Wo starke Kräfte sinnvoll walten Qualitätssicherung bei Stahlseilen

Bild: SEW-Eurodrive; iStock, Dan Moore
15.07.2016

Kranseile mit dem Siegel Made in Germany werden weltweit geschätzt. Um diese Qualität nachzuweisen, muss die Leistungsfähigkeit von Stahlseilen in ständigem Auf und Ab überprüft werden. Die dabei anfallende Rückspeiseenergie kann durch eine spezielle Antriebslösung erneut genutzt werden.

Die Firma Pfeifer Seil- und Hebetechnik in Memmingen liefert unter anderem konfektionierte Seile für anspruchsvollste Krane und Baumaschinen. Der Verschleiß von Stahlseilen ist grundsätzlich beherrschbar, soweit sie einlagig auf Trommeln gewickelt werden. In mehrlagigen Wicklungen sind Seile einem erheblich stärkeren Verschleiß ausgesetzt. Um fundierte Aussagen zu erhalten, hat die Firma Pfeifer für diesen Belastungsfall auf ihrem Firmengelände einen Prüfturm errichtet. Im Prinzip funktioniert der Turm wie ein Kran: die Last wird auf- und abgefahren. „Wir fahren, bis die Ablegereife eintritt“, erläutert Dr.-Ing. Ulrich Weiskopf, Leiter des Technischen Service Seilanwendungstechnik bei Pfeifer. „Das ist ein definierter Zeitpunkt, an dem man bestimmte Schadenskriterien am Seil feststellen kann.“

Fünffache Sicherheit

Im Unterschied zum Kran wird die Last hier in Schienen geführt – sozusagen ein Schwerlastaufzug. Bei einer Dauerprüfung wird eine Last von 21 t Beton verwendet. Weitere 7,5 t wiegt die Lasteinheit, der Stahlrahmen zur Aufnahme der Betonkörper. „Wir prüfen 16 mm dicke Seile. Das ist der Standardprüfdurchmesser bei uns im Haus“, erläutert Dr. Weiskopf. Durchschnittlich hat ein 16-mm-Seil – je nach Machart – etwa 230 kN Bruchkraft. Der Test wird mit fünffacher Sicherheit gefahren, wie im Kranbetrieb üblich. Last und Strangzahl sind veränderbar. „Unser Ziel ist die Prüfung rund um die Uhr“, erklärt der Spezialist. Der Ablauf erfolgt vollautomatisch.

Die Seiltrommel wird durch leistungsstarke Standardantriebstechnik von SEW-Eurodrive angetrieben. „SEW lieferte eine Antriebs-Komplettlösung, Schaltschrankplanung und -bau mit inbegriffen“, berichtet Dipl.-Ing. (FH) Michael Epp, Leiter des Technischen Büros von SEW-Eurodrive in Augsburg. Als Antrieb für den Prüfturm kam ein Drehstrommotor DR 315 zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um das größte Modell von SEW-Eurodrive. Über ein Getriebe KH167 aus der Standardgetriebebaureihe 7 treibt er die Seiltrommel an. Der Schaltschrank der Anlage beinhaltet den Frequenzumrichter, die Rückspeiseeinheit und die Steuerung sowie den Ein- und Ausspeiseschrank.

Leistungselektronik und Antriebsregelung

Neben der Antriebstechnik projektierte SEW ebenfalls die Leistungsschränke und lieferte sie anschlussfertig. Der Frequenzumrichter Movidrive B hat eine Nennleistung von 160 kW; die Rückspeisung Movidrive MDR ist für die gleiche Nennleistung ausgelegt. Ein Zwischenkreisadapter verbindet beide Umrichtermodule. Ein Absolutwertgeber liefert die Position der Last an den Frequenzumrichter, der in der Betriebsart Voltage Flux Control (VFC) mit Drehzahlregelung arbeitet. SEW-Eurodrive entwickelte dieses spannungsgeführte Flussregelverfahren für dynamisch und präzise gesteuerte Drehstromantriebe mit großer Drehzahlkonstanz. Es wird eingesetzt, um bei Fördertechnik-Anwendungen kurzzeitige, hohe Lastspitzen abzufangen und schnell auszuregeln.

Die sinusförmige Netzrückspeisung Movidrive MDR61B in der Leistungsklasse 160 kW ist die zentrale Ein-/ Rückspeisung zur Versorgung der angeschlossenen Umrichter und Motorwechselrichter mit Energie. Im Grundgerät der Netzrückspeisung sind bereits Taktfrequenzfilter, Stellerdrossel, Netzschütz sowie die automatisierte Vorladung des Zwischenkreises integriert. Der abgesicherte Netzanschluss kann also ohne die Vorschaltung zusätzlicher, netzseitiger Komponenten erfolgen. Das senkt den Montage- und Installationsaufwand erheblich, speziell bei den erforderlichen Leitungsquerschnitten.

Die geregelte Zwischenkreisspannung sorgt für stabile Verhältnisse auf der Gleichspannungsseite. Bei dieser Anlage wurden zusätzlich ein Netzfilter und eine Ausgangsdrossel eingebaut, um die Grenzwertklasse C2 zu erreichen. „Eine sinusförmige Netzrückspeisung lässt sich relativ problemlos in bereits bestehende Anlagen integrieren“ erläutert Klaus Kröner, Spezialist für Rückspeiseeinheiten bei SEW-Eurodrive. Durch die geregelte Rückspeisung weist der Frequenzumrichter einen sinusförmigen Netzstrom auf.

Je nach Größe der Last und dem aktuellen Fahrdiagramm kann die Firma Pfeifer jährlich bis zu 100.000 kWh Elektroenergie von ihrem Prüfturm ins Netz zurückspeisen, die dann für andere Verbraucher im Betrieb zur Verfügung steht. Der Wirkungsgrad der Netzrückspeisung liegt bisher bei knapp über 50 %. Durch den wiederverwertbaren Strom amortisierte sich die Rückspeiseeinrichtung nach ca. 1,5 Jahren.

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  • Als Antrieb für den Prüfturm kam ein Drehstrommotor DR 315 zum Einsatz, der größte von SEW-Eurodrive. Über ein Getriebe KH167 treibt er die Seiltrommel an.

    Als Antrieb für den Prüfturm kam ein Drehstrommotor DR 315 zum Einsatz, der größte von SEW-Eurodrive. Über ein Getriebe KH167 treibt er die Seiltrommel an.

    Bild: SEW-Eurodrive

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