Niemand bestreitet die Notwendigkeit von Bildungsoffensiven in digitale Fähigkeiten, egal ob es um grundlegende Methodenkenntnis, Soft Skills, oder spezialisierte Fähigkeiten im Bereich Data Sciences, IT oder Internet of Things geht. Dabei werden beeindruckende Zahlen genannt. Ein Diskussionspapier des Stifterverbands nennt für Deutschland einen Bedarf von rund 700.000 Personen mit vertieften technologischen Fähigkeiten und einen Weiterbildungsbedarf von mehr als 2 Millionen Personen bei digitalen Grundfähigkeiten bis zum Jahr 2023. Dies gibt dem Problem eine gewisse Dringlichkeit. Sehen wir nun eine breite Bewegung in der Fortbildung? Erwerben alle deutschen Schüler nun Programmierkenntnisse? Nein. Wir sehen gute Beispiele in der Industrie, sowohl bei Großunternehmen als auch großen Mittelständlern. Aber zu einem Flächenbrand ist dies nicht geworden.
Woran liegt das? In gewisser Weise haben wir es mit einem Teufelskreis zu tun. Solange es nur wenige grundlegende digitale Transformationen gibt, entsteht subjektiv nicht der Bedarf nach digitalen Fähigkeiten. Solange keine digitalen Fähigkeiten da sind, entstehen auch keine digitalen Transformationsprojekte. Es gibt daher keine unmittelbare Notwendigkeit zu lernen. Da die Zielgruppen in der Regel beschäftigte Mitarbeiter sind, muss ein Return of Investment für die digitale Qualifizierung berechnet werden. Solange die Potenziale nicht handfest sind, ist dieser Investment Case schwer zu vermitteln. Oft kommen weitere „Investitionshemmnisse“ hinzu – siehe DigitalPaktSchule. Diese gibt es auch in der Industrie mit ähnlicher Wirkung: Stillstand. Das Problem ist damit ausreichend umrissen: problematisch ist nicht die Bereitstellung von digitalen Bildungsinhalten, digitalen Plattformen und Medien, das Problem ist der Anreiz zur Nutzung, zum systematischen Lernen.
Was ist zu tun? Die bei University4Industry (U4I) in den letzten fünf Jahren gemachten Erfahrungen zeigen in folgende Richtung:
Je enger wir das Bildungsangebot an den Unternehmenskontext heranführen und je besser ein Mitarbeiter erkennt, was der Inhalt mit seiner eigenen Aufgabe zu tun hat, desto höher ist die Motivation. Erwachsene lernen nicht einfach mal so, weil es interessant ist, und Führungskräfte gleich gar nicht.
Bildung muss zur Aktion führen: Erwachsene wollen am Ende eines Lernprozesses „Next Steps“, definieren. Bei U4I nennen wir das: Learn, Explore, Discuss and Act.
Der Lehrer/Tutor/Trainer kann durch die Digitalisierung ergänzt und entlastet werden, nicht aber ersetzt. Lernen bleibt sozial und nur wenige haben eine so hohe intrinsische Motivation, dass sie viele Stunden „nur mit einer Maschine“ zubringen wollen.
Lernen braucht ein Ziel. In jedem Moment muss dem Lernenden klar sein, warum er lernt und wo das hinführt. Wir müssen das Gesamtbild aufzeigen und wie der konkrete Lernschritt hineinpasst.
Bei U4I verfolgen wir daher einen Programmansatz, bei dem Lernende diskutieren, sich austauschen und nächste Schritte gemeinsam definieren können. Wir haben ein großes Investment in digitale Labore gemacht, in denen man mit virtualisierter Hardware oder digitalen Zwillingen experimentieren kann. Wir haben in industrienahe Inhalte investiert und ein ganzes Netzwerk von Kooperations- und Bildungspartnern aufgebaut.
Wir haben die Möglichkeiten, den oben beschriebenen Teufelskreis zu durchbrechen.