Sicherung der europäischen Wirtschaftskraft 1200-V-GaN-HEMTs für die Energiewende

GaN-on-Si-Wafer des Fraunhofer IAF mit vertikalen Bauelementen.

Bild: Fraunhofer IAF
10.06.2024

Leistungsstarke und energieeffiziente elektronische Bauelemente bilden eine technologische Säule der Energiewende. Sie tragen dazu bei, Anwendungen der Elektromobilität, Energiewirtschaft oder Klimatisierungstechnologien flächendeckend alltagstauglich zu machen. Das Fraunhofer IAF unterstützt diese Transformation mit laterale und vertikale GaN-Transistoren mit Sperrspannungen über 1200 V.

Elektrofahrzeuge, Wandler für die Ladeinfrastruktur, Energiespeicher, Solar- und Windkraftwerke oder neuartige Wärmepumpen - sie alle sind wesentliche Technologien der Energiewende, die auf elektronische Bauelemente angewiesen sind, die sowohl hohe Leistungen als auch hohe Wirkungsgrade erreichen.

Halbleiter mit großer Bandlücke spielen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung solcher Bauelemente, da sie dadurch verlustärmer funktionieren, höhere Spannungen sperren und höhere Temperaturen aushalten können als Bauelemente, die auf dem Halbleiter Silizium (Si) basieren.

Mit Sperrspannungen bis und über 1.200 V

Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF nutzt den Leistungshalbleiter Galliumnitrid (GaN), um neue Transistoren und integrierte Leistungsschaltkreise (GaN Power ICs) mit hoher Leistungsfähigkeit und hoher Integrationsdichte für leistungselektronische Anwendungen zu entwickeln.

„Die Energiewende ist nicht nur notwendig zum Erhalt unserer Lebensqualität, sondern sie ist auch eine Chance zur Sicherung der europäischen Wirtschaftskraft durch Zukunftstechnologien in den Bereichen der Mobilität und Energiewirtschaft. Effiziente, leistungsstarke und kostengünstige Halbleiterbauelemente sind die Schlüsselkomponenten dieser Transformation“, erklärt Dr. Richard Reiner, Wissenschaftler im Geschäftsfeld Leistungselektronik am Fraunhofer IAF.

Aktuell arbeiten Forschende des Instituts an der Realisierung von GaN-basierten HEMT-Technologien (High Electron Mobility Transistors) mit Sperrspannungen bis und über 1.200 V, die im Rahmen der Energiewende für zahlreiche Maßnahmen zur CO2-Reduktion genutzt werden können, etwa das bidirektionale Laden von Elektrofahrzeugen.

GaN-HEMTs sollen eine Alternative zu bereits verfügbaren Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistoren (Metal Oxide Semiconductor Field-Effect Transistors, MOSFETs) aus Siliziumcarbid (SiC) bilden, die sehr kostenintensiv sind, was einer flächendeckenden Anwendung entgegensteht. Das Fraunhofer IAF verfolgt zu diesem Zweck mehrere Ansätze: Die Prozessierung von GaN-HEMTs auf Si-Trägersubstraten (GaN-on-Si-HEMTs), die Nutzung hochisolierender Trägersubstrate wie Saphir, SiC oder ebenfalls GaN (GaN-on-Insulator-HEMTs) sowie die Entwicklung vertikaler GaN-Technologien.

Für Hochvolt-Anwendungen

Alle Ansätze ermöglichen leistungsstarke, effiziente und kostengünstige Hochvolt-GaN-Bauelemente mit großem Anwendungspotenzial in technologischen Schlüsselbereichen der Energiewende. Laterale GaN-on-Si-HEMTs sind schon kommerziell verfügbar, wegen begrenzter GaN-Schichtdicken allerdings auf eine Sperrspannung von 650 V limitiert.

Durch kontinuierliche Optimierung des Materials und seiner Bearbeitung (Epitaxie, Prozessierung, Strukturierung) konnten Forschende des Fraunhofer IAF GaN-on-Si-HEMTs mit statischen Sperrspannungen von über 1.200 V demonstrieren. Zudem wurden die Leistungsbauelemente in einem anwendungsnahen Messstand (Doppelpulsmessungen) bis 1.100 V geschalten.

Beim zweiten Ansatz ersetzen die Forschenden das leitfähige Si durch hochisolierende Trägersubstrate wie Saphir, SiC oder GaN, wodurch das Spannungslimit praktisch aufgehoben wird. Laterale GaN-auf-Saphir-HEMTs lassen sich aufgrund einschlägiger Vorarbeiten für Leuchtdioden-Anwendungen kostengünstig herstellen und können in bestehenden Fertigungslinien produziert werden.

Noch größere Leistungsstärke bei gleichzeitig höherer Effizienz und Integrationsfähigkeit ermöglichen vertikale GaN-Technologien, bei denen der Stromfluss vertikal durch die Materialschichten verläuft. Innerhalb der kommenden Dekade wollen die Forschenden des Fraunhofer IAF vertikale GaN Power ICs industrietauglich machen. Ziel ist es, auch den nächsten Technologiesprung in der Transformation hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft mitzugestalten.

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