Am 21. Juli 2015 werden Vertreter des Auftragsfertigers Foxconn einen Kooperationsvertrag mit der Regierung von Tschechien schließen, der milliardenschwere Investitionen nach sich ziehen soll. Eines der Hauptprojekte ist die Automatisierung der bestehenden Produktionsstandorte Pardubice und Kutná Hora. Der taiwanische Technikkonzern will hier gezielt auf Industrie 4.0 setzen, um die Produktion wirtschaftlicher zu gestalten. Denn die Foxconn-Gruppe, mit 1,3 Millionen Arbeitern der größte Auftragsfertiger weltweit, erzielt im Vergleich mit Wettbewerbern den geringsten Pro-Kopf-Umsatz. Sie ist einer der wichtigsten Zulieferer des Apple-Konzerns, der selbst im Bereich Industrie 4.0 engagiert ist, fertigt aber auch für andere Anbieter von Informationstechnik und Consumer Electronics.
Bereits im Sommer 2014 hatte Konzernchef Terry Gou angekündigt, das iPhone 6 künftig hauptsächlich von Robotern herstellen zu lassen. Doch Ende des Jahres war durchgesickert, dass die angeschafften Roboter, ursprünglich für die Automobilfertigung entwickelt, nicht die erforderliche Präzision aufweisen. Für die iPhone-Fertigung ist eine Positioniergenauigkeit von mindestens 0,02 mm nötig, die Foxbots schafften allerdings nur 0,05 mm.
Foxconn hatte bereits für Aufregung in der Automatisierungsbranche gesorgt, als bekannt wurde, dass der Konzern mit Google zusammen Roboter entwickeln will. Diese sind derzeit allerdings noch nicht in Sicht. Deshalb kauft der Fertiger zu, zum Beispiel bei Fanuc. Bei der Umrüstung der iPhone-Produktion wird nun aber auch Epson behilflich sein, meldet das chinesische Magazin Jiemian.
Gründe für Industrie 4.0
In den tschechischen Fertigungsstandorten soll nicht nur technisch umgerüstet werden, sondern auch konzeptionell. Die Foxconn-Gruppe will sich vom reinen Auftragsfertiger (Original Equipment Manufacturer, OEM) zu einem technik-treibenden Engineering- und Produktionspartner (Innovative Integrated Design Manufacturer, IIDM) wandeln. Deshalb entsteht zusätzlich ein Forschungs- und Entwicklungscenter mit mehreren tausend Arbeitsplätzen, eine einmalige Investition der Taiwaner auf dem europäischen Markt. Hier werden nicht nur Produkte designt – Entwicklungs- und Fertigungsprozesse unter den Bedingungen von Industrie 4.0 müssen ebenso betrachtet werden.
Eine der Schwierigkeiten für die Automatisierung stellen die kurzen Produktzyklen von IT und Consumer Electronics dar, die Foxconn fertigt. Diese betragen oft nur sechs Monate. Entsprechend flexibel müssen die Produktionsanlagen und -prozesse ausgelegt werden, um die nötige Effizienz zu gewährleisten. Hier hat sich Foxconn viel vorgenommen: Die Kombination aus hohem Automatisierungsgrad mittels Industrie 4.0, niedrigen Löhnen (Tschechien liegt auf Platz 21 der 28 EU-Staaten) und der Wirtschaftsförderung der tschechischen Regierung soll preislich mit der Fertigung in Asien konkurrieren können. Während andere Unternehmen Produktionsstandorte nach China verlegen, hat Foxconn angekündigt, in Pardubice und Kutná Hora auch für asiatische Märkte fertigen zu wollen.