoven. Alles andere ist dezentralisiert. Der größte Standort neben Eindhoven ist München mit 180 Mitarbeitern. Dazu gehört Marketing, Produktmanagement, Sales und teilweise auch noch Produktion. Da wir 20 Jahre in Europa sind, haben wir natürlich auch Standorte wie in Tschechien oder in Polen mit einem großen Logistikzentrum. Insgesamt beschäftigt Advantech europaweit circa 550 Mitarbeiter.

Wie sind Sie intern gegliedert?

Advantech gliedert sich intern in drei große Business Units in Europa, aber auch weltweit: Embedded IoT, Industrial IoT und Service IoT. Letztere ist aus der Akquisition von DLoG 2010 hervorgegangen. Alle drei Business Units haben einen klaren vertikalen Fokus und agieren nach außen hin als eine Einheit, um unseren Kunden den optimalen Support zu bieten.

Unternehmen suchen schnell nach Lösungen und nutzen dabei den Co-Creation-Managementansatz. Welchen Stellenwert hat dieser in Ihrer Firma?

Co-Creation ist bei uns ein Company-Konzept, das wir weltweit aufgebaut haben und mit unserer IoT-Strategie korreliert. Denn IoT-Anwendungen kann man in den seltenen Fällen als Einzelfirma entwickeln. Dafür ist das Thema technologisch in Bezug auf Hardware und Software zu komplex. Das bedeutet, sie benötigen kompetente Firmen oder Systemintegratoren, die in den verschiedenen Märkten das finale Produkt liefern. Die Partner sind dafür verantwortlich, dass die Systeme richtig eingebaut werden, notwendige Reparaturen und Wartungsarbeiten durchführen, denn das gehört eigentlich nicht zu den Aufgabenbereichen von Advantech. Darüber hinaus sind Zertifizierungsanforderungen wie etwa in der Medizintechnik, Transportwesen, Logistik oder Smart Manufacturing zu beachten. Um auch Produkte für solche Zielmärkte erfolgreich zu vermarkten, arbeiten wir mit entsprechend qualifizierten Partnern zusammen.

Iot-Lösungen sind in aller Munde. Was macht Advantech in puncto IoT besser oder schlechter als die Mitbewerber?

Der große Unterschied zu unseren Wettbewerbern ist, dass wir die IoT-Plattform selbst entwickelt und aufgebaut haben und auch selbst in die nächsten Generationen überführen werden. Wir haben 2015 mit Wise-PaaS begonnen. Das ist unsere IoT-Plattform, die wir eigenverantwortlich geplant haben und die auf Microsoft Azure basiert. Wise-PaaS wird von Microsoft in Hongkong gehostet. Aus Data-Privacy-Gründen haben wir auch in unserem Hause einen Wise-PaaS-Server, den wir unseren europäischen Kunden anbieten.

Was verlangen die Kunden von Ihnen?

Viele Kunden verlangen eine End-to-End-Lösung. Das bedeutet, Daten vom Sensor über die Cloud bis ins Dashboard sicher zu übertragen. Aus Gründen der Komplexität machen wir das selbst und haben somit ein tiefes Verständnis für diese Technologie, von der unsere Kunden besonders profitieren. Mittlerweile arbeiten fast 200 Softwareentwickler an diesem Projekt. Sie pflegen zum Beispiel die Wise-PaaS-Plattform oder entwickeln neue Features, testen und spielen sie ein. Unsere Partner können sogar eigene Apps für die IoT-Plattform designen. Das Ganze ergibt aber nur Sinn, wenn jedes Advantech-Produkt auch in der Cloud zuhause ist und Daten austauschen kann. Das haben wir sogar hier in München durch die Harmonisierung unseres IoT-Cloud-Software-Stacks realisiert.

Welche Bedeutung haben Technologien wie Künstliche Intelligenz und Predictive Maintenance für Advantech?

Künstliche Intelligenz und Predictive Maintenance arbeiten mit massiven Datenaufkommen und benötigen enorme Rechenleistung. Bis dato fehlte die Prozessorleistung. Heute ist alles viel preiswerter und leistungsfähiger geworden, angefangen bei der CPU bis hin zu den Sensoren. So hat Adavantech Rechenleistung und Sensorik kombiniert und eine AI-Plattform kreiert. Diese arbeitet auf der Wise-PaaS-Cloud-Plattform in Verbindung mit einem AI-Plug-in von Microsoft. Die AI-Suite unseres Partners Microsoft ist sehr leistungsfähig und kann alle Daten, die von Advantech-Systemen in die Cloud gebracht werden, sehr gut verarbeiten. In den letzten Jahren stand in diesem Zusammenhang die Hardware meistens im Vordergrund, das hat sich gewandelt. So ist heute eher die Softwareintegration auf die IoT-Plattform das Wichtigste. Dabei müssen Fragen beantwortet werden wie: Wie kriege ich die Software-Applikation auf die Plattform? Wie können diese Daten auch wirklich prozessiert werden? Und letztendlich müssen die Informationen irgendwo im ERP-System oder im Business-Prozess des Kunden landen – das ist die nächste große Challenge.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Ich möchte in den nächste fünf Jahren den Umsatz bei Advantech verdoppeln. Das gelingt nur mit neuen Partnern und Mitarbeitern. Doch gerade Letzteres ist in der aktuellen angespannten Marktsituation für Fachkräfte ein schwieriges Unterfangen. Deswegen sind momentan eher Maßnahmen zur Effizienzsteigerung angesagt, um diesen Balanceakt zu realisieren. Die andere Frage ist: Was wollen wir noch erreichen?

... und was antworten Sie darauf?

Wir sind in Bezug auf Umsatz, Größe und Anzahl von Produkten weltweit die Nummer Eins, aber nicht in Europa – zumindest nicht in der Wahrnehmung. Das will ich ändern. Unser Ziel ist es: Wir wollen in Europa die absolute Nummer Eins im Embedded-Bereich, aber eben nicht nur Embedded, werden. Das heißt: Wir wollen auch der größte Embedded-IoT-Player werden. Mit unserer Hilfe sollen Kunden ihre Unternehmen auf einfache Weise in die digitale Zukunft überführen können. Das wird eine Herausforderung, da das Gros unserer Kunden noch nicht bereit ist, die Digitalisierung komplett in ihren Unternehmen zu implementieren und entsprechende digitalisierte Prozesse aufzusetzen.

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  • Advantech Europe sitzt mit den Abteilungen Finance, Supply Chain Warehouse und HRs in den Niederlanden in Eindhoven.

    Advantech Europe sitzt mit den Abteilungen Finance, Supply Chain Warehouse und HRs in den Niederlanden in Eindhoven.

    Bild: Advantech

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