Kommentar Änderung des Embedded-Entwicklungsparadigmas

Gareth Noyes ist als Chief Strategy Officer verantwortlich für die Unternehmensstrategie bei Wind River. Zuvor war er in den Bereichen Engineering, Produktmanagement, Business Development und strategische Allianzen im Unternehmen tätig. Abschlüsse: Ph.D. in Hochenergie-Teilchenphysik (University of Birmingham), B.Sc. in Physik von Royal Holloway (University of London).

Bild: Wind River
29.08.2019

„IoT ist tot!“, erklärte kürzlich ein Kollege. So flapsig das klingt, deutet es doch auf einen zugrundeliegenden Zynismus der Technologie hin. Als Technologen fokussieren wir uns auf coole Technologien und sind enttäuscht, wenn unternehmerische Entscheidungen oder nötige Ökosysteme für die Umsetzung dieser Technologien noch nicht ausgereift sind.

Gareth Noyes war mit diesem Beitrag im E&E-Kompendium 2019/2020 als einer von 100 Machern der Elektronikwelt vertreten.

Auch wenn Sie IoT oder KI nur für großes Tamtam halten, so sind sie doch durch das Bestreben nach digitaler Transformation verwoben. Man könnte die digitale Transformation als Modewort abtun, allerdings ist sie im Business schon lange ein Thema. Das ist ein Hinweis auf unterschwellige, noch nicht umgesetzte Anforderungen. In Kundengesprächen kommt sie oft beiläufig durch andere Herausforderungen auf, die wir untersuchen. Die folgenden wiederkehrenden Themen deuten aber darauf hin, dass wir ändern müssen, wie Embedded-Systeme entwickelt werden.

Embedded-Systeme sind spezifisch konzipiert

Viele Embedded- oder Steuersysteme sind monolithisch konzipiert (Hardware und OS kundenspezifisch, eine oder mehrere Anwendungen zur Ausführung einer Aufgabenabfolge). Beim modernen Ansatz der Unternehmens-/Cloud-Softwareentwicklung dagegen werden Anwendungen unabhängig von Einsatzart und -ort entwickelt. Das beschleunigt Innovation und Time-to-Value.

Viele Embedded-Systeme sind für die Automatisierung bestimmter Aufgaben konzipiert. In Industriesystemen wird zum Beispiel eine SPS zur Automatisierung von Fertigungsprozessen (etwa Montagelinien oder Roboteranlagen) eingesetzt.

Im Allgemeinen arbeiten diese Geräte mit hoher Genauigkeit, Wiederholbarkeit und Zuverlässigkeit, obwohl sie individuell programmiert werden müssen und oft nur begrenzt außerhalb ihrer ursprünglichen Designparameter funktionieren. Für höhere Produktivität und Geschäftsergebnisse müssen in Zukunft allerdings lernende Systeme zur Datenanalyse über zahlreiche Steuergeräte hinweg eingesetzt werden.

Systeme müssen flexibler werden

Mit immer mehr autonomen Systemen muss sich der Fokus des Systemdesigns von einzelnen, ressourcenbeschränkten, maßgeschneiderten Geräten hin zu flexibleren, programmierbaren, global veränderbaren beziehungsweise optimierbaren Umgebungen verlagern.

Dies wird sich nicht nur auf den Engineering-Ansatz für die Architektur intelligenter Systeme auswirken, sondern auch auf die Lieferkette, die sich seit Langem bei der Herstellung spezifischer, funktionaler „Black Boxes“ wie beispielsweise ECUs bei Automotive oder DCSs in der Industrie etabliert hat.

Spezifische Anforderungen direkt angehen

IT-Entwickler können mit umfangreichen Anwendungs-Frameworks, modernen Entwicklungssprachen und Tools schnell Anwendungen erstellen und implementieren. Das gilt für Embedded-Entwickler meist nicht, denn sie müssen aufgrund ihres Entwicklungsmodells mit den sich schnell ändernden IC-Architekturen Schritt halten.

Im Gegensatz zu IT-Entwicklern können dadurch Embedded-Entwickler viele Fortschritte in der Softwareentwicklung und -implementierung nicht nutzen. Folglich mühen sie sich mit schneller Innovation, hohen Systemkosten und Produktalterung ab.

Um dies zu ändern, muss man erkennen, dass sich Embedded-Systeme oftmals stark von IT-Systemen unterscheiden. Systemleistung und -zuverlässigkeit, Kosten, Ressourcen- und Zeitbeschränkungen, Intoleranz gegenüber Ausfällen/Stillstandszeiten, Sicherheitsanforderungen und so weiter stellen spezifische Anforderungen an Aufbau und Implementierung von solchen Systemen. Durch Erkennen und Angehen dieser Anforderungen können wir die Fortschritte im IT-Bereich allmählich nutzen und mehr Effizienz, Innovation und Kosteneffizienz bei der Entwicklung von Embedded-Systemen erreichen.

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